Silberband 004 - Der kosmische Lockvogel
herausgerissen, es wird ionisiert. Dadurch erhält das Gas völlig neue Eigenschaften, es
wird elektrisch leitfähig und strahlt große Lichtmengen aus. Diesen Zustand bezeichnet man als
Plasma. – In Lichtbogenlampen und Schweißlichtbögen macht man sich diese Eigenschaften schon
sehr lange zunutze. Dabei werden bei einer Spannung von ca. 100 Volt zwischen den Elektroden 20
Kilowatt in Wärme umgesetzt, die die Luft in der hellen Lichtbogensäule auf 11.000 Grad anheizt.
Da es prinzipiell keine obere Grenze für die erzeugbare Temperatur gibt, die durch Aufheizung
eines Gases entsteht, konnte man bisher in Lichtbögen Temperaturen bis zu 50.000° Celsius
erzielen. Das Schwierigste bei der Verwendung des Plasma-Triebwerks in der Raumfahrt ist die
dabei erzeugte hohe Temperatur, die eine spezielle Kühlung der Brennkammerwände notwendig macht.
Die Ausführung eines Triebwerksmodells für 20 Kilowatt Leistung wurde bereits im Jahre 1963 vom
DVL-Institut für Plasmadynamik während des III. Europäischen Raumfahrtkongresses in Stuttgart im
Betrieb vorgeführt. Das Triebwerk befand sich in dem Deckel eines Vakuumtanks, der bis auf einen
Druck von 1 Torr abgepumpt werden kann (normaler Luftdruck etwa 760 Torr). – In einem
Raumflugkörper wäre natürlich eine Wasserkühlung nicht möglich. Ein Raumflugkörper muß
unerwünschte Wärmeenergie abstrahlen, darum müßte auch der Plasma-Antrieb strahlungsgekühlt sein,
d.h. die in die Brennkammerwände eindringende Wärme muß an der Außenfläche des Triebwerks bei
hoher Temperatur in den Raum abgegeben werden. Eine weitere Schwierigkeit bei der praktischen
Nutzung besteht darin, daß die bisher erprobten Testmodelle nur bis zu 30 Kilowatt Leistung
abgeben und daß trotz hoher Ausströmgeschwindigkeit der Schub nur wenige hundert Pond beträgt.
(Pond = der 1.000. Teil eines Kiloponds – Kilopond: eine Krafteinheit; die Kraft, die die
Masse 1 kg im normalen Schwerefeld der Erde ausübt). Dazu muß gesagt werden, daß diese
Plasma-Triebwerke nicht zum Start von der Erde aus konstruiert wurden, sondern der Beschleunigung
und Verzögerung von Fahrzeugen im Raum dienen sollen. Berechnungen ergaben, daß ein Triebwerk mit
geringem Schub, langer Betriebszeit und optimaler Ausströmgeschwindigkeit jedem chemischen
Triebwerk mit großem Schub und wegen des hohen Treibstoffverbrauchs nur kurzer Betriebszeit bei
geringerer Ausströmgeschwindigkeit weit überlegen ist. Allerdings muß man beim Betrieb im Raum
das Problem lösen, woher man die erforderliche elektrische Energie bezieht. Bei relativ niedrigen
Leistungen bis zur Größenordnung von 10 Kilowatt könnte man Sonnenspiegel verwenden, die die
Sonnenstrahlung auf einen Quecksilberdampf-Kessel konzentrieren. Eine vom erhitzten
Quecksilberdampf angetriebene Turbine würde dann einen elektrischen Generator antreiben, der die
für das Plasma-Triebwerk benötigte elektrische Energie liefert. Bei größeren elektrischen
Leistungen müßte man kleine und leichte Kernreaktoranlagen verwenden. In den USA befindet sich
die SNAP-Serie in Entwicklung, Kleinreaktoren mit spezifischen Leistungen zwischen 0,01 und 0,1
Kilowatt pro Kilogramm Gewicht. Allerdings sind diese Anlagen zu schwer im Vergleich zur
abgegebenen elektrischen Leistung. – Das alles aber sind nur die Anfänge einer Entwicklung,
die unaufhaltsam weitergehen wird, da ihr kein Naturgesetz entgegensteht. Die Wissenschaft von
der Energiewandlung beschäftigt sich seit langem mit dem Problem einer Leistungssteigerung, da es
sich dabei um ein internationales Problem der Energiewirtschaft überhaupt handelt. Andererseits
sind die Möglichkeiten zur Plasmabeschleunigung noch lange nicht erschöpft. Man beschäftigt sich
bereits mit Versuchen, die elektrische Aufheizung mit einer elektromagnetischen Beschleunigung zu
kombinieren. Mit diesem Verfahren wären Strahlgeschwindigkeiten bis zu 100 km/sec erreichbar.
Raum und Zeit –
Es gibt zwei verschiedene Auffassungen des Raumes, und zwar die der euklidischen
und der nichteuklidischen Geometrie, die als zwei verschiedene Stufen in der Vertiefung unserer
Kenntnisse über das Wesen des Raumes zu betrachten sind (Raum). Andererseits sind die
Auffassungen vom Raum eng mit den Auffassungen von der Struktur der Materie verbunden. Während so
für die atomistische Lehre ein leerer Raum existiert, kann nach der Auffassung Descartes ein
solcher nicht existieren. Die Materie, in
Weitere Kostenlose Bücher