Silberband 012 - Der Anti
verkörperte die sprichwörtlichen zwei Seelen, die im Menschen hausen sollen. Er mimte
Bedauern über Guckys Strategie und verbarg gleichzeitig nur ungeschickt seine Freude über deren
Erfolg.
Rhodan saß den beiden lächelnd nach.
»Ich denke, Lund«, sagte er dann, »wir haben wirklich Aussicht auf ein paar Tage Ruhe. Es wird
für die Kreuzer nicht leicht sein, das Schiff der Ahnen zu entdecken. Wir wissen nicht, was
geschehen ist. Vielleicht kommen wir sogar zu spät.«
Lund machte ein erschrockenes Gesicht.
»Die Arkoniden können noch einmal gesprungen sein, aber diesmal wissen wir nicht, von wo. Wir
suchen dann nicht nur eine Stecknadel im Heuhaufen, sondern eine Mikrobe im Atlantik. Rechnen Sie
sich die Chancen selber aus …«
8.
Seit mehr als zehntausend Jahren trieb das gigantische Schiff durch den unendlichen
Raum.
In seinem Innern ruhten die im Eistiefschlaf konservierten Arkoniden, Abkömmlinge berühmter
Geschlechter und deren Nachkommen. Nur fünftausend von ihnen hatten den Start des Schiffes
persönlich erlebt.
Nun waren es deren Kindeskinder, die das Schiff befehligten, nachdem die Roboter bezwungen
waren.
Monate waren seit der Machtübernahme vergangen.
Kommandant K-1 war Herr der Situation. Im Innern des Schiffes ruhten die Ahnen und warteten
darauf, eines Tages geweckt zu werden – um einen Planeten zu besiedeln. Es war K-1 nicht
klar, was damals vor zehntausend Jahren geschehen war. Gucky hatte ihn nicht aufgeklärt, um die
Unruhe nicht zu erhöhen. K-1 wußte nicht einmal, daß er Arkonide war. Tausende der ersten
Schläfer aber wußten es – sie würden es wenigstens wissen, wenn sie erwachten.
In zwei Jahrhunderten, so hatte der seltsame Besucher behauptet, würde das Schiff der Ahnen
von einer Sonne eingefangen werden, die geeignete Planeten besaß.
Dann war der Besucher – niemand anderer als Gucky – genauso geheimnisvoll wieder
verschwunden, wie er vorher aufgetaucht war.
Seitdem hatte sich in dem großen Schiff manches verändert.
In den ersten Monaten hatten die zehntausend wachen Arkoniden eine neue Lebensweise
eingeführt. Niemand wurde mehr von den Robotern abgeholt, um in den Tiefschlaf versetzt zu
werden. Wer starb, und es starben nicht viele, wurde durch eine Schleuse ins All
hinausgeschleudert. Die Anfangsgeschwindigkeit sorgte dafür, daß der Leichnam das Schiff nicht
wie ein winziger Mond umkreiste, sondern in die Unendlichkeit hinaustrieb.
Die Roboter waren nicht mehr die Herren, sondern die Diener der Arkoniden. Ihre
Umprogrammierung war ohne Schwierigkeiten erfolgt.
Zweihundert Jahre (Erdzeit) bis zur nächsten Sonne, hatte der geheimnisvolle Besucher gesagt.
Der größte Teil der zehntausend wachen Arkoniden würde somit die Landung erleben. Aber trotzdem
waren zweihundert Jahre eine lange Zeit.
Am 8. September 2044 (Erdzeit) brachte das der Erste Offizier des Schiffes anläßlich einer
Besprechung in der Kommandozentrale zum Ausdruck.
»Ich begreife nicht, K-1, warum wir untätig warten sollen, bis diese zweihundert Jahre
vergangen sind. Wir sind im Besitz eines intakten Schiffes mit gut funktionierendem Antrieb. Wir
wissen nicht, was die Ahnen bezweckten, aber zehntausend Jahre sind eine lange Zeit. In der
Galaxis kann sich manches geändert haben. Mit anderen Worten: Ich sehe nicht ein, warum wir uns
tatenlos in unser Schicksal ergeben sollen.«
Der Arzt A-3 nickte beifällig. Auch die beiden Maschinisten M-4 und M-7 schienen O-1 ihre
Zustimmung nicht zu versagen. Der Kommandant sah ein, daß Widerstand jetzt wenig angebracht war.
Aber er kannte auch seine Pflichten und seine Verantwortung.
»Niemand von uns kennt den Antrieb des Schiffes. Soweit wir in Erfahrung bringen konnten,
fliegen wir weit unter Lichtgeschwindigkeit. Ich habe mir die Mühe gemacht, im Memosektor der
Positronik wissenschaftliche Unterlagen zu studieren, O-Eins. Der Sprung durch den Hyperraum
wurde schon vor zehntausend Jahren als beste Fortbewegungsart entwickelt. Jedes Schiff wurde mit
einer solchen Anlage ausgestattet. Wahrscheinlich auch dieses. Die Roboter haben sie nie
betätigt. Ob das an ihrer mangelnden Initiative lag oder vielleicht an überlieferten Befehlen,
wissen wir nicht. Jedenfalls weiß ich nicht, ob wir es wagen sollten …«
»Warum nicht?« unterbrach ihn O-1 brüsk. »Sind wir nicht selbständig geworden? Sind wir nicht
jetzt Herren unseres Schicksals? Können wir nicht das tun, was uns richtig dünkt? Wer
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