Signale des Körpers: Körpersprache verstehen (German Edition)
selber zu machen, u.ä. So sitzt z.B. der Vater neben dem Sohn auf dem Teppich und will ihm »helfen«, einen Stecker wieder zusammenzuschrauben. Während der Junge jedoch noch überlegt, was der nächste Schritt sein sollte, deutet der Vater auch schon! Wie kann der Sohn feststellen, ob er es selbst gewußt hätte? Wie kann er Vertrauen in sich und sein Können entwickeln, wenn man ihm die Erfolgskontrolle unmöglich macht? (Denken Sie bitte an den Pygmalion-Effekt, den wir in der Einleitung erwähnten? Siehe auch Anhang B, Seite 226ff.)
6.4.3 Körpersprache beim Autofahren?
Viele Seminarteilnehmer kommen auf das Thema zu sprechen. Sie wollen wissen, inwieweit die Art und Weise, wie jemand fährt (die Autofahr-Handlungen sozusagen), Signalwirkung hätten. Hier gilt es m. E. zweierlei zu bedenken: Erstens, inwieweit findet ein Mensch es wichtig, was andere über ihn denken? D. h. inwieweit macht sich der Fragesteller Sorgen darüber, wie andere ein Fahrverhalten »analysieren« werden? Zweitens: Ein Mensch in einem Wagen befindet sich in einem Schutzpanzer, was seine Reaktionen bis zu einem gewissen Grade verändern muß. (Dies erklärt wahrscheinlich auch, warum manche Autofahrer hinter dem Steuer viel »frecher« sind, als ohne diesen Schutzwall.) Trotzdem kann man bis zu einem gewissen Grade davon ausgehen, daß auch das Autofahr-Verhalten »typisch« für einen Menschen ist. Wenn ein Fahrer z. B. auf der Autobahn »stur« links fährt und dem hinter ihm kommenden Fahrer belehrend jedes Schild zeigt, auf dem dieGeschwindigkeit derzeit auf 120 km/h begrenzt ist, dann manifestiert er sicherlich einen bestimmten Wesenszug seines Seins. Sicher belehrt er auch außerhalb des Fahrzeugs gerne!
Wenn Sie also beim Autofahren auf Signalwirkung achten wollen, müssen Sie erstens beachten, daß Kontrollfragen nur in den allerseltensten Fällen möglich (oder wünschenswert) sind. Weiter muß Ihnen klar sein, daß wir gerade im Straßenverkehr oft sehr subjektiv und emotional gefärbt wahrnehmen und (ver-)urteilen! Wenn in unseren Augen Ampelschleicher sowieso »Idioten« sind, werden wir ihren möglichen Hang zur Sparsamkeit nie erraten. (Wobei es völlig unwesentlich ist, ob man »objektiv« mehr spart, wenn man zur Ampel schleicht. Die Tatsache, daß viele Menschen dies glauben, könnte für sie die Entscheidungsgrundlage, d. h. ihr Motiv in diesem Fall, sein.) Oder: Wenn wir uns über einen Fahrer ärgern, der (in unseren Augen) zu schnell oder zu langsam startet, wenn die Schranke vor uns endlich hochgegangen ist, werden wir sein Verhalten natürlich nie auf Signale hin untersuchen können, die er tatsächlich durch sein Verhalten »gesendet« hat!
Also wiederum: Vorsicht beim Deuten, wiewohl das gezielte Beobachten gerade in diesem Bereich sehr viel Spaß machen kann, wenn man die nötige Distanz (innerlich) einnehmen kann!
7.1 Die Intimzone
Im angelsächsischen wird die Intimzone auch »bubble« genannt, was soviel wie »Blase« bedeutet. Sie umgibt unseren Körper wie eine zweite Haut. Innerhalb unserer Blase fühlen wir uns sicher. Personen, dieunsere Intimzone nicht betreten dürfen, halten wir uns ca. eine halbe Armlänge 1 »vom Leibe«, damit sie uns nicht allzusehr »auf die Pelle« (= Haut) rücken können.
Abb. 10
Wie lautet nun die Bedingung, unter der wir jemanden in unsere Blase eintreten lassen?
Die Bedingung, unter der wir jemanden freiwillig in unsere Intimzone eintreten lassen, ist Vertrauen.
Dieser Satz darf hingegen nicht umgekehrt werden: Nicht jeden, dem wir vertrauen, lassen wir auch freiwillig in unsere Intimzone hinein! Wenn wir jemanden aber hereinlassen, dann nur, weil wir Vertrauen haben.
Das Schlüsselwort der letzten Regel ist »freiwillig«. Sie wissen, daß in der täglichen Praxis nicht nur Menschen in unsere Intimzone eintreten, die wir freiwillig so nahe an uns herangelassen haben. So und so oft passiert es, daß jemand uns zu nahe rückt, daß wir uns von jemandem bedrängt oder gar bedroht fühlen. Wir mögen es nicht, wenn jemand »unerlaubt« auf »Tuchfühlung« mit uns geht. Wir möchten gerne selber bestimmen, mit wem wir so »intim« sein wollen und mit wem nicht. Daher löst jemand, der die unsichtbare Grenze einfach überschreitet, Unlustgefühle bei uns aus:
Jemand, der die Intimzone eines anderen mißachtet, mißachtet gleichzeitig auch die Person.
Nun scheinen manche Menschen es besser zu vertragen als andere, wenn man ihre Intimzone betritt. Prinzipiell aber
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