Silberband 001 - Die Dritte Macht
zuvorkommend.
»Es ist sehr freundlich, daß Sie sich um uns bemühen, aber es ist auch genauso zwecklos. Die
gleiche Antwort würde ich einem Offizier der amerikanischen oder russischen Armee geben, falls
Sie das beruhigt.«
»Ich verstehe nicht ganz«, gab Roon zu. »Sie sind notgelandet, nicht wahr? Sie benötigen
Hilfe – oder können Sie selbständig starten?«
»Und wenn es so wäre?«
»Wir müßten es verbieten, denn Sie befinden sich auf unserem Territorium.«
Perry lächelte.
»Ah, es geht Ihnen also nicht darum, uns zu helfen, sondern nur darum, uns gefangenzunehmen.
Wir sind aber nicht hier gelandet, um Ihre Gefangenen zu werden.«
Roon wollte aufbrausen, aber ein warnender Blick seines Begleiters traf ihn. Sofort hatte er
sich wieder in der Gewalt. Der Major schien großen Einfluß auf den Heerführer zu haben.
»Wer sagte etwas davon, daß wir Ihre Bewegungsfreiheit beschränken wollen? Ihre Rakete wird
natürlich untersucht werden müssen, damit wir wissen, ob keine Aufnahmen über dem Gebiet der AF
gemacht wurden.«
»Wir haben sogar die ganze Erde fotografiert – vom Mond aus. Wollen Sie das verbieten?
Macht denn Ihre Mondrakete keine Aufnahmen?«
»Unser Mondschiff wurde kurz nach dem Start durch Sabotage vernichtet. Ist Ihnen das nicht
bekannt?« fragte Roon.
Perry war erschüttert. Er war ein Mann, der in der Erforschung des Weltraums stets ein
Anliegen der gesamten Menschheit gesehen hatte. Er wußte, daß die Grenzen zwischen den Völkern
der Erde erst fallen würden, wenn die größeren Grenzen des Raumes die Menschheit herausforderten.
Für ihn gab es keine Unterschiede der Rassen und Nationen, nur Menschen – Terraner. Selbst
seinem politischen Feind hätte er den geglückten Mondflug gegönnt. Es war also ein spontaner
Impuls, als er auf den Marschall zutrat und ihm die Hand reichte.
»Es tut mir leid, aber das habe ich nicht gewußt. War es tatsächlich Sabotage?«
»Es kann nicht anders sein. Unsere fähigsten Wissenschaftler überprüften die Rakete vor dem
Start und fanden keine Mängel. In einer Höhe von hundert Kilometer brach das Schiff auseinander
und stürzte ab.«
»Es gibt tausend Dinge, die ein Versagen bewirken können«, stellte Perry fest. »Sie haben
keine Beweise für Sabotage.«
»Ein Agent des Westblocks hatte sich an Bord geschlichen und den Reaktor …«
»Unsinn!« sagte Perry scharf. »Damit läßt sich eigenes Versagen nicht entschuldigen.« Er
spürte Ärger über das Mißtrauen der Asiaten. »Doch lassen wir das. Was also wollen Sie von
uns?«
Zum erstenmal sprach ihn Major Butaan an.
»Sind Sie freiwillig hier gelandet?« wollte er wissen.
Das war eine direkte Frage. Perry beschloß, ebenso direkt zu antworten.
»Ja. Wir hätten auch in der Sahara oder in Amerika landen können.«
»Und warum landeten Sie ausgerechnet hier?«
»Wir haben Gründe. Ich muß Sie bitten, dieses Gebiet künftig als den Bereich einer neutralen
Macht anzusehen, auch wenn es sich auf Ihrem Territorium befindet. Sie brauchen die Wüste nicht,
also entsteht für Sie kein wirtschaftlicher Nachteil. Wir garantieren Ihnen Nichteinmischung in
Ihre Angelegenheiten und Respektierung Ihrer Grenzen. Direkte Verhandlungen führen wir mit Ihrer
Regierung. Ihnen, Marschall Roon, würde ich empfehlen, die Truppen umkehren zu lassen, die
bereits auf dem Weg hierher sind, um das amerikanische Mondschiff als willkommene Beute zu
verladen. Haben wir uns verstanden?«
Major Butaan war einen Schritt zurückgetreten. Die Hand seiner Rechten lag auf dem Kolben
seiner schweren Pistole. Seine Lippen waren fest aufeinandergepreßt. In seinen Augen flackerte
es.
Marschall Roon hingegen hatte sich mehr in der Gewalt. Er lächelte mit entwaffnender
Höflichkeit.
»Sie scherzen, Mister Rhodan. Es ist unser gutes Recht, jeden Flugkörper, der auf unserem
Gebiet landet, zu untersuchen. Ergeben sich keine Verdachtsmomente, wird er freigegeben. Das mit
der neutralen Macht darf ich wohl als schlechten Witz auffassen …«
»Das liegt bei Ihnen. Ich habe Sie gewarnt. Und nun – leben Sie wohl. Sicher werden wir
uns noch einmal gegenüberstehen – bei einer anderen Gelegenheit.«
»Einen Augenblick!«
Major Butaan hatte seine Waffe gezogen und richtete sie auf Rhodan. Es war eine jener
großkalibrigen Pistolen, die Sprengmunition verschossen.
Rhodan verschränkte die Arme vor der Brust. Er konnte förmlich spüren, wie Bully knapp achtzig
Meter hinter
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