Signale des Körpers: Körpersprache verstehen (German Edition)
unterbrechen kann oder will, bzw. murmelt er »Later, John!« So geht man wieder weg, um einen anderen Zeitpunkt abzuwarten. Hat der andere hingegen Zeit, so sagt er »Sure!« und man betritt das Zimmer. (Es gibt auch eine Zwischenlösung, die darin besteht, daß man das Zimmer betritt, die Hand jedoch noch immer am Türrahmen lassend, um vielleicht etwas herzuzeigen, das man dabei hat!) Aber:
Solange der Besucher eine Hand am Türpfosten der offenen Tür hat, ist er nicht in die Intimzone des amerikanischen Managers eingedrungen.
Dahingegen:
Schon das Öffnen der Bürotüre bedeutet für den deutschen Manager das Betreten seiner Intimzone, weshalb dies nicht ohne seine Erlaubnis geschehen darf!
Wenn Sie diesen grundlegenden Unterschied verstehen, werden Sie auf Geschäftsreisen in die USA wissen, warum Ihnen das Verhalten der Mitarbeiter so viel legerer erscheint, bzw. warum Ihre amerikanischen Gäste hier in Deutschland auf unsere verschlossenen Türen so befremdet reagieren.
9.4 Zwei Fallstudien: Verhandlungen mit Arabern
Da immer mehr mit der arabischen Welt verhandelt wird, kann ich es mir nicht verkneifen, hierzu einige Worte zu verlieren, wiewohl meine Untersuchungen in dieser Richtung noch keineswegs abgeschlossen sind.Trotzdem möchte ich auf zwei Aspekte hinweisen, einen, der mit Tonfall zu tun hat, und einen verbalen, der sich aufgrund der andersartigen inneren Haltung ergibt.
9.4.1 Das Feuerzeug
Vor einigen Jahren hat sich in London folgendes ereignet: Drei Araber und drei Engländer trafen sich in einem Hotel, um eine Vorverhandlung zu führen. Sie wollten dabei feststellen, ob sie demnächst miteinander verhandeln würden oder nicht.
Einer der Araber hatte das Feuerzeug des einen Engländers berührt und diesen angesehen, ohne ihn zu unterbrechen. Der Engländer sprach weiter, nickte jedoch mit dem Kopf als Signal dafür, daß der Araber dieses Feuerzeug benützen konnte. Einige Augenblicke später suchte der englische Kollege des Feuerzeugbesitzers jenes, da er habituell das Feuerzeug seines Freundes benutzte. Als er es nicht fand, unterbrach er die Worte des anderen: »Wo ist dein Feuerzeug?« Der Sprecher, unwillig über die Unterbrechung, sagte in einem aggressiven, ärgerlichen Tonfall, auf den Araber deutend: »Er hat mein Feuerzeug« und sprach dann weiter, d. h., er wollte weitersprechen. Verblüfft mußte er jedoch feststellen, daß die Araber sich gegenseitig je einen Blick zuwarfen, dann wie ein Mann aufstanden und den Raum verließen. Warum?
Hier wurde das Signal des verärgerten Tonfalls von den Arabern als Inkongruenz interpretiert, und zwar als Inkongruenz in bezug auf ihre Erwartungen. Da die arabische Sprache kein Wort für »haben« besitzt 1 kann man nur sagen: »Feuerzeug-mein mit-ihm« bzw. »Dort Feuerzeugmein«.Bei solchen Formulierungen kann, nach arabischem Empfinden, keine personenbezogene Aggression ausgedrückt werden, da ja das Subjekt des Satzes das »Feuerzeug« und nicht der derzeitige Benutzer ist. Das heißt: Die Araber hatten die Ärgerlichkeit des Tonfalls als einen Ärger in bezug auf den Araber interpretiert, der das Feuerzeug benutzt und es dann vor sich hegen gelassen hatte. Diese Aggression der Person gegenüber war in ihren Augen in der Situation keinesfalls gerechtfertigt und erboste sie!
9.4.2 In'sh'allah!
Das zweite Beispiel bezüglich arabischer Verhandlungspartner betrifft nicht ein körpersprachliches Signal, sondern eine unterschiedliche innere Einstellung oder Haltung. Wenn westliche Menschen einen Termin vereinbaren wollen, drücken sie sich klar und präzise aus, Beispiel: »Paßt es Ihnen morgen um halb neun?« Antwort: »Ja.« Bei arabischen Verhandlungspartnern aber passiert oft ähnliches, wie im folgenden Dialog:
Deutscher:
Also Muhammed, dann treffen wir uns morgen um zehn?
Araber:
Wenn Allah es will (In'sh'allah).
Deutscher:
Oder wäre dir elf Uhr lieber?
Araber:
Elf Uhr ist o. k. (Zuckt vielleicht die Achseln, um seine Indifferenz auszudrücken.)
Deutscher:
Also, elf Uhr dann, ja?
Araber:
Wenn Allah es will.
Viele Deutsche berichteten mir, daß sie durch das ewige In'sh'allah bzw. durch ausweichende Antworten (»Ja, wahrscheinlich«, u. ä.) den Eindruck gewinnen würden, dem Verhandlungspartner passe die vorgeschlagene Zeit nicht. Aber das ist meist nicht der Grund. Sondern: Wenn der andere ein gläubiger Muslim ist (oder vorgibt einer zu sein), kann er, aus seiner inneren Haltung heraus, nicht über sich und seine Zeit bestimmen,
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