Signum - Die verratenen Adler
Zeichen. Wenige Augenblicke später setzte sich der Zug in Bewegung.
Lucius trat neben seinen Freund. »Was war das denn für ein Vogel?«, fragte er.
»Appius Aemilius Rullianus«, gab Caius zurück, ohne die Kolonne aus den Augen zu lassen. »Legat der XIX. Ich denke, wir werden ihm noch öfter begegnen. Die XIX. ist eine der drei Legionen, die in zwei Wochen mit dem Statthalter über den Rhein gehen werden. Sie ist in Vetera stationiert.«
»Der Kerl gefällt mir nicht«, sagte Lucius mürrisch.
»Das Kommando hat er bekommen, weil er seine ganz eigene Art hat, für Ordnung zu sorgen. Wenn du verstehst, was ich meine. Der Princeps meint, er sei auf den Posten des Statthalters scharf.« Caius kam sich mit seinen Informationen aus dem Kreis der Eingeweihten ziemlich wichtig vor.
Lucius merkte das sofort und konnte sich eine bissige Bemerkung nicht verkneifen. »Ach ja. Ich vergaÃ, dass der Princeps seine intimsten Geheimnisse mit Herrn Caius Cornelius Castor zu teilen beliebt.«
»Er hat es mir halt gesagt.« Caius war ein wenig beleidigt.
»Dann wollen wir dem alten Haudegen mal auf die Finger sehen. Nicht dass er uns die kleinen Germaninnen vergrault.«
Caius zuckte mit den Schultern und betrat die Herberge. Lucius folgte ihm. Sie lieÃen ihr Gepäck in die Kammer bringen, und während die Bediensteten noch die Pferde versorgten, saÃen die beiden schon in der Gaststube. Bei reichlich Wein und einem mit Knoblauch gespickten Hammelbraten brüteten sie über den Unterlagen, die Lucius von seinem Vater mitbekommen hatte. Von den Nachbartischen wehten die Unterhaltungen der anderen Gäste gedämpft zu ihnen herüber. Irgendwann kamen auch ihre Begleiter wieder dazu und nahmen an einem der Nebentische Platz. Die Bleimine interessierte den angehenden Herrn Geschäftsführer, wie Caius seinenFreund bisweilen nannte, zwar herzlich wenig, doch völlig unvorbereitet konnte er seinen Vater in Germanien nun auch nicht vertreten, und irgendwann musste das Material ja durchgearbeitet werden.
Jetzt wo die erste Hälfte der Reise hinter ihnen lag, war der Zeitpunkt gekommen, um sich mit den bevorstehenden Pflichten zu beschäftigen.
Ein paar Stunden und etliche Becher Wein später spürte Caius, dass er nach all der konzentrierten Arbeit den Gang zur Latrine nicht länger aufschieben konnte. Er stand auf und ging hinaus.
Als er ins Freie trat, war die Dämmerung bereits fortgeschritten. Die Sonne beleuchtete die zerklüfteten Felswände des Gebirges, aus dem sie gekommen waren, während die Talmulde mit der einsamen Herberge schon im Schatten lag. Ein paar Kühe grasten ganz in der Nähe. Hinter dem Gasthof war am Rand eines kleinen Tannenwäldchens die Latrine. Caius fühlte, wie seine Benommenheit etwas von ihm abfiel, als er durch die kühle Luft zu dem kleinen Verschlag ging, dessen Tür verschlossen war. Fluchend umrundete er ihn, um sich in dem Wäldchen dahinter zu erleichtern. Er trat zwischen die Stämme, wo es schon ziemlich dunkel war. Ein Zweig knackte unter seinem Fuà und irgendein Tier raschelte vor ihm im Unterholz. Eher beiläufig blickte er in die Richtung und im selben Moment gefror ihm fast das Blut in den Adern. Unter einem Strauch ragten die nackten Beine eines Mannes hervor. Sie waren mit Kratzern und dunklen Fleckenübersät. Caiusâ Magen krampfte sich zusammen, als er sich bückte und eine der Waden berührte. Sie war kühl. War der Mann tot? Oder war er nur betrunken in den Wald getaumelt und hatte sich im Sturz den Kopf aufgeschlagen? In einem schnellen Entschluss packte Caius die Beine und zog den auf dem Bauch liegenden Mann unter dem Strauch hervor. Dabei kam er ins Straucheln und fiel rückwärts aufs SteiÃbein. Gleichzeitig mit dem Schmerz durchzuckte ein Grausen seinen Körper, als er im Halbdunkel sah, dass der Mann keinen Kopf mehr hatte. Sofort lieà er die Beine los, machte kehrt und raste zurück in die Gaststube.
Lucius saà immer noch an seinem Platz und schielte nach einer jungen Bedienung. Als Caius an den Tisch stürzte, zog er die Augenbrauen zusammen. »Wo hat der Latrinengeist dich denn hingebissen?«
»Da drauÃen liegt ein Toter«, stieà Caius heiser hervor. »Hinter der Latrine, zwischen den Tannen!«
Lucius riss die Augen auf. Er hatte sofort verstanden, dass Caius keine SpäÃe machte. »Du meinst
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