Silberband 013 - Der Zielstern
fliegen.«
Amat-Palong nickte gelassen und verließ ohne Hast den Raum. Mit einer Kopfbewegung schickte
Valmonze die drei Springer ebenfalls davon, die zusammen mit Razmon die Suche nach Pincer wieder
aufnehmen sollten.
»Shaugnessy ist soeben gelandet«, tönte eine Stimme aus der knackenden Sprechanlage. »Wie
lauten Ihre Befehle, Patriarch?«
»Ich befinde mich im Hauptbüro!« rief Valmonze. »Bringt den Terraner zu mir.«
Eine knappe Viertelstunde später betrat Clifton Shaugnessy den Raum. Er war ein kleiner,
breitschultriger Mann, in dessen rundem Gesicht eine schmale, hakenförmige Nase auffiel. Der
Schmuggler trug eine kurze Jacke, die mit Stickereien verziert war. Beim Sprechen blieben seine
Lippen stets über den Zähnen, was seiner Stimme einen hohlen Klang verlieh. Im Gürtel seiner Hose
steckte eine ältere Thermowaffe.
»Rhodan hatte eine Quarantäne über Terra verhängt«, sagte er zur Begrüßung. »Deshalb konnte
ich nicht zum verabredeten Zeitpunkt eintreffen. Ich habe weder Mohnsamen noch die übliche Ware
bei mir. Aplied hält es für zu gefährlich, jetzt schon wieder das Geschäft aufzunehmen. Die
Kontrollschiffe führen scharfe Inspektionen durch. Ohne Erlaubnisschein darf kein Frachter
starten. ÜberTerrania selbst liegt noch Start- und Landeverbot. Grund dafür war eine
seuchenartige Plasmainfektion. Rhodan war selbst davon befallen. Es heißt, daß Rhodan vorher
erfolgreich ein neues Triebwerk erprobt hat.«
»Sie bringen Gerüchte«, sagte Valmonze böse. »Wir warten auf Ware, und Aplied schickt Sie mit
Gerüchten, die keinen Wert für uns besitzen.«
Shaugnessy wurde nicht nervös. Er sah wie ein Mann aus, der sich über nichts Gedanken
macht – schon gar nicht über die Probleme eines Galaktischen Händlers.
»Kennen Sie einen Mann, der sich Pincer nennt und für Aplied arbeitet?« fragte Valmonze.
»Pincer?« wiederholte Shaugnessy. Er zupfte an dem Reißverschluß seiner Jacke. »Nein«, sagte
er dann, »diesen Namen habe ich nie gehört.«
»Er ist hier aufgetaucht und hat sich als Ihr Vertreter ausgegeben. Er hatte Mohnsamen dabei,
der sich später jedoch als Fälschung herausstellte«, berichtete Valmonze.
»Toller Bursche«, sagte Shaugnessy mit einer für Valmonze unverständlichen Objektivität. »Wo
ist er jetzt?«
»Geflohen. Aber wir werden ihn bald gefangen haben. Können Sie sich vorstellen, wer dieser
Mann sein kann? Er hat eine Frau bei sich.«
»Vielleicht ist er ein Agent Rhodans«, sagte Shaugnessy. »Früher oder später werden sie uns
auf die Spur kommen.«
Valmonze verzichtete darauf, dem Schmuggler zu erklären, warum Rhodan auf keinen Fall jetzt
schon die Hintermänner der Rauschgiftbande aufspüren durfte. Es war sinnlos, dem kleinen Banditen
von galaktischer Politik zu erzählen. Shaugnessy transportierte Opium für Aplied und Valmonze. Er
belieferte überdies sechs weitere Patriarchen. Außer ihm gab es noch acht Verbindungsmänner zu
Aplied, die je sieben Springersippen ›betreuten‹. Das ergab genau 63 Händler, die Rauschgift
entgegennahmen, um die wirtschaftliche Lage der Erde grundlegend zu verändern. Shaugnessy wußte
vielleicht noch nicht einmal, daß die Händler nur an dem Gift interessiert waren, weil sie
sich davon eine Schwächung Terras versprachen. Vom kaufmännischen Standpunkt aus verdienten
sie an den Opiaten nicht mehr als an anderen Gütern. Großverdiener war Vincent Aplied in
Kapstadt.
»Wer auch immer dieser Pincer ist«, sagte Valmonze, »wir müssen ihn finden. Er kann diesen
Planeten nicht verlassen, also werden wir ihn früher oder später erwischen.«
»Sollte es sich wirklich um einen Agenten der Solaren Abwehr handeln, werden Sie
Schwierigkeiten mit ihm haben«, gab Shaugnessy zu bedenken. »Wenn es sich jedoch nur um einen
Betrüger handelt, werden Sie seinen Mut bewundern müssen.«
Valmonze machte eine ablehnende Bewegung.
Das einzige Gefühl, das Valmonze für den geflohenen Terraner empfand, war der Haß des
Getäuschten.
In diesem Zustand war der Patriarch gefährlich.
Der Vizepräsident der International-Fruit-Company, John Edgar Pincer, bot in diesem
Augenblick einen bemitleidenswerten Anblick. Hätte Valmonze Gelegenheit gehabt, ihn so zu sehen,
hätte er seine Bedenken, bei Pincer könnte es sich um einen Agenten handeln, schnell
aufgegeben.
Pincer, der in schwindelerregender Höhe über den Wald durch die Luft getragen wurde, saß auf
einem fünfundzwanzig
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