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Signum - Die verratenen Adler

Signum - Die verratenen Adler

Titel: Signum - Die verratenen Adler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Roemling
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sanfte Schwung der Klinge. Wie in aller Welt kam sein Dolch hierher? Er blickte den Wirt fragend an. Der wies mit dem Kopf in eine Ecke der Gaststube, wo ein junger Mann saß.
    Caius ging auf ihn zu. Plötzlich machte sein Herz einen Sprung. Der Gast hatte den Kopf hinuntergebeugt, als wollte er sein Gesicht verbergen, aber ein Haarwirbel verriet ihn. Mit ein paar Schritten war Caius am Tisch. Lucius sprang auf, und einen Moment später lagen sich die beiden Freunde in den Armen.
    Caius konnte es kaum fassen. »Die Cherumpler haben dich nicht erwischt.«
    Â»So kann man das nicht sagen«, gab Lucius gut gelaunt zurück. »Ich war hinter dir, als du den Huftritt abbekommen hast. Ich wollte dich noch warnen, aber da warst du schon im Land der Träume. Sah übrigens ziemlich schlimm aus, ich dachte erst, du wärst tot. Direkt danach hat es Silanus erwischt. Alles ging drunter und drüber, die Prätorianer waren so beschäftigt, Varus und die anderen aus der Schusslinie zu bringen, dass keiner mehr auf dich geachtet hat.«
    Caius lachte. »Und da hast du dir natürlich erst mal den Dolch unter den Nagel gerissen.«
    Â»Wieso?«, fragte Lucius irritiert. »Den hast du mir doch schon am Abend zuvor gegeben.«
    Caius dachte kurz nach, dann fiel ihm wieder ein, wie sie am Lagerfeuer den Hahn zerteilt hatten. »Das hatteich völlig vergessen«, murmelte er, aber Lucius war schon wieder bei seiner Geschichte.
    Â»Ich bin zu dir hingekrochen, während sich einer der Prätorianer um Silanus gekümmert hat. Kurz darauf waren diese Barbaren auch schon mitten in der Kolonne. Irgendeiner hat mir eins über den Schädel gezogen. Ich bin später in einem Stall aufgewacht, zusammen mit einem Dutzend Legionäre. Alle gefesselt. Aber zum Glück haben mich diese Cherumpler nicht richtig durchsucht und den Dolch nicht entdeckt. Pech für sie. Wir haben uns befreit, ich und drei andere, die übrigen waren nicht ansprechbar. Mehr hätten es auch nicht sein dürfen, denn ob du es glaubst oder nicht: In diesem Stall standen noch genau vier Pferde.« Lucius hielt vier Finger in die Höhe.
    Â»Das ist ja unglaublich«, sagte Caius.
    Â»Allerdings. Unglaublich dumm. Kein Kompliment für Varus, dass solche Hohlköpfe es geschafft haben, ihn in die Falle zu locken. An seiner Stelle hätte ich mich auch ins Schwert gestürzt. Jedenfalls sind wir geritten, als wären alle Latrinengeister Germaniens hinter uns her.« Er grinste. »So ähnlich war es ja auch. Irgendwann in einer Nacht sind wir von ein paar Reitern aufgegriffen worden, es gab ein Handgemenge, und ich habe die anderen verloren. Und am nächsten Tag stand ich auf einmal am Rhein. Das war vorgestern. Seitdem frage ich jeden, der über den Fluss kommt, nach dir.« Lucius neigte den Kopf vor. »Und heute sitze ich hier in der Gaststube, denke zum ersten Mal seit einer Woche an gar nichts, und wer kommt zurTür herein? Du und diese Schönheit. Ist dir eigentlich klar, dass du wahrscheinlich der Einzige aus dem ganzen Heer bist, der Beute gemacht hat, obwohl wir die Schlacht verloren haben? Wo ist sie überhaupt?«
    Â»Oben. Sie passt auf etwas auf, das ich nicht allein im Zimmer lassen möchte«, sagte Caius. Die diebische Freude über den ungläubigen Gesichtsausdruck seines Freundes ließ ihn fast platzen.
    Â»Nein«, flüsterte Lucius mit offenem Mund.
    Â»Doch.«
    Â»Das vergiftete Geschenk des Schicksals.«
    Â»Von Varus persönlich ausgehändigt. In einem Kasten aus Zedernholz.«
    Lucius packte Caius am Hals, als wollte er ihn würgen. »Was ist es?«
    Â»Komm mit und schau es dir selbst an.« Grinsend stand Caius auf.

EPILOG
    Nach fast vier Wochen Fahrt in einem Reisewagen, den der Legat Lucius Nonius Asprenas ihnen mit Eskorte zur Verfügung gestellt hatte, kam am Horizont endlich die Stadt in Sicht. Caius, Lucius und Fastrada waren ausgestiegen, um sich ein letztes Mal die Beine zu vertreten.
    Der Weg wurde von Hügeln gesäumt, aus deren Hängen hier und da steile Felsvorsprünge ragten wie riesige Erker. In den Stein waren zahlreiche Höhlen gegraben, die geheimnisvollen Völkern in grauer Vorzeit als Grabstätten gedient hatten und jetzt zum Lagern von Wein und Lebensmitteln verwendet wurden. Die mit passgenau bearbeiteten Basaltplatten gepflasterte Straße führte an einem kleinen Bach entlang, der leise vor

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