Silberband 004 - Der kosmische Lockvogel
Minuten.«
Rhodan winkte wortlos in die Aufnahmeoptik hinein. Dann unterbrach er die Verbindung.
»Du willst es also riskieren?« erkundigte sich Bull gedehnt. »Man sollte Tifflor vorher
fragen, ob er damit einverstanden ist.«
»Wenn in seinem Gedächtniszentrum nur ein Funke der Ereignisse verankert ist, wird er
gefährdeter sein als auf andere Weise. Wir werden ein kosmisches Spielchen spielen, alter
Freund.«
Bull stülpte die Schirmmütze über den Schädel. Lautstark stampfte er auf das Panzerschott der
Arbeits- und Schlafzentrale zu.
»Man wird ja nicht mehr um seine Meinung gefragt«, nörgelte er. »Ich halte es für eine
verrückte Idee. Der Angriff ist noch immer die beste Verteidigung.«
»Wo und was willst du angreifen?« forschte Rhodan.
Bull verkniff die Lippen.
Da lag das Problem verankert. Was sollte man angreifen, wenn es nichts Faßbares gab?
18.
Kadett Julian Tifflor sah auf die Uhr. Er trat vor den Wandschrankspiegel und warf
einen letzten Blick auf die Uniform.
»Bißchen nervös, eh?« fragte jemand. Tifflor fuhr zusammen.
Humpry Hifield, sein strohblonder Zimmernachbar, lümmelte auf seinem Schaumstofflager
herum.
Hump wußte sehr genau, was er gegenüber Tifflor aufzubieten hatte. Wenn Tiff als das
mathematische Genie der Space Academy galt, so war Humpry Hifield bei den letzten
Boxmeisterschaften als Sieger hervorgegangen. Für Humps Begriffe waren Kosmo-Mathe und Boxkunst
ungefähr identisch.
»Ruhig, Junge, ruhig«, sagte Kadett Eberhardt warnend. Er war der dritte Bewohner des Raumes.
Schnaufend trat er neben Tifflor, dessen Zorn sich sofort wieder verlor. Hilflos sah er den
Mitschüler an.
»Wenn ich vor Rhodan stehe, werde ich bestimmt ohnmächtig«, bekannte er düster.
Hump Hifield wuchtete seinen Körper vom Lager hoch. Wiegenden Ganges trat er näher, die
kräftigen Hände tief in den Hosentaschen versteckt. Er war ebenso groß wie Tifflor, nur fast
doppelt so breit. »Ich sage ja immer, daß verträumte Schwätzer nichts für den Raum taugen. Ehe du
gehst, brauche ich noch die Schirmfeldgleichung über die Beziehung zwischen kosmischer
Mikromaterie und einem überlagernden Gravofeld. Also, wie ist das?«
»Den Teufel werde ich tun. Suche dir die Gleichung heraus«, sagte Tiff aufgebracht.
»Zuviel Arbeit«, sagte Hump gedehnt. »Du hast noch eine Stunde Zeit. Meine Vorlesung beginnt
in dreißig Minuten.«
»Wie wäre es, wenn du dem Mathe-Pauker deine Faust unter die Nase hieltest?« erkundigte sich
Eberhardt.
»Halte dich heraus, Dicker«, warnte Hifield. »Wenn ich rede, hast du große Pause, klar?«
»Haltet doch Ruhe«, warf Tiff nervös ein. »Verdammt, ich habe jetzt andere Sorgen.«
»Huch, das Küken flucht«, staunte Hump. »So etwas. Nicht möglich!«
Tiff schloß krampfhaft die Augen. Hifields lautstarkes Gelächter traf ihn zutiefst.
»Einmal wird dir einer deinen großen Mund schließen«, sagte Eberhardt. »Das aber so gründlich,
daß du ihn nie mehr aufkriegst.«
»Willst du Meldung machen?« fragte Hump flüsternd. Seine Schultern krümmten sich nach
vorn.
Er entspannte sich ruckartig, als jemand gegen die Tür klopfte. Plötzlich zeigte Hump ein
joviales Lächeln.
Eberhardt wandte sich ab.
»Radfahrer«, knirschte er. »Nach oben immer schön den Buckel krumm. Nach unten tritt sich's
besser.«
Die drei Kadetten nahmen Haltung an. Es war aber kein Vorgesetzter.
»Darf man hereinkommen?« fragte eine helle Stimme.
»Das ist verboten«, meinte Tiff hastig. »Himmel, bringe dich nicht in Ungelegenheiten. Mädchen
haben hier nichts zu suchen.«
Mildred Orsons, Kosmo-Bakteriologie-Studentin im CB-Institut der SpA, schleuderte mit ihrer
typischen Kopfbewegung die pechschwarzen Haare in den Nacken. Geschmeidig trat sie ein.
Kritisch musterte sie Tiffs Erscheinung.
»Umdrehen«, kommandierte sie. »Hm, der Gürtel sitzt wieder schief. Ich bin nur gekommen, um
dir zu sagen, daß dich Deringhouse persönlich unter die Lupe nehmen wird. Auf dem Gürtel ist auch
ein dunkler Fleck. Schlecht, mein Lieber, sehr schlecht.«
Tifflor sank von einer Verlegenheit in die andere. War es ein gutes Zeichen, daß die überall
verehrte Milly Orsons so um sein persönliches Wohlergehen besorgt war?
»Ich – ich werde das beseitigen«, versprach er hastig. »Aber bitte, geh' jetzt. Wenn man
dich in der Kadettenabteilung erwischt, bekommst du Schwierigkeiten.«
Millys dunkle Augen sprühten Feuer.
»Es ist ungerecht, einen
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