Silberband 010 - Thora
Gesicht fiel ihr auf.
»Tiff!« stieß sie hervor. »Was ist los …?«
»Ich weiß, warum Sie nach Rusuf gekommen sind.«
Thora Rhodan schien steif zu werden, so unbeweglich saß sie vor Julian Tifflor und starrte ihn
an.
»Oberst Tifflor, Sie werden nicht wagen, mich daran zu hindern, daß ich den Leutnant
aufsuche!« Thora wußte sich keines anderen Mittels gegen den Oberst zu bedienen, als die stolze,
hochmütige Arkonidin herauszukehren. Was sie tat, war ein verzweifeltes Bemühen, und es wurde vom
Gefühl der Ohnmacht getragen.
»Thora, ich möchte in diesem Augenblick lieber zu einem Einsatz abfliegen, von dem ich weiß,
daß es daraus keine Wiederkehr gibt, als jetzt vor Ihnen zu sitzen. Ich …«
Da stand sie auf. Ihre Augen glühten, aber ihre Stimme verriet nichts von den Gefühlen, die in
ihrem Innern tobten. »Oberst Tifflor, hat mein Mann Ihnen den Befehl gegeben, mich daran zu
hindern, Thomas zu sehen und zu sprechen?«
»Nein!«
»Und was gibt Ihnen dann das Recht, sich mir in den Weg zu stellen?«
Auch Oberst Julian Tifflor erhob sich. Er trat hinter seinen Sessel. Er, der schon hundertmal
sein Leben gewagt hatte, hatte plötzlich Angst vor der nächsten halben Stunde.
»Oberst Tifflor, was gibt Ihnen das Recht, mich aufzuhalten?«
»Mein Verantwortungsgefühl«, stieß er hervor. »In den wenigen Tagen, in denen er auf Rusuf
seinen Dienst erledigt, habe ich ihn genau beobachtet. Thomas Cardif ist ein Mensch von zwei
Welten. Er ist in seinen Gefühlen Arkonide, in seinem Denken Mensch – und das macht es Ihnen
unmöglich, den Weg zu ihm zu finden.«
Sie schien ihm kaum zugehört zu haben. »Aber ich darf ihn sehen, Tiff, ja? Muß ich Ihnen noch
versprechen, daß ich ihm nur als Frau des Administrators gegenübertrete?«
»An ihm vorbeigehen«, schränkte Tifflor ein. »Einverstanden, Thora?«
Sie nickte krampfhaft. »Wann kann ich ihn sehen, Tiff?«
»Leutnant Cardif befindet sich auf einem Patrouillenflug im Krela-System. Gegen zwanzig Uhr
Ortszeit wird er zurück sein. Ich werde die Offiziere zu einer Besprechung gegen einundzwanzig
Uhr zusammenrufen. Darf ich damit rechnen, daß Sie an diese Herren einige Worte richten?«
Impulsiv reichte ihm die Arkonidin die Hand. »Sie dürfen damit rechnen, Tiff.«
Die Vorbereitung der Besprechung bereitete Tifflor einiges Kopfzerbrechen, aber er
wußte, daß eine solche Zusammenkunft im Augenblick die einzige Möglichkeit war, Thora einige Zeit
hinzuhalten. Tifflor war ein Mann mit klaren Gedanken und Zielen, Manipulationen, wie er sie nun
einzuleiten gezwungen war, bereiteten ihm Unbehagen. Zudem fürchtete er Zwischenfälle, gegen die
er sich nicht absichern konnte.
Er saß am Schreibtisch im Funkraum der Kommandantur und grübelte darüber nach, wie er die
Sache am geschicktesten angehen konnte. Zum wiederholten Mal ging er die Liste der Teilnehmer
durch, strich Namen durch und setzte andere ein. Dieses Vorgehen war im Grunde genommen
unfruchtbar, ja sogar lächerlich. Es zeugte nur von seiner Unsicherheit.
Das Schrillen der Alarmanlagen riß ihn aus seinen trübsinnigen Überlegungen. Einer der
Bildschirme wurde hell, und das bestürzt aussehende Gesicht eines Offiziers, dessen Namen Tifflor
nicht sofort einfiel, wurde darauf sichtbar.
»Oberst, nahe dem Bungalow, in dem wir Thora untergebracht haben, finden Kampfhandlungen
statt«, meldete der erregte Mann.
Tifflor starrte ihn ungläubig an. »Machen Sie Witze? Kampfhandlungen? Reden Sie endlich! Was
ist geschehen?«
Der Offizier in der lindgrünen Uniform der Solaren Flotte wirkte irritiert.
»Es heißt, daß arkonidische Roboter aufgetaucht sind und Angehörige der Wachmannschaften in
ein Gefecht verwickelt haben«, berichtete er.
Tifflor fühlte eine immer stärker werdende Beklemmung. Hatten Gegner des Imperiums von Thoras
Ankunft erfahren? Versuchte ein Feind, über dessen Identität Tifflor im Augenblick nur rätseln
konnte, Rhodans Frau zu töten? Wenn arkonidische Kampfroboter im Spiel waren, bedeutete dies
womöglich, daß der Robotregent zu einem unerwarteten Schlag ausholte. Tifflor verwarf diesen
Gedanken sofort wieder, er war absurd. Jemand setzte Arkon-Roboter ein, um von sich
abzulenken.
Tifflor sprang auf, die Lähmung, die ihn für Sekunden an seinen Platz gefesselt hatte, war
vorüber.
»Alle verfügbaren Bereitschaftstruppen zum Bungalow!« befahl er. »Start- und Landeverbot für
alle Raumschiffe. Ich komme sofort.«
Als
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