Signale des Körpers: Körpersprache verstehen (German Edition)
wird diese »Regulation« in der täglichen Praxis nicht immer befolgt, aber die nachfolgende »Regulation« wird immer angewendet. »Sollte ein Soldat sich gegen so eine Berührung wehren, auch körperlich, so gilt dies als Selbst-Verteidigung und kann nicht bestraft werden!«
Leider gibt es in unseren Firmen meines Wissens kein solches Gesetz, auf das sich die Mitarbeiter berufen könnten, deren Intimzone man verletzt. Aber, ein »Chef«, der seinen Mitarbeitern in dieser Weise zu nahe tritt, sollte sich darüber klar sein, daß diese Eingriffe (unsichtbare) Folgen haben: Wenn der Mitarbeiter innerlich auf Kampf- oder Fluchtverhalten »umschaltet« (d. h. dementsprechende Streßhormone produziert), gleichzeitig aber meistens nicht wagt, zu kämpfen oder zu fliehen, dann verbleiben diese Hormone im System und schaden dem Körper. Sie sind, wenn sie nicht bald abreagiert werden können, reines Gift für den Organismus. Wir könnten ihm genausogut ein wenig Arsen zu trinken geben, nur daß wir uns dann der schädigenden Wirkung wohl bewußt wären. Die meisten Chefs haben jedoch keine Ahnung davon, wie sehr ihr gedankenloses Handeln andere verunsichern, verärgern oder verletzen kann!-Je mehr man also auf die nichtsprachlichen Abstand-Signale zu achten lernt, desto geringer wird die Gefahr, daß man sich »uneingeladen« in dieIntimzone eines anderen begibt. Denn: Gegen Nähe an sich ist, wie schon erwähnt, nichts einzuwenden, solange keiner der beiden Beteiligten unter dieser Nähe leidet. Die »Einladung« erfolgt jedoch in Form von körpersprachlichen Signalen, genau so wie die Nachricht, daß der andere einem zu sehr auf die »Pelle« gerückt ist.
Zum Thema Status und Intimzone kann man auch kurz an Büroeinrichtungen und Schreibtische denken: Je größer der Schreibtisch, desto höher im allgemeinen der Status des Besitzers. Je größer aber der Tisch, desto größer wird zwangsläufig auch der Abstand, der den Gesprächsteilnehmer von seinem Besitzer trennt. Deshalb haben viele Führungskräfte zwei Gesprächsmöglichkeiten: Einmal ihren Schreibtisch, den sie nur bei »formellen« Anlässen benutzen. Zum zweiten eine Sitzgruppe, Sitzecke oder einen Konferenzraum, in dem man sich »näher« kommen kann, als über den großen Schreibtisch hinweg.
Wenn aber Gespräche mit anderen an diesem Schreibtisch geführt werden, dann kann man auf einen weiteren Aspekt achten: Ist die hintere Kante, also die dem Besucher zugewandte, frei oder belegt? Ist sie nämlich so vollgelegt, daß der Besucher keinen Zentimeter dieses Tisches zum Ablegen seiner Unterlagen verwenden darf, so daß er alles auf den Knien balancieren muß, so könnte man auch dies als Signal werten. Entweder der Schreibtischbesitzer will nicht, daß man auf »seinem« Tisch auch nur ein Feuerzeug ablegt. Oder er will den anderen in eine Position bringen, in der er sich unwohl fühlt. Oder aber er hat keinerlei Einfühlungsvermögen und weiß überhaupt nicht, was er seinem Besucher »antut«. Es würde sich m. E. lohnen, wenn jede Führungskraft einmal ein zehnminütiges Gespräch mit jemandem führen würde, bei dem der Gesprächspartner den eigenen Platz einnimmt, und sie selbst einmal erlebt, wie ihre Besucher sich fühlen müssen! So mancher Chef hat nach diesem Versuch dafür gesorgt, daß der Besucher einen kleinen Beistelltisch zur freien Verfügung hatte (oder aber seine hintere Schreibtischkante freigeräumt).
Wir hatten gesagt, daß einem Menschen eine um so größere Intimzone eingeräumt wird, je höher sein Status ist. Dies können Sie direkt beobachten: Wenn Sie auf der Weihnachtsfeier Ihrer Firma oder bei ähnlichen Anlässen, bei denen die unterschiedlichsten hierarchischen Ebenen sich in einem Raum aufhalten, scharf beobachten, werden Sie feststellen, daß der Abstand zu Ranghöheren ein größerer ist, wenn sie sich mit Untergebenen unterhalten. Sollten Sie eine Gruppe von Fremden beobachten, z. B. wenn Sie mit mehreren Herren und/oder Damengleichzeitig verhandeln müssen, dann wird ein guter Blick für Abstand und Abstands-Signale sich tausendfach bezahlt machen. Oft meinen Sie zunächst, eine bestimmte Person sei Ihr hauptsächlicher Gesprächspartner. Dann stellen Sie fest, daß eine andere Person von den Anwesenden weit mehr Platz zugestanden bekommt. Wenn Sie diesen Hinweis als Anlaß zum gezielten Suchen nach mehr Information ansehen, werden Sie bald auch andere Signale sehen, die Ihnen zeigen, wer in dieser Gruppe das meiste
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