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Signum - Die verratenen Adler

Signum - Die verratenen Adler

Titel: Signum - Die verratenen Adler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Roemling
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auslegte. Selbst wenn der Hinterhalt misslang, war ein Wiedersehen mit Caius nicht sehr wahrscheinlich, denn schon der Versuch eines Überfalls auf die Römer würde einen längeren Krieg nach sich ziehen, an dem er wohl nicht mehr teilnehmen würde. Sein Vater hatte ihn in dieses Land geschickt, damit er die Praxis von Verwaltung und Justiz kennenlernte und nicht, um ihn Augenzeuge von Massakern werden zu lassen. Aus dieser Sicht gab es für ihn zwei Möglichkeiten: Entweder er würde in dem Hinterhalt ums Leben kommen. Oder er würde nach Rom zurückkehren – und sie vergessen.
    Drei Abende hatten sie sich getroffen und längst war sie verstrickt in ein Dickicht aus widerstreitenden Gefühlen: das maßlose Glück seiner Nähe, überschattet von der Angst, ihn bald zu verlieren. Tagsüber wurde ihre Vorfreude vom schlechten Gewissen getrübt. Sie wusste, in welcher Gefahr er schwebte, und sie hatte ihn immer noch nicht gewarnt. Natürlich merkte er, dass etwas sie belastete, das fiel ja sogar ihrer ansonsten ständig mit anderen Dingen beschäftigten Mutter auf, die sich schon mehrmals beklagt hatte, dass Fastrada reizbar, fahrig und kaum ansprechbar war und selbst die einfachsten Verrichtungen häufig unterbrach, um gedankenversunken ins Leere zu blicken. Mehr als einmal hatte Fastrada bei ihren Treffen im Wald angehoben, um Caius endlich zu erzählen, wassie wusste. Und immer wieder hatte sie das Vorhaben doch aufgeschoben, um sich unter die hauchdünne Oberfläche dieses fast unwirklichen Glücks zu flüchten.
    Heute Abend musste sie es ihm sagen. Und dann? Brachte die furchtbare Wahrheit womöglich einen Stein ins Rollen, der alles unter sich begrub? Würde er zu Varus gehen und ihm Bericht erstatten? Würden die Römer an Ort und Stelle kurzen Prozess machen mit ihrem Stamm und mit denen, die an dem Plan beteiligt waren, also auch mit ihrer Familie? Oder würden die verbliebenen Römerfreunde Irmin und seine Mitverschwörer ans Messer liefern, um ihr eigenes Leben und ihre Stellung zu retten? War es überhaupt möglich, dass Varus eine solche Geschichte glaubte? Oder würde er alle Warnungen in den Wind schlagen und trotzdem losmarschieren, überzeugt von der Unbezwingbarkeit seiner Militärmaschine? Es half nichts: Sie musste mit Caius reden und zumindest seine Meinung dazu hören, denn es war kaum anzunehmen, dass eine glückliche Fügung alles richten würde. Caius hatte einen Verwandten unter den hohen Offizieren des Statthalters. Eventuell konnte der etwas ausrichten?
    Wieder verging ein Tag ungeduldigen Wartens, der nicht enden wollenden Beschäftigung mit zerstreut ausgeführten, sinnlosen Tätigkeiten. Zum Essen schaute Irmin kurz vorbei. Sie mied seinen Blick, ließ sich auf kein Gespräch ein und er quittierte ihre Verweigerung mit Feindseligkeit. Es tat weh, ihn nach all den Jahren derInnigkeit derart abweisend zu behandeln. Stärker als ihre Missbilligung gegenüber seinem Vorhaben war aber der Widerwille, ihm ins Gesicht zu lügen. Vielleicht wird doch noch alles gut, dachte sie. Aber gleichzeitig spürte sie, dass nichts jemals wieder in Ordnung kommen würde, wenn Caius etwas zustieß.
    Als ihre Schwestern eingeschlafen waren, stahl sie sich aus dem Haus. Ihre Mutter war bei irgendeiner Bekannten, um Klatsch auszutauschen, und ihr Vater war mit Irmin zu einer dieser endlosen Besprechungen gegangen, die ihr einmal mehr wie ein Vorwand erschien, um die ganze Nacht zu trinken.
    Der Wald wurde durch den abnehmenden Mond nur schwach erhellt. Sie fand ihren Weg dennoch ohne Schwierigkeiten, weil sie mittlerweile jede Baumwurzel kannte, die zwischen ihrem Dorf und dem Waldrand vor der Rodung lag. Die Nacht war ungewöhnlich kühl. Wipfel rauschten leise im Wind, der dünne und ausgefranste Wolkenfäden über die Mondscheibe schleppte wie Zeichen einer rätselhaften Schrift. Baumriesen zogen vorbei, verdeckten das bisschen, was von der Kulisse des Waldes zu sehen war, gaben es wieder frei. Nichts als Bäume. Ein gefällter Stamm, der darauf wartete, zerkleinert zu werden. Ein Nachtvogel, der irgendwo aufflatterte.
    Irgendwann erschien vor ihr die Lichtung. Sie blieb stehen. Wo war Caius?
    Auf einmal hörte sie Schritte auf dem Waldboden. Sie drehte sich um. Caius hatte bisher immer gut sichtbarzwischen den Bäumen gewartet, bis sie sich gezeigt hatte. Jetzt war niemand zu

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