Silberband 002 - Das Mutantenkorps
Deringhouse und fand plötzlich seine Ruhe wieder. »Hör zu: Du fliegst allein nach Rofus zurück. Ich bleibe hier. Mein Aggregat ist ausgefallen, ich würde es niemals schaffen.«
Klein machte heftige Einwände.
»Wir könnten irgendwo landen. Ich würde dich übernehmen.«
»Mach keinen Unsinn!« fuhr ihn Deringhouse an. »Du weißt, daß das unmöglich ist. Melde Rhodan, daß ich versuche, mich durchzuschlagen. Nach Möglichkeit werde ich es vermeiden, den Topsidern in die Hände zu fallen. Ich halte mich nach Süden, um so nahe wie möglich an das Gebiet der Sichas heranzukommen.«
»Aber …«
»Flieg nach Hause!« rief Deringhouse. »Keine Einwände mehr! Das ist ein Befehl, Captain Klein!«
Er hörte Klein schlucken.
»Jawohl, Major!«
Deringhouse sah den unbeschädigten Jäger senkrecht davonschießen. Sekunden später war er nur noch auf dem Tasterschirm zu sehen, dann verschwand er auch dort.
Seufzend wandte Deringhouse den Blick ab und begann, sich um sein eigenes Problem zu kümmern. Die lädierte Maschine stieg bis zu einer Höhe von achtzig Kilometern, dann war die Fahrt aufgezehrt. Rechtzeitig kippte Deringhouse sie vornüber und drückte sie nach unten, bis sie wieder so viel Fahrt aufgenommen hatte, daß er sie in etwa fünfzehn Kilometer Höhe mit seinen anderthalb Tragflächen stabilisieren konnte.
Thorta lag weit hinter ihm. Das Gelände unter ihm war von einem Gewirr breiter Straßen durchzogen. Er sah kleine Städte, gewaltige Industrieanlagen und weit am Horizont die blaue, verschwommene Linie der Berge, in denen die Sichas lebten.
Die Entfernung betrug mehr als vierhundert Kilometer, und so weit würde er nicht mehr kommen. Alles, was er brauchte, war eine Gegend, über der er abspringen konnte, ohne einem topsidischen Suchkommando in die Arme zu fallen.
Die Städte wurden weniger. Waldstücke tauchten auf, und die Straßen liefen in größerer Entfernung voneinander. Der Verkehr war mäßig.
Deringhouse drückte die Maschine langsam und vorsichtig nach Osten hinüber. Er hatte Erfolg. Die Straßen wurden noch weniger und die Waldgebiete größer. Eine kleine Stadt zog unter ihm dahin. Da schaltete er die Zeitzündung des Desintegrators ein und schlug mit der geballten Faust auf den Auslöser des Kanzelauswurfs.
Es gab einen mörderischen Ruck, den kein Neutralisator mehr dämpfte, und für ein paar Sekunden wurde es Deringhouse schwarz vor den Augen.
Dann starrte er auf den Bildschirm. Die führerlose Maschine torkelte davon. Er sah, wie sie sich auf den Kopf stellte und senkrecht hinunterschießen wollte, aber im selben Augenblick wurde die gesamte Energie des Desintegrators frei, und was übrigblieb, war eine Staubwolke, die sich zunächst mit der gleichen Geschwindigkeit wie die Maschine weiterbewegte, dann zerfloß und schließlich in alle Winde zerstob.
Deringhouse zwang sich dazu, nicht mehr an den Verlust zu denken. Rhodan würde sich nicht freuen, wenn er erfuhr, daß einer der Raumjäger verlorengegangen war.
Hoffentlich erklärt ihm Klein, dachte Deringhouse, daß demnächst niemand mehr bis in die Nähe des Schlachtschiffs fliegen durfte.
Unter der ausgeworfenen Kanzel lag parkähnliches Waldgelände, das mit rasender Geschwindigkeit näher kam. Dann öffnete sich der Fallschirm und versetzte Deringhouse einen zweiten schmerzhaften Stoß.
Es war nicht die praktischste Gegend, die er sich hatte aussuchen können, aber wenigstens gab es nirgendwo in der Nähe eine Straße. Die kleine Stadt, die er zuletzt überflogen hatte, lag mehr als dreißig Kilometer entfernt im Westen. Die Kanzel drang krachend und berstend durch das Laub der Bäume. Deringhouse klammerte sich an seinen Sitz und war froh, als er den dritten Ruck vom Aufprall auf dem Boden schließlich auch hinter sich hatte. Er öffnete das Plastikdach und stieg in aller Eile hinaus. Dabei stolperte er und fiel zu Boden. Als er wieder hochkam, hielt er den Neutronenstrahler in der Hand. Aber es war niemand da, auf den sich zu schießen gelohnt hätte.
Im gleichen Augenblick begriff Deringhouse, daß in den kommenden Tagen nicht die Topsider, sondern etwas ganz anderes ihm die größten Schwierigkeiten machen würde: die Gravitation Ferrols.
Sie betrug 1,4 g, und er hatte es die ganze Zeit über gewußt, aber nicht daran gedacht. Nicht daß die Muskeln eines kräftigen Mannes die Schwere von 1,4 g nicht ohne weiteres ertragen hätten. Der Nachteil der höheren Schwerkraft war allein psychologischer Natur.
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