Silberband 004 - Der kosmische Lockvogel
Wozu das Morsealphabet in einem Zeitalter, da es Bildsprechverbindung
über interplanetarische Strecken hinweg gab?
Eberhardt morste: Kommen Sie unbewaffnet heraus.
Es erfolgte keine Antwort, aber eine Minute später öffnete sich das Schott. Die in den Raum
entweichende Luft hätte Eberhardt fast mitgerissen, aber er klammerte sich an einer verbogenen
Strebe fest. In der Rechten hielt er seinen Impulsstrahler schußbereit.
Er sah zuerst einen Arm, der sich vorsichtig nach hinten tastete, dann erschien der Rücken
eines Raumanzugs. Es war der gleiche Raumanzug, wie ihn die Kadetten der Akademie trugen. Also
mußte er auch …
Eberhardt verfluchte sich, weil er nicht sofort auf den Gedanken gekommen war. Mit einem
schnellen Griff schaltete er das Funksprechgerät ein. Vielleicht war der andere längst auf
Empfang.
Die Stimme des Mannes klang auf: »… es gut, wenn Sie mich zum Mars zurückbrächten.«
Eberhardt horchte auf. Zum Mars wollte der Mann? Was ging dort vor?
»Drehen Sie sich um und heben Sie die Hände!« befahl er.
Der Fremde gehorchte.
»Wo sind die anderen Besatzungsmitglieder?«
Zu Eberhardts Überraschung lautete die Antwort: »Ich bin allein.«
Der Mischling war waffenlos, das ließ sich auf den ersten Blick erkennen. Eberhardt ging in
die Zentrale des Wracks und überzeugte sich davon, daß sie verlassen war. Der Bursche mußte das
Schiff allein geflogen haben.
Eberhardt verließ die Zentrale und stellte befriedigt fest, daß der andere sich nicht von der
Stelle gerührt hatte. »Schweben Sie voran.«
Der Fremde gab keine Antwort, sondern stieß sich ab. Schwerelos glitt er davon und landete
neben der Luke auf der Hülle der Z-82.
Eberhardt folgte ihm mit gemischten Gefühlen. Für seine Begriffe ging das alles zu
reibungslos. Der andere mußte doch wissen, daß ihm wenig Angenehmes bevorstand. Warum ließ er
alles widerstandslos mit sich geschehen?
Tiff erwartete den Gefangenen in der Zentrale. Er wartete geduldig, bis der Mischling den Helm
abgenommen hatte, und studierte dann dessen Gesicht. Es machte einen überraschend offenen
Eindruck. In den Augen standen Verwunderung, Angst und Unentschlossenheit. Die Lippen waren eng
zusammengekniffen. Das energisch vorgeschobene Kinn verriet Tatkraft und Energie, aber das
widersprach wiederum der Art, mit der der Mann sich in sein Schicksal ergab.
»Sie sprechen Englisch?« fragte Tiff.
Der Mischling nickte.
»Sie haben uns grundlos angegriffen«, fuhr Tiff fort. Er dachte an Captain Hawk. »Ich will
wissen, in wessen Auftrag Sie handelten und warum Sie es taten.«
»Ich darf nicht sprechen«, murmelte der Mischling und schloß dann die Lippen, als wolle er
verhindern, daß ihm ein unbedachtes Wort entschlüpfte.
»So, Sie dürfen nicht sprechen?« wunderte sich Tiff, während seine Gedanken sich überschlugen.
Vielleicht waren sie da durch Zufall auf eine große Sache gestoßen.
»Dann werden andere Sie zum Sprechen bringen. Kadett Eberhardt, schließen Sie den Gefangenen
in der Zelle ein und nehmen Sie ihm den Helm ab, damit jeder Fluchtversuch illusorisch wird.«
Er sah zu, wie sich der Gefangene abführen ließ, unbeteiligt, als ginge ihn das alles nichts
an. Er wartete, bis Eberhardt zurückkehrte.
»Kurs zur Erde«, beschloß Tiff. »Nehmen Sie Verbindung mit der Kommandozentrale auf und melden
Sie den Vorfall. Ich nehme an, man wird sich dafür interessieren.«
Noch während die Z-82 in den Raum hineinschoß und das treibende Wrack seinem Schicksal
überließ, eilten die Funkwellen dem Schiff voraus. Eberhardt schilderte alle Einzelheiten des
Überfalls, meldete den tragischen Tod Captain Hawks und war zutiefst überrascht, als er plötzlich
von einem besonders starken Sender unterbrochen wurde.
Eine aufgeregte Stimme fragte: »Wie sah das Schiff aus, das Sie angriff?«
Eberhardt schaltete überraschend schnell. »Es war ein Zerstörer gleichen Typs. Der Vorfall ist
uns unerklärlich.«
»Sie machten einen Gefangenen?«
»Ja. Wer sind Sie überhaupt?«
»Sicherheitszentrale der Dritten Macht, Reginald Bull.«
Eberhardt warf Tifflor einen hilfesuchenden Blick zu. Nun bestanden keine Zweifel mehr daran,
daß sie in eine große Sache hineingeraten waren.
7.
Im Hauptquartier der Dritten Macht saß Perry Rhodan an seinem Schreibtisch und
blickte zu einem der vielen Bildschirme, auf dem sich das sorgenvolle Gesicht Reginald Bulls
abzeichnete.
»Einer der gestohlenen Zerstörer ist
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