Silberband 014 - Rhodans Sohn
anzugreifen.
Cardif sah seinem Vater inzwischen wieder zum Verwechseln ähnlich. Seine Augen schienen nicht
nur grau, sondern auch etwas gelblich zu sein, aber das war auch der einzige wirkliche
Unterschied. Er saß in einem bequemen Sessel und starrte mit düsterer Miene auf die
Bildschirme.
»Ich wüßte keinen Ausweg«, sagte er.
Der Priester warf ihm einen abschätzenden Blick zu. Er hatte einen dichten Vollbart und
erinnerte an einen Springerkapitän. Vielleicht war einer seiner Vorfahren ein Patriarch gewesen,
durchaus möglich. Doch jetzt war er ein Hoherpriester des Baalol-Kultes.
»Es gibt einen«, erwiderte er knapp, »und wir werden ihn finden.«
Cardif sah auf die Uhr. »Wir haben keine zwei Stunden mehr, Rhobal. Eine viel zu kurze
Zeitspanne, um einen Plan auszuarbeiten.«
Rhobal sah zu den beiden Antis, die vor den Funkgeräten saßen. »Wir müssen versuchen, Zeit zu
gewinnen. Wie können wir von Rhodan einen Zeitaufschub erwirken? Wenn wir schweigen, sicherlich
nicht.«
»Wir können nur annehmen oder ablehnen.«
Über das Gesicht des Priesters huschte Enttäuschung. »Denken wir nach, Cardif. Es muß eine
Möglichkeit geben.«
»Ja, vielleicht gibt es eine Möglichkeit«, murmelte Cardif verbittert und sah den Priester an.
»Wir müssen Rhodan klarzumachen versuchen, daß er auf keinen Fall in Kürze über das Gegenmittel
verfügen wird, wenn er Okul angreift.«
»Verhandlungen? Du glaubst, er gewährt uns freien Abzug?«
»Wenn wir ihn mit dem Gegenmittel versorgen, ja.«
Rhobal sah Cardif nachdenklich an. Eine kühne Idee entstand in seinem Bewußtsein. Er wußte,
daß sie mit dem Liquitiv nicht mehr viel erreichen konnten. Diese Karte war ausgereizt. Früher
oder später würden die Terraner ein Gegenmittel finden, also konnte man es ihnen überlassen,
bevor Tausende von Menschen starben.
Rhobal sah eine andere Möglichkeit, Macht und Einfluß der Antis zu stärken. Cardif mußte der
neue Trumpf sein. Er durfte jedoch nicht merken, daß er eine Marionette der Antis war. Cardif
mußte glauben, daß er eigene Pläne realisierte.
Rhobal sah zu den Funkern. »Du kannst selbst mit Rhodan sprechen, wenn du willst.«
Cardif dachte nach, dann nickte er langsam.
Zehn Minuten vor Ablauf des Ultimatums trat er an das Funkgerät und verlangte Rhodan zu
sprechen.
In derselben Sekunde, in der sein Funkspruch aufgefangen wurde, begannen die Peilgeräte zu
spielen. Noch während Rhodan antwortete, wurde der Standort des Senders ermittelt. Er lag
viertausend Meter unter der Meeresoberfläche und Tausende von Meilen von der Küste entfernt. Drei
U-Boote, die am nächsten waren, setzten sich in Marsch. Sie führten schwere Wasserbomben mit.
Thomas Cardif wartete. Es dauerte lange Minuten, ehe aus dem Lautsprecher die Stimme des
Verhaßten kam.
»Hier Rhodan! Das Ultimatum läuft in fünf Minuten ab.«
»Wir wissen es. Was wollt ihr erreichen, wenn ihr Okul angreift? Wenn Okul angegriffen wird
und wenn wir dabei umkommen, gibt es für Milliarden intelligenter Lebewesen keine Rettung
mehr.«
»Ist das meine oder deine Schuld?«
»Wir sind bereit, euch zu helfen.«
Rhodan schien es für Sekunden die Sprache zu verschlagen, denn es dauerte sehr lange, bis
seine Antwort eintraf. »Ihr wollt uns helfen? Ich bin gespannt und höre.«
Thomas Cardif warf Rhobal einen triumphierenden Blick zu, als habe er die Schlacht bereits
gewonnen. Er gab sich natürlich keinem übertriebenen Optimismus hin, aber vage begann sich
bereits in einer Ecke seines Gehirns ein irrsinniger Plan abzuzeichnen, zu dessen Ausführung er
nichts als Zeit benötigte.
Einige Stunden nur würden genügen.
»Es wird euch vielleicht möglich sein, in einigen Monaten ein Gegenmittel herzustellen.
Vielleicht. Und was ist bis dahin?«
»Es ist ein Fehler, unsere Wissenschaftler zu unterschätzen.«
»Der Fehler ist größer, wenn man sie überschätzt.«
»Wortgeplänkel«, gab Rhodan zurück. Seine Stimme verriet Ungeduld. »Wir haben nur noch wenige
Minuten. Dann gebe ich das Zeichen zum Beginn des Angriffs. Wenn du einen Vorschlag hast, dann
heraus damit. Aber beeile dich.«
Cardif zuckte zusammen. Sein Gesicht war voller Haß, aber seine Stimme blieb ruhig und
gelassen. Er besaß die gleiche Begabung, sich zu beherrschen, wie sein Vater.
»Wir sind bereit, euch das Gegenmittel zu überlassen.«
»Nicht übel«, kam es zurück. »Und was verlangt ihr dafür als Gegenleistung?«
»Okul darf
Weitere Kostenlose Bücher