Signale des Körpers: Körpersprache verstehen (German Edition)
jünfziger Jahren einen Teilbereich in der Kinesik, der sich mit der sog. Organsprache befaßt. Das heißt, man versucht herauszufinden, inwieweit gewisse Äußerungen Signale des Körpers sind, die uns über uns selbst informieren könnten. So interpretiert man z. B. ein Husten oder ein Hüsteln, welcher(s) nicht durch einen spezifischen Reiz (z.B. Rauch, Erkältung) ausgelöst wurde, als ein »Etwas heraushusten (= loswerden) wollen«. Ähnliche Interpretationen gibt es bezüglich eines häufig auftretenden Aufstoßens. Es ist, als werde diese Person von »etwas« gequält, das sie symbolisch ausstößt. Da das Grundproblem jedoch dadurch nicht gelöst wird, drückt dieses »etwas« bald wieder auf das Herz, die Bronchien, die Leber oder andere Organe und reizt diese. Wenn solche Prozesse nicht beizeiten angegangen werden, können sie natürlichchronisch werden. Falls Sie selbst solche »Eigenart« besäßen, könnten Sie darüber einmal nachdenken. Allerdings will ich ausdrücklich noch einmal erwähnen, daß diese Interpretierungsversuche noch keinesfalls »wissenschaftlich abgesichert« sind, und daß, selbst eine solche »Absicherung« keine Garantie für »Wahrheit« darstellt (s. Einleitung ). Aber nachdenken könnte man m.E. schon einmal darüber, insbesondere wenn es einen selbst vielleicht betrifft?
Zum Abschluß dieses Kapitels sei noch gesagt: Anfangs wollten wir unsere Aufmerksamkeit weg vom gesprochenen Wort und hin zu den sichtbaren Signalen der Körpersprache lenken. In diesem Kapitel haben wir uns der Sprache selbst wieder genähert, wenn auch unter einem anderen Gesichtspunkt. Letztlich wollen wir die Worte ja ebenfalls aufnehmen, so daß man sieht, wie unmöglich es wäre, wollte man auf alle Signal-arten gleichzeitig achten. Deswegen schlage ich Ihnen ein gezieltes Vorgehen vor: Achten Sie schwerpunktmäßig auf verschiedene Aspekte. Eine Woche lang achten Sie z. B. nur auf Mimik, eine andere Woche nur auf Gestik, wieder eine Woche lang nur auf Lautstärke usw. Nur so werden Sie sich in allen Einzelbereichen üben, so daß Sie später »gut« beobachten können (s. Poster, Anhang D ).
Wenn Ihre »Lern- und Übungsphase« vorbei ist, und Sie für alle Signalarten ein »Auge« oder »Ohr« entwickelt haben, dann sollen Sie aufhören, auf alle Signale des Körpers achten zu wollen. Nach einem Satz von C. G. JUNG an einen Studenten:
Lerne alles, was du kannst über die Theorie, aber wenn du dem anderen gegenübersitzt, vergiß das Textbuch!
Der »andere« war in JUNGs Satz natürlich der »Patient«, aber die leichte Abänderung seines Satzes macht ihn zu einer wunderbaren Regel für uns in der täglichen Praxis. Denn: Wenn Sie genügend gelernt haben, genügt es, daß Sie in potentiellen Krisensituationen (oder in einzelnen Augenblicken) auf die Körpersprache achten können, eben weil Sie dies können! Dazu ist eine lange Phase gezielter Wahrnehmung und häufiger Erfolgskontrollen vonnöten. Danach aber sollen Sie nicht mehr ständig bewußt darauf achten. Erstens werden sie dann »unbewußt«, aus den Augenwinkeln sozusagen, automatisch mehr auf- und wahrnehmen. Zweitens würde sonst das Beobachten zu sehr von der Person ablenken, und das wäre schade. So mancher Psychologe ist m.E. aus dieser aktivenLern-Phase nie herausgekommen, so daß andere oft das Gefühl haben, »unter einem Mikroskop beobachtet« zu werden, wenn sie mit ihm sprechen. Schließlich ist doch dieser andere Mensch das Wichtigste, oder? Nicht als Versuchskaninchen, nicht als Objekt zum Studieren, sondern als Partner in einer guten Kommunikation!
Je häufiger Ihre Gesprächspartner aus anderen (Sub-)Kulturkreisen kommen, desto wichtiger wird es, Unterschiede in der Bedeutung gewisser Signale wahrzunehmen. Das soll das nächste Kapitel erleichtern.
Kapitel 9
Kulturelle Unterschiede
In einem sehr amüsanten Büchlein (»Gebrauchsanweisung für Amerika«) sagt WATZLAWICK so treffend (90b):
»Fremdheit bedeutet Gegensatz zum Gewohnten. Daher erleben wir die Fremdheit eines Landes dort am eindrücklichsten, wo dessen Wirklichkeit … von der unseren abweicht. Und wenn Sie es fertigbringen, dieses Anderssein … – von Alltäglichkeiten bis zur Weltanschauung – nicht als lächerlich oder gar ärgerlich zu empfinden, dann muß ich Ihnen gratulieren, denn dann sind Sie weiser als die meisten von uns. Aber wundern werden Sie sich trotzdem.« (S. 21)
Es kann nicht Ziel dieses Kapitels sein, alle (oder auch nur viele) dieser
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