Silberband 010 - Thora
er aus dem Funkraum in den Korridor stürmte, stieß er auf andere Männer und Frauen, die
ins Freie strömten. Die Alarmsirenen gellten nun über die gesamte Garnison hinweg. Fluchend
bahnte Tifflor sich einen Weg durch die verstörten Menschen.
Das Gefühl, daß er zu spät kommen würde, stürzte ihn in Verzweiflung.
Er hatte den Bungalow schon fast erreicht, als er das Zischen einiger Strahlwaffen hörte. Es
schienen jedoch keine größeren Auseinandersetzungen mehr stattzufinden. Plötzlich ertönte ein
dumpfes Grollen. Über den Gebäuden erschien eine Space-Jet mit dunkler Außenhülle und ohne das
Emblem des Solaren Imperiums.
Alarmstart! schoß es Tifflor durch den Kopf. Die Angreifer fliehen!
Ein Offizier in versengter Uniform torkelte Tifflor entgegen. Tifflor packte ihn und riß ihn
hoch.
»Reden Sie!« herrschte er den Mann an. »Was ist mit Thora – wurde sie gerettet?«
Der Mann war bleich vor Schmerzen. Tifflor befürchtete, daß er das Bewußtsein verlieren würde,
bevor er etwas sagen konnte.
Jemand rief: »Sie haben sie entführt! Rhodans Frau wurde entführt!«
Für Tifflor war dieser Ruf wie ein elektrischer Schlag. Er ließ den Verletzten los und fuhr
herum. Die Bedeutung des schwarzen Schiffes wurde ihm schmerzhaft bewußt.
»Wir müssen hinterher!« rief er außer sich.
Ein Prallgleiter tauchte neben ihm auf. Tifflor warf sich in einen freien Sitz.
»Soll ich eine allgemeine Verfolgung veranlassen?« fragte der Offizier am Steuer.
Fast hätte Tifflor einen entsprechenden Befehl gegeben, doch dann wurde ihm klar, daß er bei
einer allgemeinen Verfolgung Thoras Leben riskierte. Noch vor wenigen Minuten war ihm die
Besprechung der Offiziere mit Thora als ein unlösbares Problem erschienen – nun wurde er mit
einer ganz anderen Entwicklung konfrontiert.
Der Gleiter raste zum Raumhafen. Während des Fluges erfuhr Tifflor, daß der Leichte Kreuzer
ZYKLOP startbereit war. Mit diesem Schiff wollte Tifflor die Verfolgung aufnehmen. Als er jedoch
in der Zentrale der ZYKLOP angekommen war, erfuhr er, daß das fremde Schiff bereits das
Einsteinuniversum verlassen hatte.
Eine schnell durchgeführte Strukturortung blieb ohne jeden Erfolg.
»Sie müssen einen Strukturkompensator besitzen«, sagte der Kommandant der ZYKLOP bedauernd.
»Wir wissen, daß Arkon seit kurzer Zeit über diese Geräte verfügt.«
Tifflor blickte ihn an. Offenbar glaubte der Raumfahrer, daß die Entführer im Auftrag Arkons
handelten.
Langsam schüttelte er den Kopf.
»Leider gehören unsere Schiffe auf Rusuf zu jenen Verbänden der Terranischen Flotte, die noch
nicht mit den Eigenfrequenz-Peilern ausgerüstet sind«, fuhr der Kommandant fort. »Unter diesen
Umständen erscheint mir eine Verfolgung sinnlos.«
»Ja«, sagte Tifflor matt. »Bereiten Sie alles für einen Bericht der Ereignisse nach Terra
vor.«
»Sie dürfen sich keine Vorwürfe machen, Oberst. Niemand konnte einen derartigen Zwischenfall
vorhersehen.«
»Ja«, murmelte Tifflor, »schon gut.«
Sein Gesicht jedoch verriet, was sich in diesem Augenblick in seinem Innern abspielte.
Das Superschlachtschiff DRUSUS war von der Erde gekommen. Es hatte drei Sprünge im
Schutz des Strukturkompensators unternommen und hatte erst die vierte und letzte Transition ohne
diese Tarnung durchgeführt.
Wer auch immer hinter Thoras Entführung steckte, der hatte die gewaltige Gefügeerschütterung
durch die DRUSUS angemessen und damit zu rechnen, daß Rhodan mit allen ihm zur Verfügung
stehenden Mitteln die Befreiung seiner Frau betreiben würde.
Rhodan war unmittelbar nach Thoras Aufbruch zur Erde zurückgekehrt. Er hatte erfahren, wohin
sie sich gewandt hatte, so daß es ihm nicht schwergefallen war, ihre Motivation zu erraten.
Zunächst hatte er gezögert, ihr zu folgen – bis ihn dann die Nachricht von ihrer Entführung
erreicht hatte.
Julian Tifflor erschien niedergeschlagen in der Zentrale des Schiffsriesen, um Rhodan einen
detaillierten Bericht abzugeben.
»Ich vermute«, sagte Tifflor abschließend, »daß es sich um ein Spezialschiff mit starkem
Antrieb handelte, vielleicht sogar eigens für eine solche Aktion ausgerüstet. Der Roboterangriff
war natürlich nur ein Ablenkungsmanöver.«
Sich gewaltsam zur Ruhe zwingend, blickte Rhodan seinen Vertrauten an. »Tiff, Sie wissen, was
Sie jetzt zu tun haben?«
Julian Tifflor kannte Rhodan schon zu lange, um ihn jetzt nicht verstanden zu haben. Doch in
halber Abwehr,
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