Silberband 011 - Der Fall Kolumbus
Freyts schmales, ausdrucksvolles Gesicht auf dem Schirm
erschien. Er atmete heftig. Anscheinend war er die letzten Meter gerannt.
Der Abwehrchef gönnte ihm keine Verschnaufpause. Sie kannten sich schon zu lange, um in
solchen Augenblicken kostbare Zeit für Höflichkeitsbezeigungen zu vergeuden.
»Hyperspruch von Perry Rhodan, Freyt«, erklärte Mercant übergangslos. »Sind Sie allein?«
Freyts Augenfältchen verdichteten sich. Er nickte schweigend.
»Gut, dann bereiten Sie sich auf die phänomenalste Neuigkeit der letzten fünfzig Jahre vor.
Perry hat die Funksperre durchbrochen und von Arkon aus direkt die Erde angestrahlt. Die Meßdaten
sind einwandfrei. Eine Station mit etwa fünfzig Millionen Kilowatt gibt es nur auf dem
Kriegsplaneten des Großen Imperiums.«
Marschall Freyt, stellvertretender Oberbefehlshaber der Solaren Raumflotte, atmete noch
heftiger. »Er hat uns direkt angefunkt, ohne vorher einen Außenkreuzer als Relaisstation zu
benutzen? Wenn der Spruch angepeilt worden ist, kommen wir in Teufels Küche.«
»Die Möglichkeit besteht, jedoch hat er es in Kauf genommen. Die Verhältnisse haben sich über
Nacht geändert. Freyt …«, Mercants Stimme klang plötzlich feierlich, »… Freyt, das
regierende Robotgehirn von Arkon ist besiegt worden. Unser so mühevoll vorbereiteter Einsatz
hatte Erfolg. Atlan ist von der tatsächlich vorhandenen Kontroll- und Sicherheitsschaltung des
Automaten als aktiv gebliebener Arkonide und direkter Nachkomme eines berühmten Imperators
anerkannt worden. Daraus ergibt sich eine Situation, die für uns als folgenschwer anzusehen ist.
Von heute an wird sich in unserer galaktischen Politik einiges ändern.«
»Teilt das Rhodan mit?« fiel Freyt erregt ein.
»Ja, ganz einwandfrei. Ich schicke Ihnen den Klartext per Kurier in Ihr Hauptquartier. Perry
Rhodan befindet sich mit dem Einsatzkommando auf Arkon III. Atlan hat die Macht übernommen,
jedoch sieht es nach außen hin so aus, als regiere nach wie vor der Riesenroboter. Atlan
versteckt sich damit hinter der als gnadenlos bekannten Maschine, deren Autorität er sehr
geschickt ausnutzt. Ich halte das ebenfalls für richtig. Wenn zu schnell bekannt wird, daß
nunmehr ein lebender Arkonide an die Stelle des Regenten getreten ist, dürfte es im Kolonialreich
des Großen Imperiums zu schweren Unruhen kommen. Rhodan teilt mit, die Situation sei klar. Das
Gehirn arbeite nur noch selbständig hinsichtlich der vielen Verwaltungs- und Nachschubfragen.
Wichtige Entschlüsse werden von Atlan getroffen, den wir nunmehr als Imperator anzusehen
haben.«
Marschall Freyt schwieg für einen Augenblick. Er überlegte. Schließlich meinte er zögernd:
»Eine überraschende Situation. Sind Sie sich darüber klar, daß Atlan die Position der Erde besser
kennt als Sie und ich?«
Allan D. Mercant zeigte wieder sein berühmtes Lächeln. »Zu klar. Wenn er will, genügt ein
Befehl, und die Erde wird von einer Riesenflotte angegriffen. Sie werden mit dem Funkspruch
angewiesen, das Flottenflaggschiff DRUSUS sofort nach Arkon zu schicken. Oberst Sikermann soll
die DRUSUS führen. Ihm wird befohlen, den Planeten Zalit anzufliegen, die dort zurückgelassenen
Wissenschaftler, Techniker und Mutanten an Bord zu nehmen und anschließend auf Arkon III zu
landen. Das ist alles, was die Nachricht beinhaltet.«
»Reichlich wenig im Verhältnis zu einer derart revolutionierenden Sachlage«, beschwerte sich
der Flottenchef.
»Mir genügt es vollauf. Ich sehe schwere Zeiten kommen, Freyt. Die Zukunft der Menschheit
hängt nun stark von dem Wohlwollen eines Arkoniden namens Atlan ab. Nachdem er das Robotgehirn
übernommen hat, stehen ihm alle Türen offen. Grundsätzlich zweifle ich nicht an seiner
Freundschaft zu uns. Da ich aber kein Psychologe bin, kann ich nicht voraussagen, wie ihm die
plötzliche Machtfülle bekommen wird. Bereiten Sie sich auf alles vor, und halten Sie die Flotte
in Alarmbereitschaft. Schicken Sie Oberst Sikermann vor dem Start zu mir. Oder nein, warten Sie
bitte. Ich komme selbst zu Ihnen. Halten Sie Sikermann zurück. Bis gleich.«
Mercant schaltete ab. Für einen Moment saß er unbeweglich hinter seinem großen Arbeitstisch.
Das Licht der untergehenden Sonne spiegelte sich in den gläsernen Armaturen der
Schaltanlagen.
Als sich der Abwehrchef erhob, fühlte er unbewußt, wie alt er war. Die auf dem Planeten
Wanderer erhaltene Zelldusche mußte in Kürze wiederholt werden, wenn der
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