Silberband 014 - Rhodans Sohn
Cokaze hörte?« Rhodans Stimme hatte sich gehoben.
»Cardif und dieser Patriarch haben Hand in Hand gearbeitet, und fast wäre es ihnen gelungen, das
Solare Imperium zu zerstören.«
»Er ist das Produkt unglücklicher Umstände«, sagte Bully betont.
Reginald Bull war vielleicht der einzige Mensch, der Rhodan in privaten Dingen kritisierte. Er
machte von diesem Recht nicht oft Gebrauch, aber wenn er es tat, dann auf seine impulsive Art.
Rhodan kommentierte die Vorwürfe Bullys nur selten, er nahm sie meist schweigend hin. Heute wußte
auch er, daß es ein Fehler gewesen war, seinen Sohn von fremden Menschen großziehen zu lassen.
Ohne Elternliebe war Cardif aufgewachsen. Aus einem kühlen, jungen Mann war er zu einem
erbitterten Gegner seines Vaters geworden. Einmal hatte Rhodan den Versuch gemacht, die
Versöhnung herbeizuführen. Am Grabe Thoras hatte er Cardif seine Hand angeboten. Doch unter den
Augen aller Anwesenden, eingeschlossen Millionen von TV-Zuschauern, hatte Cardif die
Versöhnungsgeste ausgeschlagen. Diese schmerzliche Szene stand unauslöschlich in der Erinnerung
des Ersten Administrators jenes kleinen Imperiums, das sich das ›Solare‹ nannte und auf dem
besten Weg war, ein mitentscheidender Machtfaktor innerhalb der Galaxis zu werden.
»Theoretisch besteht die Möglichkeit, daß sich Cardif auf Okul aufhält. Da nach unseren
Ermittlungen diese Welt das Zentrum der Rauschgiftfabrikation sein dürfte, bleibt uns keine
andere Wahl: Wir müssen zum Angriff übergehen.«
Damit hatte Rhodan die entscheidenden Worte gesprochen. Die Zeit des Stillhaltens war
vorüber.
»Wahrscheinlich haben Sie sich bereits gewisse Vorstellungen über unser Vorgehen gemacht,
Sir«, sagte Freyt, der froh darüber war, daß das unangenehme Thema ›Thomas Cardif‹ nicht mehr
erwähnt wurde. »Haben Sie bereits bestimmte Befehle für die Flotte?«
Rhodan nickte bestätigend. In sein markantes Gesicht war Leben gekommen. Mitten in der Nacht
beratschlagten diese drei Männer. Von ihren Entscheidungen konnte viel – ja alles
abhängen.
»Für den Einsatz gegen Okul bestehen völlig veränderte Bedingungen«, erklärte Rhodan. »Wir
müssen blitzschnell zuschlagen. Unser Gegner darf uns erst dann entdecken, wenn es bereits zu
spät für ihn ist.«
Bully massierte seinen Nacken. Seine Müdigkeit war plötzlich von ihm abgefallen, und er
richtete sich in dem Sessel auf.
»Die IRONDUKE«, sagte er betont.
»Du hast völlig recht«, stimmte Perry Rhodan seinem Freund zu. »Die sechsdimensionalen
Absorberfelder des Linearantriebs werden verhindern, daß uns die Antis frühzeitig entdecken. Wenn
wir aus dem Librationsfeld auftauchen, werden sie keine Zeit mehr für eine planvolle Gegenwehr
haben.«
Innerlich war Rhodan überzeugt, daß jeder Angriff gegen Okul sinnlos war, wenn nicht bald ein
Gegenmittel gegen das Rauschgift entdeckt wurde. Was nützte es, wenn sie einen Tempel der Antis
nach dem anderen in Schutt und Asche verwandelten – der Krankheitskeim war millionenfach auf
der Erde und in den Kolonien verbreitet.
Okul war bestenfalls ein schwacher Hoffnungsschimmer.
Freyt und Bully schienen keine derartigen Bedenken zu kennen. Sie waren dabei, zu so später
Stunde noch einen Schlachtplan zu entwerfen.
Rhodan wußte, daß noch einiges zu tun war, bevor die IRONDUKE starten konnte. Das Wichtigste
waren Waffen, mit denen man die Schutzschirme der Antis überwinden konnte.
Diese sogenannten Kombilader standen kurz vor der Fertigstellung.
In ein paar Tagen konnten Rhodan und seine Freunde mit der IRONDUKE nach Okul aufbrechen.
12.
Das Wasser war flach und sumpfig. Es war so heiß, daß es dampfte und brodelte. Am
Ufer des Sumpfes dehnte sich der Dschungel aus, eine farbige, schillernde Welt aus Bäumen,
Blumen, Lianen, Farnen und anderen Gewächsen. Wurzeln umgestürzter Bäume ragten aus dem seichten
Morast.
Aber es gab Leben auf dieser Welt. Intelligentes Leben. Zwar kam es von anderen Planeten, aber
immerhin.
Der Himmel loderte in gelblicher Farbe. Nur von hier konnte man einen Blick auf ihn werfen.
Wer sich im Dschungel aufhielt, konnte ihn nicht mehr sehen.
Der Mann, der das einfache Boot mit einer Stange fortbewegte, die er in regelmäßigen Abständen
am Grund des Sumpfes abstieß, sah nicht so aus, als wäre er allein wegen eines Blickes auf die
Wolken an diesen Platz gekommen.
Mit kräftigen Stößen trieb der einsame Mann den Kahn voran. Er war einfach, aber
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