Signale des Körpers: Körpersprache verstehen (German Edition)
insbesondere wenn man verhindern will, daß der andere sich daneben setzt, denn die Intimzone ist einem Vis-ä-vis gegenüber leichter zu verteidigen, wie wir noch sehen werden! Hände können eingesetzt werden, um »seinen Bereich« abzudecken, insbesondere kurz nach dem Hinsetzen, während das Revier sozusagen noch etabliert wird.
Wenn Sie nun das Experiment, das FASTs Freund mit ihm durchführte,wiederholen, wollen Sie lernen erste Abstand-Signale zu erkennen, anhand derer Ihr Gegenüber Ihnen signalisiert, daß Sie ihm zu nahe kommen. In dem Augenblick, da Sie ein solches Signal (s. unten) wahrnehmen, nehmen Sie- Ihre letzte Maßnahme zurück und beobachten die erleichterte Reaktion Ihres Gesprächspartners. Kurz darauf wiederholen Sie die letzte Maßnahme und beobachten erneut! Nur so lernen Sie das nötige »Fingerspitzengefühl« für Abwehrsignale zu entwickeln.
Welche Signale können Sie beobachten? Nun, wir deuteten ja schon an, daß die Kampfhormone entweder Kampf- oder aber Fluchtverhalten »finanzieren« sollen, also werden Sie Kampf- bzw. Flucht-Signale sehen! FAST (28) selbst scheint auf keinerlei Fluchtverhalten umgeschaltet zu haben, als sein Freund mit ihm experimentierte. Aber er fühlte sich unwohl und sein Freund konnte dies beobachten! Das heißt: Erste Signale von Flucht zeigen sich bereits in minimalen Haltungs-Änderungen bzw. in mimischen Ausdrücken, die man erkennen lernen kann, wiewohl sie schwer zu beschreiben sind. Es kann jemand die Augen oder den Mund schließen, er kann aber auch den Augenkontakt unterbrechen oder eine Barriere aufbauen, ehe er sichtbar »flieht«, indem er sich betont zurücklehnt. Durch dieses Zurücklehnen, was an einem bestimmten Punkt immer auftaucht, wenn der andere zu Fluchtverhalten tendiert, hat der andere einen interessanten Vorteil erreicht: Wiewohl er nichtweggelaufen ist, hat er doch seine Intimzone wieder vergrößert, so daß die offene Flucht nun nicht mehr nötig erscheint. Diese »Luft« zwischen ihm und dem Tisch vergrößert einerseits seinen Bereich und hat den weiteren Vorteil, daß man in diesen Raum nichts einbringen kann, außer der eigenen Hand bzw. den eigenen Körper, indem man sich sehr weit vorneigt (wie FASTs Freund es am Ende tat 1 ). Wenn Sie dies nun probieren, werden Sie oft feststellen, daß der andere seinen Stuhl weiter nach hinten rückt, um sich danach weit zurückzulehnen. Jetzt müßten Sie quasi auf dem Tische liegen, um wiederum in seinen Bereich einzudringen. Also ist er nun (ziemlich) sicher!
Kampfverhalten äußert sich völlig anders: Zuerst wird der andere, häufig noch unbewußt, beginnen, die Gegenstände die Sie in seinem Bereich plaziert haben, zurückzuschieben. Sie wiederum schieben Sie wieder inseinen Bereich und er schiebt sie wieder Ihnen zu. Dies kann ein, zwei oder drei Male passieren, bis sich der andere des Prozesses bewußt wird. Dann wird er »kämpfen«, z. B. indem er aggressiv (s. Tonfall, Kap. 8 ) sagt: »Nun laß das doch endlich!« oder indem er einen der Gegenstände betont aggressiv in Ihren Bereich »knallt« u. ä.
Je öfter Sie dieses Experiment durchführen, desto exakter lernen Sie alle möglichen Nuancen bewußt wahrzunehmen und zu interpretieren!
7.1.6 Variationen des Experiments
Natürlich können Sie auch ohne Tisch Ihre Versuche ausführen: Wenn Sie in einer Schlange auf irgend etwas warten, können Sie dem anderen unmerklich zu nahe rücken, erste Reaktionen beobachten und »einen Rückzieher« machen. Aber gelernt haben Sie wieder etwas! Dieses Experiment können Sie fast immer ausführen, wenn Sie sich mit jemandem unterhalten. Insbesondere mit neuen Gesprächspartnern kann es aufschlußreich sein, aber erst, wenn Sie sicher sind, daß Sie bereits allererste Unmutssignale sofort erkennen und sich »rückziehen« können! Sonst würden Sie den Gesprächspartner natürlich verärgern, das versteht sich von selbst!
Wenn Sie öfter in dieser Weise experimentieren, können Sie einmal darauf achten, inwieweit Sie meine Vermutung bestätigt finden: Ich habe den Eindruck gewonnen, daß gerade dieses Experiment einen gewissen Aufschluß darüber zu geben vermag, ob ein neuer Gesprächspartner wohl eher zur Flucht oder zum Kampf neigt, wenn seine Streßhormone »fließen« (7a). Jemand, der im Zweifelsfall eher aggressiv reagiert, wird auch bei Ihrem Experiment eher unwillig reagieren als jemand, der im Zweifelsfall eher zur Flucht neigt. Wenn meine Vermutung sich als korrekt erweisen
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