Silberband 010 - Thora
Körperfülle des Mathematikers schien dem Seelenarzt recht zu geben.
In diesem Augenblick erhielt Hunter eine Lochkarte durch die Rohrpost über seinem Sitzplatz
zugestellt. Er klaubte sie aus dem Kasten.
»He, Ben!« rief er mürrisch.
Ein schräg hinter ihm sitzender Mann erhob sich und kam zu ihm herüber. Hunter schwenkte die
Karte.
»Was glaubst du wohl, haben die Leute wieder im Sinn?« fragte er.
Ben betrachtete das Papier und las den Aufdruck.
»Eppan«, sagte er nur und schnalzte mit der Zunge.
»Natürlich«, sagte Hunter. »Das gesamte positronische Auswertungslabor der Solaren Abwehr ist
auf der Jagd nach Molekülverformern. Auf Befehl von Mercant.« Er blies die Backen auf, was ihm
das Aussehen eines übersättigten Goldhamsters verlieh. »Wie ich hörte, hatte der gute Mercant
nichts anderes zu tun, als einen Schnellen Kreuzer mit zwei Mutanten nach Eppan zu schicken, um
herauszufinden, ob dieser geheimnisvolle Mataal Spuren hinterlassen hat.«
Er nahm einige Schaltungen an dem Positronengehirn vor. Kontrollampen leuchteten auf. Ben
beugte sich über Hunters Schulter.
»Mercants Idee war durchaus richtig«, sagte er. »Die Mutanten fanden in der Unterkunft Mataals
Unterlagen, die uns Rückschlüsse auf andere Molekülverformerraumschiffe geben können.«
Ein Summen ertönte, und Hunter schob die Lochkarte in den vorgesehenen Schlitz der
Programmierungstasche.
»Molekülverformerraumschiffe«, wiederholte er. »Was für ein Wort.«
»In der augenblicklichen Situation gibt es für das Solare Imperium nur eine Möglichkeit:
Starke Freunde gewinnen«, erklärte Ben dozierend.
Hunter schnaubte verächtlich.
»Ich sehe Rhodan schon Hand in Hand mit einem dieser netten Wesen durch die Straßen von
Terrania spazieren«, behauptete er. »Du weißt, welche Schwierigkeiten Everson mit Mataal hatte.
Wenn Goldstein sich nicht aus der geistigen Klammer des Molekülverformers gelöst hätte, säßen wir
wahrscheinlich jetzt nicht hier.«
Die bisherigen Auswertungen hatten den Spezialisten der Solaren Abwehr bereits einige
Anhaltspunkte gegeben. Die von Allan D. Mercant nach Eppan befohlenen Mutanten hatten winzige
Metallfolien mitgebracht, die sie bei der Durchsuchung von Mataals Wohnung entdeckt hatten. Das
Haus des falschen Gladiators war von den Eppanern unberührt geblieben, da sie davon überzeugt
waren, daß ihr Matador eines Tages zurückkehren würde.
Es zeigte sich rasch, daß es sich bei den dünnen Folien um Aufzeichnungen handelte. Den
Fachleuten gelang es, mit Hilfe der Spezialpositroniken die fremde Sprache teilweise zu
übersetzen. Die ersten Ergebnisse wiesen darauf hin, daß außer dem verunglückten Schiff Mataals
ein zweites unterwegs gewesen war. Es bestanden berechtigte Hoffnungen, den Zielplaneten des zweiten Schiffes herauszufinden.
»Zerbrich dir nicht den Kopf über die Politik deiner Vorgesetzten«, sagte Ben zu Hunter. »Wenn
es uns gelingt, die Molekülverformer zu entdecken und als Verbündete zu gewinnen, dann können wir
uns sicherer fühlen.«
Hunters Wunsch nach Sicherheit schien bereits vor Jahren erloschen zu sein, denn er lächelte
nur spöttisch. Die Positronik unterbrach ihre Diskussion. Der Auswertungssektor setzte sich in
Betrieb. Die Maschine war jetzt dabei, die ihr zugeführten Daten zu einem logischen Ergebnis zu
verarbeiten.
»Es geht um die Ortsbestimmung«, bemerkte Hunter. »Mercant möchte wissen, mit welcher
Sicherheit die Maschine die kosmische Position des Zielplaneten, den das zweite
Molekülverformerraumschiff anfliegen sollte, angeben kann.«
Er tätschelte beinahe liebevoll die Plastikumrandung der Positronik.
Zwei Stunden später hielt er das Ergebnis in seinen Händen. Selbst für eine derartige
Robotrechenmaschine war es von erstaunlicher Prägnanz: Mit 95,639prozentiger Sicherheit hatte das
positronische Gehirn den Zielplaneten herausgefunden.
Der große Kahlkopf des Mannes war von einem schütteren Haarkranz mit goldblonder
Färbung umgeben. Der Mann war klein, sein Gesicht zeigte einen wohlwollenden Ausdruck.
So kam er den Flur herunter, eine lebhafte, schlanke Gestalt, die durch ihre ganze Erscheinung
Optimismus verbreitete. Vor einer breiten Tür blieb er stehen.
»Hier Mercant«, sagte er in ein Wandmikrophon. »Darf ich hereinkommen?«
»Nur zu«, erklang eine auffordernde Stimme.
Allan D. Mercant wußte, daß der Mann, dem er in wenigen Sekunden Auge in Auge gegenüberstehen
würde, mit Sorgen
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