Signale des Körpers: Körpersprache verstehen (German Edition)
kulturellen Unterschiede einzeln aufzulisten. Erstens sind sie zu zahlreich und zweitens geht es uns um etwas anderes: In dem Maße, in dem Ihnen bekannt ist, daß Mitglieder anderer (Sub-)Kulturkreise andere körpersprachliche Signale senden können, in dem Maße werden Sie vorsichtiger sein. Dadurch werden Sie akuter beobachten und mehr Erfolgskontrollen (s. Kap. 1.8 ) einsetzen. Deswegen wollen wir nur einige wenige solcher Unterschiede ansprechen, um Ihnen ein wenig »Gefühl« dafür zu vermitteln.
9.1 Gibt es überhaupt universelle Signale?
Diese Frage wird von Anthropologen und Kinesikern in aller Welt unterschiedlich beantwortet. Die eine Gruppe behauptet, es gäbe sehr wohl einzelne Signale, die universalgültig seien, die andere Gruppe behauptetdas Gegenteil. Als Beispiel für die erste Aussage hatten wir (s. Kap. 6.1.4 ) ARDREYs (2) Annahmen erwähnt, was Handbewegungen zur Nase angeht, bzw. die Tendenz, bei Unentschlossenheit oder Verlegenheit unser Haar zu berühren. Er meint, diese Geste sei bei allen Rassen und Völkern zu finden und daher universalgültig in ihrer Interpretation. Den anderen Standpunkt vertritt z. B. BIRDWHISTELL (5e), wenn er sagt:
»(Zwar hat man angenommen) daß es universalgültige Basis-Bewegungsmuster geben müsse, welche charakteristisch für den Menschen (schlechthin) seien. So steht z. B. jeder Mensch auf seinen Beinen, kann seine Arme oder Hände heben, seine Finger manipulieren, den Kopf drehen, heben, senken usw. Trotzdem: Wiewohl wir seit fünfzehn Jahren bewußt danach gesucht haben, fanden wir nicht eine einzige Geste oder Körperbewegung, welche in allen Gesellschaften die gleiche soziale Bedeutung hätte … So weit wir wissen, gibt es kein einziges körpersprachliches Signal, welches als ein universalgültiges Symbol angesehen werden kann. Damit meine ich: Wir waren unfähig, auch nur einen einzigen mimischen Gesichtsausdruck, eine Haltung oder Körperbewegung zu entdecken, der (die) in allen Gesellschaften dieselbe Nachricht übermittelt hatte …« (S. 81, Hervorhebungen meine.)
Hierbei sollte vielleicht darauf verwiesen werden, daß dieses Zitat aus einem Buch mit ausgewählten Essays des Autors stammt, die einen Zeitraum von über zwanzig Jahren umspannen. Das Zitat stammt aus dem Jahre 1968! Die meisten Aussagen, welche »universalgültige« Gesten beschreiben, stammen jedoch aus den Jahren vor 1965, d. h., daß viele Forscher ihre Suche oder ihre ehemalige Meinung inzwischen aufgegeben zu haben scheinen!
9.3 Fallstudie: Deutsche und amerikanische Manager
Ein US-multinationaler Konzern hat in Frankfurt eine Zentrale, die nur von Managern besetzt ist. Hier arbeiten Hunderte von amerikanischen und deutschen Führungskräften zusammen und steuern das Geschehen des Konzerns in aller Welt. Nun gab es immer wieder Reibereien zwischen den deutschen und den amerikanischen Kollegen, so daß schließlich ein Fachmann hinzugezogen wurde 1 .
Dieser stellte folgendes fest: Die amerikanischen Manager ließen ihre Bürotüren prinzipiell offen, was die deutschen Kollegen als »kindisch,unreif, typisch amerikanisch – ohne Sinn für die Ernsthaftigkeit unserer Arbeit« bezeichneten. Sie hielten ihre Türen immer geschlossen, was die Amerikaner veranlaßte zu sagen: »Typisch deutsch: geheimniskrämerisch und wichtigtuerisch!«
Nun stellte der Fachmann fest, daß für den Deutschen »sein ganzes Büro zur Intimzone werden kann«, während der Amerikaner nur seinen Schreibtisch in seine »Bubble« einbezieht (s. Kap. 7.1 ). Dies führt zu völlig unterschiedlichem Verhalten, wenn eine Person einen Manager sprechen will: Bei den Deutschen muß erst angeklopft werden. Dann muß man warten, bis der andere »Herein!« ruft. (Andere Autoren verweisen darauf, daß die Höhe des Status in direktem Verhältnis zu der Länge der Zeit steht, die der Manager verstreichen läßt, ehe er »Herein!« sagt!) Danach wird die Türe geöffnet und der Raum sogleich betreten. Dieser Prozeß verläuft bei den amerikanischen Managern anders:
Da die Türe sowieso offen ist, kann jeder sich durch einen Blick informieren, ob der Gewünschte überhaupt anwesend bzw. wie beschäftigt er derzeit ist. Meint man, ein Gespräch jetzt für möglich zu halten, so tritt man in den Türrahmen der offenen Türe, wobei man eine Hand an den Türpfosten legt (s. Abb. 16 ). Nun fragt man z. B. »Got a minute, Billy?«
Abb. 16
Schüttelt der andere ungeduldig den Kopf, weil er seine Aufgabe nicht
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