Silberband 004 - Der kosmische Lockvogel
fraßen sich pro Sekunde etwa zwanzig Zentimeter
tief in den Fels hinein.
Der Gang, durch den Tiff den Springern zu entkommen hoffte, wuchs rapide.
Tiff beteiligte sich nicht daran, den Gang vorwärtszutreiben. Er machte sich an dem Gepäck zu
schaffen, das Gucky mitgebracht hatte, und entnahm ihm eine Reihe handgranatenähnlicher
Gebilde.
Tiff ging von der Annahme aus, daß die Springer über kurz oder lang die Höhle entdecken und in
sie eindringen würden. Ebenso würden sie den Gang finden, den die Desintegratoren in das Gestein
gefressen hatten, und sie brauchten dem Gang nur zu folgen, um die, denen sie auf den Fersen
waren, mit Sicherheit zu finden und wieder einzufangen.
Höhle und Gangmündung mußten also vernichtet werden, sobald die Springer die Höhle fanden.
An und für sich war es eine einfache Aufgabe. Die kleinen Granaten besaßen primitive, aber für
Tiffs Zwecke völlig ausreichende Zeitzündervorrichtungen. Er brauchte die Handgranaten nur in die
Wandrisse zu stecken, die Zeitzündung einzustellen und in den Gang hineinzulaufen.
Nur – Gucky war noch nicht da. Wenn er von seinem Unternehmen zurückkehrte, dann würde er
sich die Höhle als Endpunkt seiner Teleportation aussuchen, und Tiff wollte ihn auf keinen Fall
dem Risiko aussetzen, mitten in die explodierende Höhle hineinzugeraten oder den nachdrängenden
Springern in die Hände zu fallen.
Die Zeitspanne, die Gucky mit den Kadetten vereinbart hatte, war bis auf eine halbe Stunde
verstrichen. Tiff hatte sich fest vorgenommen, diese halbe Stunde abzuwarten, mochte kommen, was
da wolle.
Um Moses und die anderen brauchte er sich keine Sorgen zu machen. Moses bahnte den Weg, und im
Lauf einer halben Stunde würden sie etwa vierhundert Meter zurückgelegt haben. Das war fürs erste
eine sichere Entfernung.
Tiff hatte durch Gucky von dem telepathischen Zellsender erfahren, den man ihm ohne sein
Wissen in den Körper gepflanzt hatte. Er wußte, daß Gucky als Telepath ihn mit Hilfe dieses
Senders an jedem Ort in zwei Lichtjahren Umkreis aufspüren konnte.
Wenn er den anderen folgte und in den Gang hineinkroch und somit Gucky zu verstehen gab, daß
er, Tiff, sich nicht mehr in der Höhle aufhielt, würde der Mausbiber vielleicht auch seine
Teleportationsrichtung ändern.
Vielleicht. Nichts als vielleicht.
Man mußte abwarten, wie die Lage sich entwickeln würde.
Tiff hörte das dumpfe Poltern, als das Einsatzstück der vorletzten Trennwand
herausgestoßen wurde.
Er zog die Waffe noch dichter zu sich heran, so daß auch die Mündung des Laufes noch von dem
unsichtbar machenden Deflektorfeld umhüllt wurde.
Noch vier Minuten bis zum Ablauf der halben Stunde. Die Handgranaten waren darauf eingestellt,
zehn Minuten nach Ablauf dieser Frist zu detonieren. Wenn Gucky nicht rechtzeitig zurückkam, dann
würde der Schreck, den Tiff den Springern einzujagen gedachte, wenigstens zehn Minuten lang
ausreichen müssen.
Und dann kamen sie.
Vorsichtig huschten sie um die Ecke der Trennwand und schnellten mit wuchtigen Sprüngen sofort
zur Seite, so daß Tiff sie schräg vor sich hatte.
Er wollte sie nicht töten.
Er hob den Lauf der schweren Waffe, drückte ab und schoß eine Salve geringer Energien gegen
den Felsen. Der Erfolg war verblüffend.
Von einem Augenblick zum anderen begann die Decke zu glühen, zu schmelzen und zu verdampfen.
Weißglühende Gesteinsbrocken regneten herab, schlugen zischend auf den noch kalten Boden und
versprühten Schauer von Funken nach allen Richtungen. Dämpfe erfüllten den kleinen Zwischenraum
und verwischten die Umrisse. Tiff sah wild springende Schatten, die nichts Eiligeres zu tun
hatten, als sich um die nächste Trennwand herum vor dem wütenden Feuerwerk zu retten.
Lachend gab er den nächsten Schuß auf die Trennwand ab. Im Nu verwandelte sie sich in
glühende, zähflüssige Masse, rutschte in sich zusammen und gab durch eine Wolke grünlichen
Gesteinsdampfes hindurch den Blick auf die dritte Wand frei.
Die Springer befanden sich in wilder Flucht. Tiff sah den letzten von ihnen durch die
übernächste Lücke hüpfen und zerschoß dicht hinter ihm auch die dritte Wand.
In diesem Augenblick hörte er in seinem Empfänger die lustige, lispelnde Stimme: »Gut gemacht,
mein Junge! Brav so!«
Er fuhr herum.
Mitten in der Höhle, in der Nähe der letzten Lampe, saß Gucky.
Tiff atmete auf und schaltete das Deflektorfeld aus. Im selben Augenblick wurde er für Gucky
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