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Silber

Titel: Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Savile
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anderen bald hier sein würden, und
die anderen
war eindeutig Plural. Der Mann unter Sokol und Gavrel Schnur. Schnur hatte ihr in seinem Büro im Hauptquartier der IDF erzählt, dass Mabus gern zugegen war, wenn die Enthauptungen gefilmt wurden.
    Gavrel Schnur war Mabus. Dessen war sie absolut sicher. Es war die einzig logische Erklärung. Er hatte ihr die schwachsinnige Geschichte aufgetischt, dass Salomon Mabus wäre, aber das war Unsinn. Schnur war Mabus. Und wenn Schnur Mabus war, dann wusste er nicht nur, wer Akim Caspi war, sondern dann war er sogar der einzige, der es wusste, weil Caspi der Mann über ihm in der Kette war. Sie hatte genug Zeit gehabt, um darüber nachzudenken, als sie sie aufgehängt hatten wie ein Huhn, das auf den Schlachter wartet. Akim Caspi hatte Schnur rekrutiert. Es gab kein anderes Szenario, dass Sinn ergeben hätte. Doch Mabus war nur der Herold, der Pfeifer an den Toren der Dämmerung. Salomon war der Antichrist aus Schnurs Verkündigung, das wahre Böse – und Schnur hatte ihnen seinen Namen verraten.
    Es war ein Fehler gewesen, ein Ausrutscher. Er hatte mehr gesagt, als er hätte sagen sollen.
    Orla befand sich in genau der richtigen Stimmung dafür, um ihn diesen Fehler büßen zu lassen.
    Sie blickte den schmalen Flur hinab, doch niemand kam ihr entgegen. Eine einzelne nackte Glühbirne hing am anderen Ende des Ganges von der Decke, dort führte eine Treppe nach oben. Sie lief zurück zur Leiche von Uzzi Sokol und zog ihm das Hemd vom Rücken. Er brauchte es nicht mehr, und sie wollte nicht nackt und mit einer Waffe in der Hand mitten in Tel Aviv stehen, wenn sie es vermeiden konnte. Sie würde schon genug Aufmerksamkeit auf sich ziehen, wenn sie nur mit einem Hemd bekleidet war.
    Sie durchsuchte seine Taschen nach einem weiteren Magazin für die Pistole, fand jedoch nichts. Sie hätte das Magazin aus der Waffe nehmen und die Kugeln zählen können, aber sie wollte keine Zeit vergeuden – nicht hier. Sie war noch nicht außer Gefahr, und jede Sekunde, die sie länger an diesem Ort verbrachte, war eine verschwendete Sekunde.
    Schnell knöpfte sie das Hemd zu und lief den schmalen Flur hinunter. An seinem Ende war eine rostige Eisentür, direkt vor den Stufen, die offensichtlich zugeschweißt worden war. Sie rüttelte versuchshalber daran, doch die Tür ließ sich nicht bewegen. Barfuß lief sie die Stufen hinauf; erst kurz bevor sie oben war, wurde sie langsamer. Sie warf sichernde Blicke nach links und rechts. Es war niemand hier. Sokol hatte nur mit ihr gespielt. Er hatte gewusst, dass er allein mit ihr war, und dass er es auch eine Zeit lang bleiben würde.
    Sie befand sich jetzt auf Straßenhöhe. Rechts vor sich sah sie den Innenraum eines kleinen Lebensmittelgeschäftes. Die Regale waren leer, das Geschäft war einem der Bombenanschläge zum Opfer gefallen. Links von ihr befand sich der Lagerraum. Es war ein perfekter Ort, um jemanden gefangen zu halten, denn die ganze Einkaufsstraße war verlassen. Orla ging auf die Tür zu.
    Der Boden des Geschäftes war mit Schutt und Glasscherben übersät, die Fenster waren mit Brettern vernagelt. Das kam ihr durchaus gelegen, denn es bedeutete, dass niemand hereinsehen konnte. Sie lief über das zerbrochene Glas und zerschnitt sich dabei die Fußsohlen. Sie spürte die dünnen Scherben kaum, die sich durch ihre Haut bohrten. Sie hinterließ eine Spur aus blutigen Fußabdrücken auf dem Boden.
    Sie warf einen Blick über die Schulter, um sich zu vergewissern, dass sie nicht verfolgt wurde, und dass niemand zwischen den Regalen hervorgesprungen kam. Sie erreichte die Tür, die mit einer Kette und einem Vorhängeschloss gesichert war. Sie zögerte keine Sekunde. Sie gab einen Schuss auf das Stahlschloss ab und löste die Kette aus dem gesplitterten Bügel. Die Tür war ebenfalls abgesperrt. Da erkannte sie ihren Denkfehler. Dass die Tür von innen mit der Kette versperrt war, musste heißen, dass Sokol und seine Leute einen anderen Weg benutzten, um das Gebäude zu betreten; vielleicht ein altes Liefertor an der Rückseite des Gebäudes. Doch darüber konnte sie sich jetzt keine Gedanken machen. Sie hatte noch acht oder fünf Kugeln übrig. Wenn sie eine davon auf das Türschloss verwendete, waren es noch sieben oder vier, falls die Waffe voll geladen war, als Sokol zu ihr in den Kerker gekommen war. Wenn nicht, waren es weniger. Die Zahlen wurden für ihren Geschmack allmählich zu klein.
    Anstatt auf das Türschloss zu schießen,

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