Signale des Körpers: Körpersprache verstehen (German Edition)
Einbeziehung der Sprachmelodie!
Kommen wir noch einmal auf Ausländer oder Dialektsprechende zurück: Wenn unser Eindruck richtig ist, dann würde dies eine Erklärung dafür abgeben, warum die Intelligenzija eines jeden Landes oder Reiches immer dafür gesorgt hatte, daß sie sich frei von mundartlichen Rhythmus-Veränderungen, einer gemeinsamen »Schriftsprache« bediente. Dies schloß nämlich das Unbehagen weitgehend aus, das wir empfinden, wenn Fremde einen »anderen« (uns daher unangenehmen) Sprachrhythmus durchklingen lassen. Dies galt für das Römische Reich genau so, wie für das Hocharabisch, mit dessen Hilfe ein gebildeter Tunesier sich mühelos mit einem gebildeten Ägypter oder Saudi unterhalten kann! Aber bereits im Deutschen sehen wir dies: Je stärker die mundardiche Färbung eines Preußen oder Bayern (bzw. eines Schwaben, Rheinländers, Franken usw.) den Sprachrhythmus verändert, desto unangenehmer »fällt er auf«. Diese Rhythmusänderung scheint in weitstärkerem Maße wahrgenommen zu werden, wenn auch unbewußt, als sprachmelodische Verschiebungen, die allerdings den nächstwichtigsten Faktor darzustellen scheinen. Wenn Sie einmal beim Fernsehen gut zuhören, werden Sie feststellen, daß Rhythmusverschiebungen u. a. mit einem Buchstabenaustausch einhergehen. Jemand der sagt: »Die Kinder heißen Paula und Irmgard, hat einen anderen Sprachrhythmus als jemand, der sagt:
Di Ginder heisen Baula und Ermgard.
Vielleicht kennen Sie den Witz von dem Sachsen, der seine Kinder nach dem Alphabet benannte, was jedoch hier und da zu Schwierigkeiten führte 1 . Er erzählt uns (weitgehend »hochdeutsch«):
»Also, das erschte, des war a Junge, den haben wir Arnscht genannt, für A. Dann ein Mädchen, des isch die Baula, für B. Dann ein Junge, für ze (so klingt »C« nämlich), des isch der Zigfied. Dann kam wieder ein Junge, des isch der Deodor. Für E, das war wieder ein Mädchen, des isch die Ermgard und dann für F ein Junge, der Fiktor. Aber mit dem letzten haben wir Brobleme, des isch nämlich wieder ein Junge und den haben wir Ginder (er meint natürlich »Günther«) genannt. Nur, wenn ich »Ginder« ruf, dann komme se alle gelaufen! (Weil sie eben »Kinder« verstehen).
Wenn Sie also das nächste Mal mit Menschen zu tun haben, deren Sprachrhythmus von Ihrem eigenen abweicht, dann verstehen Sie vielleicht besser, warum uns dieser gerne »gegen den Strich« geht, ohne daß der andere weiß, daß (bzw. warum) er unangenehme Gefühle in uns hervorrufen kann!
Falls Sie (oder Ihre Kinder) sich hingegen mit einer Fremdsprache herumschlagen und Sprech-Probleme haben, dann müssen Sie wissen: Solange Sie den Sprachrhythmus nachahmen können, werden kleine Fehler in der Aussprache einzelner Phoneme so gut wie gar nicht wahrgenommen. Solange Ihr Sprachrhythmus jedoch ein deutscher ist, wird auch die beste Aussprache von Einzelphonemen Ihnen nichts nützen! Beispiel: Im Deutschen sagen wir -
Philosophie, Biologie, Psychologie.
Als Rhythmus ausgedrückt, sagen wir also:
Parapapaam, parapapaam, parapapaam.
Der Angelsachse hingegen spricht diese (und ähnliche) Worte in einem völlig anderen Rhythmus, nämlich:
Paraapapam, paraapapaam, paraapapam.
Das heißt, daß er diese Worte selbst wie folgt spricht:
philosophy, biologie, psychology
(fi-lo-sofi, bei-o-lodschi, sei-ko-lodschi 1 .
Wenn Sie Sprechrhythmus-Ubungen machen würden (werden?), dann würden (werden!) Sie bald feststellen, daß sich die Sprachmelodie bereits mit-verändert! Die beiden Faktoren gehen in einer Weise miteinander einher, daß wir keinen allein verändern können.
So daß alle folgenden Bemerkungen ebenfalls gewisse Rhythmusverschiebungen implizieren, wiewohl wir auf sie nicht mehr eingehen werden.
8.1.2 Sprachmelodie
Die Sprachmelodie definiert die Art und Weise, in der wir unsere Stimme heben und senken. Bei einer Frage heben wir die Stimme an, bei einem Komma (d. h. einer kurzen Sprechpause, s. auch Kap. 8.3 ) heben wir sie ebenfalls, aber »anders«. Da es diesen Rahmen sprengen würde, solche Nuancen verbal beschreiben zu wollen, gehen wir anders vor: Lesen Sie bitte die nachfolgenden Sätze laut, wenn nötig mehrmals, und achten Sie dabei auf Ihre Sprachmelodie. Satzzeichen werden Ihnen dabei als »Sprechanweisungen« dienen, wie immer, wenn wir gesprochene Sprache schriftlich andeuten wollen.
1. Sind Sie Frau Müller?
2. Sind Sie Frau Müller?
3. Sind Sie die Frau Müller, die gestern angerufen hatte?
Haben
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