Sigma Force 01 - Sandsturm
einem schattigen Aussichtspunkt aus, da er nicht wollte, dass die patrouillierenden Jetskis ihn entdeckten. Die Wellen waren inzwischen über vier Meter hoch. Böen ließen die Segel knallen, während der Regen in heftigen Güssen über das Deck fegte. Das jetzt frei hängende Aluminiumboot krachte gegen das Heck.
Und der Höhepunkt des Sturms stand erst noch bevor.
Painter sah einen der schwarzen Jetskis über eine große Welle fliegen, einen Augenblick in der Luft hängen und dann im Wellental verschwinden. Instinktiv duckte er sich, aber das war nicht nötig. Der Pilot brauste davon.
Painter stand auf. Der Jetski fuhr davon.
Sie weiß Bescheid …
Painter wirbelte herum. »Zu den Booten«, schrie er. »Sofort.«
02:14
Zum Krachen eines Donners tauchte Safia aus der Schwärze auf. Kalter Regen prasselte ihr aufs Gesicht. Sie lag auf dem Rücken, bis auf die Haut durchnässt. Sie setzte sich auf. Die Welt drehte sich. Stimmen. Beine. Noch ein Donner. Sie zuckte unter dem Lärm zusammen und legte sich wieder hin.
Sie spürte Schwanken und Rollen. Ich bin auf einem Boot.
»Die Betäubung lässt nach«, sagte jemand hinter ihr.
»Bringt sie nach unten.«
Safia drehte den Kopf, um den Sprecher anzuschauen. Eine Frau. Sie stand ungefähr einen Meter entfernt und hatte sich irgendein komisches Gerät vors Gesicht geschnallt. Sie war ganz in Schwarz gekleidet und hatte die langen schwarzen Haare zu einem Zopf geflochten.
Sie kannte diese Frau. Erinnerungen stürzten auf sie ein. Ein Schrei von Clay, gefolgt von einem Klopfen an der Tür. Clay? Sie hatte nicht reagiert, weil sie spürte, dass etwas nicht stimmte. Sie hatte zu viele Jahre am Rand der Panik zugebracht, um nicht eine dicke Schicht Paranoia aufgebaut zu haben. Aber es half ihr nichts. Das Schloss war so leicht aufzubrechen, als hätten die Angreifer einen Schlüssel.
Die Frau, die jetzt vor ihr stand, war als Erste durch die Tür gekommen. Etwas Spitzes hatte Safia in den Hals gestochen. Sie tastete diesen Bereich ab und spürte unterhalb des Kinns eine wunde Stelle. Sie war zur anderen Seite der Kabine getaumelt, mit zugeschnürter Kehle, die Sicht vor Panik auf einen Laserpunkt verengt. Dann verschwand sogar dieser Rest noch. Sie hatte noch gespürt, wie sie zusammensackte, aber nicht mehr, wie sie auf dem Boden auftraf. Die Welt war einfach verschwunden.
»Besorgt ihr trockene Kleidung«, sagte die Frau nun.
Voller Entsetzen erkannte Safia die Stimme, die Verachtung, die scharfen Konsonanten. Auf dem Dach des British Museum. Sagen Sie mir die Kombination. Es war die Diebin aus London.
Safia schüttelte den Kopf. Es war ein Albtraum.
Bevor sie irgendetwas tun konnte, zerrten zwei Männer sie auf die Füße. Sie versuchte, Tritt zu fassen, aber ihre Zehen schleiften über das nasse Deck. Ihre Knie waren weich wie Butter. Sogar nur den Kopf zu heben kostete ihre ganze Willenskraft.
Safia starrte über die Metallreling des Bootes hinaus. Der Sturm hatte endgültig zugeschlagen. Wogen hoben und senkten sich in dunkel rollenden Hügeln, wie Walrücken, nass und glatt. Ein paar Schaumkronen blitzten silbrig im schwachen Licht. Doch was ihren Blick auf sich zog, ihren Kopf hochhielt, war die feurige Ruine in kurzer Entfernung.
Alle Kraft wich aus ihr.
Mitten im heftigsten Seegang brannte ein Schiff, die Masten waren jetzt Fackeln. Segeltuch flatterte in Schwaden feuriger Asche, die von den Böen davongetragen wurde. Der Rumpf wirkte wie ausgeweidet. Im Umkreis sprenkelte brennendes Treibgut das Wasser wie Lagerfeuer.
Sie kannte das Schiff. Die Shabab Oman.
Die Luft wich ihr aus den Lungen. In ihrer Kehle mischte sich ein Schrei mit Verzweiflung. Vom Schlingern wurde ihr plötzlich schlecht. Sie übergab sich aufs Deck und bespritzte die Stiefel ihrer Bewacher.
»Verdammte Scheiße, Mann …«, fluchte einer und riss heftig an ihr.
Dennoch hielt Safia den Blick starr aufs Meer gerichtet. Ihre Kehle brannte.
Nicht noch einmal … nicht alle, die ich liebe …
Aber ein Teil von ihr wusste, dass sie diesen Schmerz, diesen Verlust verdient hatte. Seit Tel Aviv hatte sie erwartet, dass ihr alles genommen würde. Das Leben war grausam, eine unvermittelte Tragödie. Es gab keine Dauerhaftigkeit, keine Sicherheit.
Tränen liefen ihr heiß über die Wangen.
Safia starrte die lodernde Ruine der Shabab Oman an. Sie hatte kaum Hoffnung, dass irgendjemand überlebt hatte – und sogar dieser kümmerliche Rest wurde zerstört von den nächsten Worten
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