Silberband 010 - Thora
lächerlich«, sagte er, »aber ich habe mir fest gewünscht, daß es eine
Öffnung geben müßte – und da war sie schon.«
»Interessant«, murmelte der Oberst. Er fragte sich, warum es ausgerechnet den Biologen
erwischt hatte, von dem man sonst behaupten konnte, daß er ein ausgesprochen dickes Fell
besaß.
»Ich werde mich einmal draußen umsehen«, kündigte Weiß an.
Armer Junge, dachte Everson. Du wirst eine schöne Überraschung erleben, wenn dein Schädel
gegen feste Materie prallt.
Aber es war Everson, der eine Überraschung erlebte.
Weiß ging einfach durch die Wand.
Dr. Morton schaltete seine Lampe ein und blickte sich um. Hinter ihm war der
Einstieg. Sie waren jedoch nicht hereingeklettert, um die Wüste einmal von diesem Punkt aus zu
betrachten. Pentsteven trat neben den Arzt. Er schwang seinen Scheinwerfer wie eine Waffe und
verdrehte den Hals, um alles rechtzeitig zu erkennen, wenn der Lichtschein darauf fiel. Sergeant
Delaney, ein kleiner, vierschrötiger Mann, leuchtete den Boden ab. Eiji Tanaka, der Astronaut,
hatte seine Daumen in den Gürtel des Schutzanzugs gehakt und wartete.
Über ihnen befand sich ein Loch, das groß genug war, um nötigenfalls einen Elefanten
hindurchzubringen. Mehrere Metallstreben verschiedenen Durchmessers führten darin nach oben. In
zehn Meter Höhe stießen sie auf eine Zwischenwand, in der sich wiederum ein Durchgang zeigte. An
den Wänden befanden sich unzählige Erhöhungen und Ausbuchtungen verschiedener Größe, deren
Bedeutung man noch nicht einmal ahnen konnte.
»Wir werden an den Stangen hinaufklettern«, sagte Dr. Morton. Mit der Behendigkeit eines Affen
umfaßte er eine der Streben und begann sich hinaufzuziehen. Pentsteven folgte als zweiter. Der
Astronom war bei weitem nicht so geübt und mußte eine Pause einlegen. Unter den anfeuernden Rufen
von Sergeant Delaney schaffte er es endlich, sich zu dem Arzt hinaufzuschwingen. Tanaka und der
Sergeant bezwangen das Hindernis mühelos.
»Wie wollen wir weiter vorgehen?« fragte Pentsteven. Seine Stimme hatte sich unwillkürlich zu
einem Flüstern gesenkt.
Bevor jemand antworten konnte, ertönte ein schwacher Hilferuf in ihren Empfängern. Vier
Lichtstrahlen bohrten sich in die Dunkelheit.
»Es kann eine Falle sein«, warnte Dr. Morton.
Der Lichtschein erfaßte eine Gestalt, die sich unweit von ihnen am Boden wand.
»Es ist der Green!« schrie Pentsteven. »Sehen Sie doch, Doc!«
Sie rannten auf den wimmernden Napoleon zu. Das verrunzelte Gesicht des Eingeborenen war von
Schmerzen entstellt. Anscheinend hatte ihn jemand brutal zusammengeschlagen. Dr. Morton bückte
sich zu ihm hinab.
»Nur Ruhe«, sagte er. »Wir werden dir sofort helfen, alter Freund.«
Napoleon hob abwehrend seine dünnen Arme. In dem grellen Licht wirkten seine Augen wie
unergründliche Seen, die in tiefen Schluchten eingebettet waren. Sein Atem ging rasselnd.
»Sie müssen Ihren Freunden beistehen«, krächzte er mühsam. Er wälzte sich herum, um dem Arzt
eine Richtung anzugeben. »Sie sind unten, bei den Dämonen. Beeilen Sie sich.«
Dr. Morton sprang auf. Er stieß gegen den Astronomen, der sich über seine Schulter gelehnt
hatte. Sergeant Delaney hatte seinen Thermostrahler gezogen und blickte wild um sich.
»Zurück!« befahl Dr. Morton. »Wir müssen wieder hinunter.«
Er strich Napoleon über den häßlichen Kopf.
»Wir kommen zurück«, versprach er.
Sie stürmten davon. Die zuckenden Blitze ihrer Scheinwerfer streiften die Wände. Sie konnten
nicht mehr sehen, wie sich der Green erhob und in der Schwärze untertauchte.
»Da wir alle das gleiche gesehen haben, hat es auch stattgefunden«, sagte Marcus
Everson und maß seine Begleiter mit einem ernsten Blick. »Wir müssen uns damit abfinden, daß Poul
durch diese Wand gegangen ist, als wäre sie nicht vorhanden.«
Niemand antwortete ihm. Jeder hing seinen eigenen Überlegungen nach. Wenn er Terra schon keine
Verbündeten verschaffen konnte, dann wollte er wenigstens den wertvollen Kreuzer zurückbringen,
nahm sich Everson vor. Das war leichter gesagt als getan. Die Hindernisse schienen
unüberwindlich. Zweifellos beabsichtigte Napoleon, die MEXIKO in seine Hände zu bringen. Auch ein
Molekülverformer konnte das Raumschiff nicht allein durch den Weltraum steuern. Er würde Hilfe
benötigen. Everson konnte sich ungefähr vorstellen, was der falsche Eingeborene vorhatte. Er
wollte die Mitglieder der Expedition ausschalten und
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