Silberband 007 - Atlan
sah sie geradeaus, ihr Gang
wirkte plötzlich verkrampft. Fast körperlich erlebte Lloyd ihren innerlichen Kampf mit. Es wurde
ihm immer klarer, daß dieses Mädchen Ralph Sikeron sehr gern gesehen hatte und so etwas wie eine
Freundin des Agenten geworden war.
»Ich bin Asarguds Freund«, redete Fellmer Lloyd ihr zu. »Ich gehöre nicht zu den sieben
anderen, die gestern auch nach ihm gefragt haben.« Das mußte sie jetzt verstehen. Sie riß
den Kopf herum, und mit ihren ausdrucksvollen, dunklen Augen blickte sie ihn prüfend an
Ralph Sikeron, Terras kosmischer Agent, war im Einsatz auf Volat ums Leben
gekommen, war ermordet worden, und die Leiche war verschwunden.
Fellmer Lloyd brauchte nicht mehr zu versuchen, mit dem Ultra-Horcher in Verbindung zu treten.
Es gab keinen Ralph Sikeron mehr.
Kuri Oneré, das junge Mädchen aus der Uxlad-Sippe, hatte ihn nicht gebeten, das Geheimnis
keinem Menschen preiszugeben, sie hatte ihn auch nicht aufgefordert, Ralph Sikerons Tod zu
rächen – sie hatte ihn nur mit ihren dunklen Augen eindringlich angesehen und auf die
Reaktion auf ihrer Nachricht gewartet.
»Warum tun Sie das für Asargud, Kuri?« fragte Lloyd, obwohl er mittels seiner telepathischen
Kräfte ihre Gedanken längst kannte.
Kurz flammte es in ihren Augen auf. Ihre Lippen wurden blaß und streng. Ihre Antwort kam
sofort: »Weil er anständig war, Preboner.«
»Kuri, Sie sind doch auch …«
Sie warf den Kopf stolz in den Nacken. »Ja, ich bin eine Angehörige der Galaktischen Händler.
Bis vor acht Jahren war unsere Sippe noch reich und mächtig. Achtunddreißig Raumschiffe besaß
mein Vater, bis die Uxlad-Sippe immer mächtiger wurde und uns auf betrügerische Art um das
Sgok-Monopol brachte. Schon ein Jahr später war mein Vater ruiniert, und ich muß jetzt mein Brot
bei dieser Uxlad-Sippe verdienen.«
Unversöhnlicher Haß flammte in ihren Augen auf, unversöhnliche Gedanken arbeiteten hinter der
hohen Stirn des Mädchens. Kuri Oneré besaß keine Eltern und Angehörigen mehr. Darum vielleicht
hatte sie sich Ralph Sikeron angeschlossen, aber mehr als das, was sie Lloyd gerade erzählt
hatte, wußte sie auch nicht.
Unauffällig stellte er weitere Fragen, spielte auf die Arkon-Verwaltung des Volat-Planeten an
und daß Morde im Bereich des Großen Imperiums streng geahndet würden.
»Hat Asargud denn nie davon gesprochen, daß er Feinde hatte, Kuri?«
»Nie, Preboner. Aber als ich ihn das letzte Mal sah, da wirkte er auf mich wie ein Mensch, der
etwas Entsetzliches entdeckt hat. Er war aufgeregt, obwohl er es nicht zeigen wollte. Er hatte
kaum Zeit, mit mir einige Worte zu wechseln, er muß geahnt haben, daß er bald sterben mußte, und
ich – ich habe es gar nicht so wichtig genommen. Doch ich glaube, er hat eine Botschaft
hinterlassen.«
»Eine Botschaft?« echote Lloyd.
»Ich soll einen Freund zur Allweisen Mutter schicken. Ja, das sagte er mir beim letzten
Zusammentreffen.«
»Die Allweise Mutter?« Fellmer Lloyd hütete sich zu lachen. Mit dieser Bezeichnung konnte doch
nur ein Eingeborener von Volat gemeint sein. Er hatte einige davon gestern abend zum erstenmal
gesehen und beobachtet.
Die Eingeborenen dieser Welt waren aus einer Insektenrasse hervorgegangen und hatten bis zur
Kolonisierung durch die Arkoniden auf ihrem Planeten ein ungetrübtes Leben geführt. Die Volater
wirkten auf jeden, der Umgang mit Nichthumanoiden nicht gewohnt war, grotesk. Mit ihrem
dünngliedrigen Aufbau, ihren Insektenbeinen, der braunschwarzen, stellenweise verhornten Haut,
den übergroßen Facettenaugen und den Fühlern darüber sahen sie nicht nur harmlos und äußerst
friedfertig aus, sondern sie waren es auch. Ihre Verachtung, die sie den Arkoniden und Springern
entgegenbrachten, kam nicht aus falschem Stolz, sondern wuchs aus ihrer Lebensauffassung.
Kuri sagte: »Asargud ist das gelungen, was bis heute jedem Springer versagt blieb: Verbindung
mit den Volatern aufzunehmen.«
In diesem Moment verließ ein Springer den Antigrav und betrat den Gang. Fast körperlich fühlte
Fellmer Lloyd mit dem Galaktischen Händler auch die Gefahr näher kommen. Zum Ausweichen blieb
keine Zeit mehr.
Der Springer ging an ihnen vorbei und sah ihnen neugierig ins Gesicht. Er grinste, als er Kuri
Oneré erkannte, und machte im Vorbeigehen eine dumme Bemerkung im Springer-Dialekt.
Aber schon zwei Schritte weiter blieb er stehen, musterte Fellmer Lloyd scharf und fragte
lauernd: »Wollen
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