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Silber

Titel: Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Savile
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er von ihr abließ, oder wenn seine Waffe außerhalb ihrer Reichweite landete – war sie tot.
    Er kam wieder auf sie zu, dabei zog er sich die Kapuze vom Kopf, damit sie ihn ansehen konnte. Dann ließ er die Haube zu Boden fallen. Sein Gesicht war ein Zerrbild des gut aussehenden Mannes, es war von Gier und Wollust entstellt. Wenn Uzzi Sokol jemals auch nur einen Hauch von Menschlichkeit besessen hatte – jetzt war er verschwunden. Übrig geblieben war eine Kreatur, die nur von ihren Urinstinkten getrieben wurde.
    Orla spannte alle Muskeln in ihrer unteren Körperhälfte an und bereitete sich auf eine blitzschnelle Bewegung vor.
    Sie ließ sich von ihrem Gehör leiten, sie hörte, wie er sich näherte, sie hörte seinen Atem, der erregt und stoßweise an ihr Ohr drang. Als er bei ihr war, bog Orla ihren Rücken nach vorn und stieß ihm ihren Kopf mitten ins Gesicht. Sie fühlte, wie seine Nase in einem Nebel aus Blut und blendendem Schmerz explodierte. Sokol taumelte benommen von ihr weg. Sie hörte das Klappern, als er die Jericho fallen ließ und die Hände zum Gesicht hob. Er schrie immer wieder: „Du Schlampe! Du elende Schlampe!“, als er zurückstolperte und den Schutz der Dunkelheit suchte. Orla ließ sich in die Hocke sinken und betete, dass die Pistole so gefallen war, dass sie sie erreichen konnte. Einen schrecklichen Moment lang konnte sie nicht sehen, wo sie gelandet war. Sie warf verzweifelte Blicke um sich. Dann entdeckte sie sie. Die Waffe lag genau an der Schwelle zur Dunkelheit, knapp außerhalb ihrer Reichweite. Sie streckte einen Fuß aus und versuchte, sie mit den Zehen zu fassen zu bekommen.
    Der Lauf drehte sich von ihr weg.
    Orla streckte sich, die Handschellen schnitten sich wieder tief in ihre Handgelenke. Der beißende Schmerz schenkte ihr ein paar Zentimeter. Sie zog die Jericho mit dem Fuß zu sich heran.
    Sokol taumelte aus der Finsternis heraus, sein zerstörtes Gesicht sah aus wie aus einem Albtraum. Er konnte kaum stehen. Für jeden Schritt nach vorn stolperte er zwei zur Seite. Orla bückte sich zu der Pistole hinab, die Kette rasselte, als sie durch den Ring an der Decke rutschte. Sie ergriff die Waffe mit beiden Händen und drückte den Abzug. Der Schuss krachte in der engen Zelle wie ein Donnerschlag. Die Kugel traf Sokol an der Schulter und riss ihn einen Schritt zurück, er zappelte wie ein Zombie. Sie schoss noch einmal. Der zweite Schuss traf ihn in die andere Schulter. Er brüllte vor Schmerz auf. Blinde Raserei trieb ihn weiter auf sie zu; er war nun so nah, dass sie spüren konnte, wie seine Erektion nachließ, als die dritte Kugel seinen Schädel durchdrang. Er brach vor ihren Füßen zusammen.
    Keuchend lehnte Orla sich zurück und zielte auf den Ring an der Decke. Ihr vierter Schuss ging daneben. Der fünfte traf und zerteilte den Metallring.
    Die Jericho 941 wurde für zwei verschiedene Munitionstypen ausgeliefert, für Patronen vom Kaliber 9×19 Millimeter Parabellum, und für die .41 Hot Cartridge. Das machte einen Unterschied von drei Patronen im Magazin. Also hatte sie jetzt noch entweder zehn oder sieben Schuss übrig – wenn Sokol die Waffe voll geladen hatte.
    Sie betete, dass sie es nicht auf die harte Tour herausfinden musste.
    Orla legte ihre linke Hand an die Wand und zerschoss das Scharnier der Handfessel. Sie hielt sich nicht damit auf, eine Kugel auf die rechte Schelle zu verschwenden. Neun oder sechs Kugeln waren noch übrig, der laufenden Zählung nach. Sie zog das lose Ende der Kette durch die Handfessel und bewegte sich auf die offene Tür zu. Die Schüsse waren sehr laut gewesen, jeder im Gebäude musste sie gehört haben. Sie hoffte, dass sie bald kamen. Sie hatte eine Waffe und das dringende Bedürfnis, sich zu rächen. Sie wollte sie verletzen für das, was sie ihr angetan hatten. Sie wollte sie töten für das, was sie dem Mädchen vor ihr angetan hatten, und dafür, dass sie dabei hatte zusehen müssen.
    Sie überschlug die Zahlen im Kopf. Schnur hatte behauptet, dass die Dreizehn Schreie als blinde Zellen arbeiteten, und dass eine Person nur direkt mit zwei anderen verbunden war, dem Kerl direkt vor und dem genau hinter ihr in der Kette. Sie würden es nicht riskieren, mehr als zwei ihrer Anhänger gleichzeitig an einem Ort einzusetzen, weil sonst eine weitere Verbindung in der Kette offenbart wurde – und jede erkennbare Verbindung schwächte die Kette. Das war das Prinzip einer blinden Zelle. Allerdings hatte Sokol gesagt, dass die

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