Signum - Die verratenen Adler
also, da liegt einer â¦Â«, sagte er vorsichtig. »Woher willst du wissen, dass er tot ist?«
»Mann, weil er keinen Kopf mehr hat!«
Das saÃ. Lucius, der nie verlegen um eine Antwort war, wurde blass und brachte kein Wort hervor. SchlieÃlich gab er sich einen Ruck und stand auf. »Lass uns noch mal nachsehen«, schlug er vor. »Bevor wir hier alle verrückt machen.«
Caius zögerte. Der Gedanke an den grausigen Anblick war derart abstoÃend, dass er am liebsten gleich eigenhändig die Pferde angespannt und diesen Ort so schnell wie möglich verlassen hätte. Gleichzeitig ging von dem Toten eine schauderhafte Faszination aus. Ganz offensichtlich war hier ein Verbrechen geschehen, und irgendetwas in ihm drängte darauf, der Sache auf den Grund zu gehen. »Gut«, sagte er schlieÃlich. »Sehen wir nach.« Instinktiv griff er nach einem auf dem Tisch liegenden Messer, dann folgte er seinem Freund in die Dämmerung hinaus. Als Caius auf den Rand des Wäldchens zuging, blickte er sich nach allen Seiten um. War der Mörder noch in der Nähe? Sie traten zwischen die Tannen. Caius hörte, wie Lucius hinter ihm schluckte, als er den leblosen Körper entdeckte, der genau dort lag, wo Caius ihn zurückgelassen hatte.
Caius versuchte, nicht auf die Stelle zu schauen, wo der Kopf hätte sein müssen. Er kniete sich auf den Boden. Der Tote war mit einer leichten Tunika bekleidet. Caiusâ Blick blieb an der rechten Hand hängen. Eine Gänsehaut kroch über seinen Rücken. Daumen und Zeigefinger fehlten. Er drehte sich zu seinem Freund. »Den kenne ich«, brachte er mühsam hervor.
»Woher in aller Welt kennst du einen Toten ohne Gesicht?«
Caius deutete stumm auf die Hand mit den fehlenden Fingern. »Er war im Haus des Princeps an dem Nachmittag, als ich auch da war. Ein Eilbote. Philippos heiÃt er.«
Lucius sagte nichts, dann beugte er sich mit spürbarem Widerwillen vor. »Da liegt was«, sagte er und zeigte auf eine Stelle ein paar Schritte von der Leiche entfernt. Caius suchte mit den Augen den Waldboden ab. Da war tatsächlich etwas.
Lucius ging im weiten Bogen auf den Gegenstand zu. Es war eine Lederschatulle mit aufgeprägtem Muster. Er nahm sie in die Hand und blickte hinein. »Leer«, flüsterte er enttäuscht.
Caius war mit zwei Schritten bei seinem Freund und entriss ihm den Behälter. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Es war offensichtlich eine der doppelwandigen Schatullen, die der andere Bote, dieser Patroklos, erfunden hatte, jedenfalls baumelte am oberen Ende ein dünnes Lederband. Mit zitternden Fingern und ohne recht zu wissen, was er tat, stocherte Caius mit dem Messer am Rand der Schatulle herum, bis er einen Schlitz fand, der sich verbreitern lieÃ; dabei verschwand das Lederband Stück für Stück in einem kleinen Loch. Die Schatulle hatte tatsächlich eine doppelte Wand! Caius tastete mit zwei Fingern in dem Zwischenraum herum, bis er ein Papyrusblatt spürte, das sich von innen eng an die äuÃere Hülle schmiegte. »Nicht leer«, sagte er mit bebender Stimme.
8
Fastrada wog die Münze, die Irmin ihr gegeben hatte, in der Hand, als wollte sie sie auf ihre Echtheit prüfen. Die Bildsprache und die Bedeutung der Buchstaben, die auf den silbernen Denar geprägt waren, erschlossen sich ihr nur zum Teil. Auf der einen Seite der kleinen glänzenden Scheibe war der Kopf eines Mannes im Profil abgebildet. Sein Haar trug er in kurzen Strähnen nach vorn gekämmt, seine Nase war markant und gerade geschnitten und die Augen schienen etwas in der Ferne zu fixieren. Um den Mund glaubte Fastrada den Hauch eines Lächelns zu erkennen. Auf dem Rand der Münze verlief eine Umschrift. Fastrada konnte das Kürzel SPQR und die Abkürzung einiger Titel entziffern, die, so viel verstand sie immerhin, für Imperator Caesar Augustus standen. Imperator Caesar Augustus. Der Mann, der am Rhein Tempel und ganze Städte bauen lieÃ, auf dessen Befehl unglaubliche Armeen durch das Land zogen, die im Laufe nur eines Tages Lager aus dem Boden stampften und wieder abbauten. Der Mann, der von seiner Stadt an einemFluss namens Tiber aus herrschte wie ein Gott, strahlend und unheimlich zugleich. Der Mann, der Richter und Verwalter erheben und absetzen lieà â Richter, deren Urteile nicht allen schmeckten, und Verwalter, an die nicht jeder gern Abgaben zahlte.
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