Sigma Force 02 - Feuermönche
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Kopfschüttelnd setzte sie sich in den Wagen.
Eine Woche oder länger?
Wenn der Vatikan sprach, verschlug es offenbar sogar dem Militär die Sprache. Andererseits war General Rende ein Freund der Familie, eine Beziehung, die zwei Generationen zurückreichte. Er und Onkel Vigor standen einander so nahe wie Brüder. Es war kein reiner Zufall, dass der General auf Rachel aufmerksam geworden war und sie eingestellt hatte. Seit ihr Vater vor fünfzehn Jahren bei einem Busunfall ums Leben gekommen war, hielt ihr Onkel seine schützende Hand über sie.
Viele Sommer hatte sie damit verbracht, unter seiner Anleitung Roms Museen zu erkunden. Gewohnt hatte sie bei den Nonnen von St. Brigida, was nicht weit von der Gregorianischen Universität lag, besser bekannt unter dem Namen il Greg . Ihr Onkel hatte an der Uni studiert und lehrte nun dort. Obwohl er es gern gesehen hätte, wenn sie ins Kloster gegangen und in seine Fußstapfen getreten wäre, war ihm doch klar geworden, dass das vom einem solchen Wildfang wie ihr zu viel verlangt gewesen wäre. Stattdessen hatte er sie dazu ermutigt, ihrer Leidenschaft nachzugehen. Außerdem hatte er ihr in jenen langen Sommern noch etwas anderes mitgegeben: Achtung vor und Liebe zur Geschichte und Kunst, die hier in Stein und Granit, Öl und Leinwand, Glas und Bronze ihren unvergleichlichen Ausdruck gefunden hatten.
Offenbar hatte ihr Onkel noch andere Pläne mit ihr.
Sie setzte eine blau getönte Sonnenbrille auf, bog auf die Via Labicano ein und wandte sich zum gewaltigen Kolosseum. In dessen Nähe war Stau, doch sie kurvte im Zickzack durch ein paar enge, mit wild geparkten Fahrzeugen voll gestellte Nebenstraßen. Mit der Geschicklichkeit eines Formel-1-Fahrers schaltete sie zwischen den Gängen hin und her. Als sie sich einem Kreisverkehr mit fünf Einmündungen und einem höllischen Gedränge näherte, schaltete sie runter. Touristen hielten die römischen Autofahrer für reizbare, ungeduldige Raser. Rachel fand sie eher träge.
Sie schoss auf eine Lücke zwischen einem überladenen Tieflader und einem wuchtigen Mercedes G500 zu. Ihr Mini Cooper wirkte wie ein Spatz zwischen zwei Elefanten. Sie fädelte sich vor dem Mercedes ein, was ihr wütendes Gehupe einbrachte, doch da war sie schon wieder weg. Sie flitzte um den Kreisverkehr herum und bog auf die Hauptverkehrsstraße ein, die zum Tiber führte.
Während sie die breite Straße entlangfuhr, behielt sie den Verkehr ringsum im Auge. Sich gefahrlos durch die Straßen Roms zu bewegen, erforderte ebenso viel Umsicht wie strategische Planung. Deshalb fiel ihr auch der Wagen auf.
Die schwarze BMW-Limousine fädelte sich fünf Wagen hinter ihr in den fließenden Verkehr.
Wer mochte ihr da folgen – und warum?
14:05
E ine Viertelstunde später fuhr Rachel in die Tiefgarage vor den Mauern des Vatikans. Beim Einfahren musterte sie im Rückspiegel die Straße. Der schwarze BMW war verschwunden, kurz nachdem sie den Tiber überquert hatte, und ließ sich immer noch nicht blicken.
» Danke «, sagte sie ins Handy. » Der Wagen ist weg. «
» Sind Sie sicher? « Es war der Stabsfeldwebel von der Wache. Sie hatte gemeldet, dass sie verfolgt wurde, und die Leitung offen gehalten.
» Scheint so. «
» Soll ich eine Patrouille losschicken? «
» Nicht nötig. Der Hof wird von Carabinieri bewacht. Von hier aus komme ich allein klar. Ciao. «
Es war ihr nicht peinlich, falschen Alarm gegeben zu haben. Niemand würde sich darüber lustig machen. Die Carabinieri hielten ein gewisses Maß an Paranoia für durchaus angebracht.
Sie fuhr in eine Parkbucht, stieg aus und schloss den Wagen ab. Das Handy behielt sie trotzdem in der Hand. Ihre 9mm wäre ihr allerdings lieber gewesen.
Sie ging die Rampe hoch, trat ins Freie und wandte sich zum Petersplatz. Obwohl sie sich einem der bedeutendsten architektonischen Kunstwerke der Welt näherte, behielt sie die umliegenden Straßen und Gassen im Auge.
Der BMW ließ sich immer noch nicht blicken.
Die Insassen waren wahrscheinlich Touristen gewesen, welche die Wahrzeichen der Stadt lieber in klimatisiertem Luxus als in der sengenden Mittagshitze betrachten wollten. Es war Hochsommer, und alle Besucher landeten irgendwann am Vatikan. Wahrscheinlich hatte sie deshalb geglaubt, sie werde verfolgt. Sagte man nicht, alle Straßen führten nach Rom?
Oder jedenfalls aller Verkehr.
Beruhigt steckte sie das Handy in die Tasche und wandte sich zur gegenüberliegenden Seite des
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