Silberband 014 - Rhodans Sohn
viele Runden ausgetragen wird. Wirklich,
Terraner, ich bin überzeugt, daß für mich die Zeit der Langeweile vorbei ist.
Die Stimme schwieg, das Lachen wurde leiser und leiser, schien aus unendlicher Ferne zu
kommen, um dann zu verklingen.
Cardif war stehengeblieben, als die Stimme in seinem Unterbewußtsein aufgeklungen war. Er
verhielt sich genauso, wie Rhodan sich benommen hätte, wenn er auf Wanderer war. Das Wissen gab
ihm Auskunft darüber.
Sicherer denn je war er nun auch, daß ES ebenfalls das Opfer des genialen Täuschungsmanövers
geworden war.
Die Halle nahm ihn auf. Er wartete geduldig. Sein Denken nur in Rhodans Bahnen verlaufen zu
lassen, kostete ihn kaum Konzentration. Mit einem unbeschreiblichen Hochgefühl blickte er sich
um, nicht neugierig, nur interessiert, wie jemand, der vertraute Dinge nach langer Zeit
wiedersieht.
Dort stand das Physiotron, jenes einmalige Aggregat, das Rhodan und seinen engsten Vertrauten
bisher das Leben erhalten hatte. Alle zweiundsechzig Jahre mußten sie auf Wanderer erscheinen, um
die biologische Auffrischung zu erneuern.
Seit langem wußte Cardif davon, genau wie ihm bekannt war, daß Atlans Lebenserwartung durch
einen eiförmigen Zellaktivator theoretisch keine Grenze gesetzt war. Einundzwanzig solcher
Aktivatoren hatte er nun von ES gefordert, und ES hatte zu verstehen gegeben, daß ES diese
Forderung erfüllen würde.
Ein leichter Schauer über seinen frevelhaften Betrug flog ihn kurz an. Unter Aufbietung aller
Konzentration scheuchte er die Stimme seines Gewissens davon.
Denken in Rhodans Bahnen, zwang er sich auf. An den 21. Aktivator denken.
Und er begann sich als Rhodan zu fühlen. Er dachte mit dem Wissen des Vaters, und er dachte
doch nicht richtig über ES .
Ich will nicht, so sagten seine Gedanken , alle zweiundsechzig Jahre hier zur
Zelldusche erscheinen. Ich will wie Imperator Gonozal VIII. jung bleiben.
Nur um diesen Punkt kreisten seine Gedanken.
Er wußte um den Humor von ES , und daß ES ein Freund davon war, alles auf seine Art
kompliziert zu machen.
Cardif zuckte merklich zusammen, als ohne Ankündigung die Stimme wieder in seinem
Unterbewußtsein rief: Alter Freund, du machst ja Odysseus Konkurrenz. Dieser Spaß zwingt mich,
dir gefällig zu sein. Soll ich im Physiotron den einundzwanzigsten Zellaktivator auf deine
persönlichen Schwingungen abstimmen, Perry Rhodan?
Cardif fühlte den Schweißausbruch auf der Stirn.
Ja, dachte er. Ja, stell den Aktivator ein.
Es kam ihm nicht in den Sinn, die Worte von ES genau zu analysieren – ein Versäumnis, das
noch schlimme Folgen haben sollte.
Kichern wurde ihm als Antwort gegeben. Kurz war die Pause, die danach folgte. Und wieder
erklang die Stimme von irgendwoher: Du bringst mich heute in Hochstimmung, Terraner. Freund,
ich vergelte es mit gleichem. Warte draußen vor der Halle. Perry Rhodan, wenn ich den
Zellaktivator auf dich abgestimmt habe, wirst du die übrigen zwanzig auch besitzen.
Berauscht von einem Gefühl, wie er es noch nie erlebt hatte, verließ Thomas Cardif die Halle.
Draußen zu warten, erschien ihm weniger anstrengend als in diesem geschlossenen Raum. Er zwang
sich, nicht zu laufen. Gemessen, wie es Rhodans Art war, ging er.
Draußen empfing ihn das milde Klima der Kunstwelt. Die Leutnants Alkher und Nolinow waren
seinem Befehl nachgekommen und hatten die kleine Zentrale der I-109 nicht verlassen.
Thomas Cardifs Blick glitt an dem schlanken Turm entlang.
Geschafft, dachte er dabei, um sofort wieder seine Gedanken unter Kontrolle zu halten. Auch
diese Vorsicht gehörte zum Erbteil seines Vaters, der auch nie einmal Gewonnenes wieder
leichtsinnig aufs Spiel setzte.
Voller Genuß atmete er die würzige Luft von Wanderer tief ein.
Da meldete sich sein Unterbewußtsein. Er glaubte, ES den Satz flüstern zu hören: Du machst
ja Odysseus Konkurrenz.
Hatte ES ihn doch durchschaut? War das Täuschungsmanöver auf Wanderer mißglückt?
Plötzlich flüsterte Cardifs eigenes Ich in seinem Unterbewußtsein: ES hat dich nicht
durchschaut. ES hat sich nur darüber amüsiert, daß du der alle zweiundsechzig Jahre fälligen
Zelldusche mit Hilfe des Aktivators aus dem Wege gehen willst. Wegen dieses Tricks hat ES dich
mit Odysseus, dem Listenreichen, verglichen.
Thomas Cardif strich sich über die Stirn. Die Spannung fiel wieder von ihm ab. Erneut atmete
er die würzige Luft ein.
Er wartete, daß ES ihm einundzwanzig Zellaktivatoren bringen
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