Signale des Körpers: Körpersprache verstehen (German Edition)
einnehmen, auf so manchen Parties oder Betriebsfeiern oder weil wir zu müde sind, um ein »echtes« Gespräch zu führen. Dieser Umstand hat Eric BERNE veranlaßt, Gespräche, deren Inhalt unwichtig ist, die sozusagen nur vom Tonfall »leben«, als Zeitvertreib zu beschreiben (4). Als Definition könnten wir sagen:
Zeitvertreib stellt eine Kommunikationsform dar, in der nicht der verbale Inhalt unserer Worte, sondern allein unser Tonfall es ist, der eine Nachricht sendet.
So kann man z. B. die Verlegenheit, die man empfindet, weil man sich gegenseitig in der Intimzone »herumsitzt« in Bus oder Flugzeug (s. auch Kap. 7 ) dadurch überbrücken, daß man »blabla« redet. Hier signalisiert der Tonfall sozusagen: »Ich will dich ja nicht bedrohen, wiewohl ich dir gezwungenermaßen zu sehr auf die Pelle rücken muß«. Zwar hatten wir gesagt, daß man in solchen Situationen nicht oder nur das Nötigste miteinander spricht, (z. B. im Aufzug), aber wenn man stundenlang so eng »aufeinandersitzen« muß, fühlen viele Menschen sich wohler 1 , wenn sie ein wenig Zeitvertreib einsetzen können, eben weil sie ihre »friedlichen Absichten« durch den Tonfall zum Ausdruck bringen können.
Ein Beispiel dafür, daß man oft nur den Tonfall wahrnimmt, lieferte Mark TWAIN (7e):
Er kam verspätet zu einer Party, weil er beweisen wollte, daß die Leuteoft nicht zuhören (d. h. nicht auf den Inhalt seiner Worte achten), weil sie zu häufig aneinander vorbei, statt miteinander redeten. Die Gastgeberin hatte sich inzwischen Sorgen gemacht, ob ihr Ehrengast noch erscheinen würde, ehe ihr Truthahn verbrannt wäre. Sie erlebte also unangenehme Gefühle, d. h. für sie war die Beziehungsebene »getrübt«, als es endlich klingelte, sie das Dienstmädchen zur Seite schob, selbst zur Türe lief und er da stand.
Nun erwartete sie eine Entschuldigung, die sie auch bekam: »Gnädige Frau, es tut mir so leid, daß ich zu spät komme«, sagte Mark TWAIN, aber ich mußte meiner alten Tante noch den Hals umdrehen, und das dauerte etwas länger als ich angenommen hatte.« »Wie reizend, daß Sie dennoch gekommen sind«, sagte die Gastgeberin.
Nun habe ich Sie angelogen! Ich habe im obigen Fallbeispiel einen Satz versteckt, der genaugenommen nicht der Wahrheit entspricht. Können Sie ihn entdecken?
Stop.
Haben Sie ihn gefunden? Es sind natürlich die Worte: »Nun erwartete sie eine Entschuldigung«, denn die Gastgeberin erwartete nicht einen entschuldigenden verbalen Inhalt, sondern einen entschuldigenden Tonfall. Den bekam sie auch und deshalb nahm sie den Inhalt seiner Worte gar nicht wahr. Hätte er hingegen eine wunderbare Entschuldigung (z. B. Autopanne) in einem Tonfall gebracht, der ihren Erwartungen nicht entsprochen hätte, dann wäre sie sofort »hellwach« (d. h hell-hörig) geworden!
Woraus Sie ersehen können, wie wichtig der Tonfall (inkl. der Sprachmelodie, der Sprechgeschwindigkeit, des Sprachrhythmus etc.) sein kann, wenn wir (unbewußt) auf Kongruenz achten!
Dies können Sie testen: Das nächste Mal, wenn Sie jemandem begegnen, den Sie ruhig einmal »hereinlegen« dürfen, ohne daß er böse wird, sagen Sie in dem Tonfall, der seinen Erwartungen entspricht, nicht: »Wie nett, Sie (Dich) wiederzutreffen« sondern: »Wie blöd, Sie (Dich) wiederzutreffen.« Die meisten Menschen merken dies nicht! Wenn Sie die letzten Gäste auf der nächsten Einladung im Freundeskreis mit dem »richtigen« Tonfall und so einer »falschen« Information begrüßen, werden sich alle kranklachen, und der arme Freund weiß überhaupt nicht warum, bis Sie es ihm erklären werden!
So, und nun wollen wir uns einigen Aspekten des TONFALLs 1 zuwenden.
8.1 Sprachrhythmus und Sprachmelodie
Dies ist ein Aspekt, bei dem wir das Wort »Tonfall« in seiner normalen Bedeutung verwenden werden.
Verschiedenste Forschungsansätze deuten immer klarer an, daß der Sprachrhythmus für uns noch wichtiger ist, als die Sprachmelodie, wobei letztere den Tonfall selbst mit am meisten beeinflußt. Wollen wir uns beiden Aspekten einzeln zuwenden.
8.1.1 Der Sprachrhythmus
Probieren Sie einmal folgendes Experiment mit einem Freund: Bitten Sie ihn, eine Melodie zu erkennen, deren Rhythmus Sie auf dem Tisch klopfen werden! Wenn Sie nun einfache, gut bekannte Lieder nehmen, werden Sie feststellen, daß der andere das Lied meist erkennen kann (vorausgesetzt, Sie haben den Rhythmus »sauber« geklopft). Wollen wir dies einmal versuchen, soweit dies innerhalb eines
Weitere Kostenlose Bücher