Silberband 020 - Kampf gegen die Blues
tragische Geschehen hinaus.
Plötzlich überkam ihn das sichere Gefühl, daß er diese Welt nicht mehr verlassen würde. Ein
gelöstes Lächeln glitt über sein Gesicht. Er spürte weder Bitterkeit noch Angst. Er war einfach
ein junger Mann, der noch eine Aufgabe zu erfüllen hatte, bevor er starb.
Leclerc verteilte die einzelnen Kampfgruppen in die verschiedenen Gänge, die hier
unten in das Eis geschmolzen waren. Auf diese Weise würden sie früher oder später jeden Gegner
als Gefangenen an Bord des Diskusschiffes bringen können, der sich hier aufhielt.
Sobald dies erledigt war, mußte er sich um das fremde Raumschiff kümmern, das man
offensichtlich mit Absicht zu einem Wrack verschmolzen hatte.
Mit ruhiger Stimme gab Leclerc Befehle. Nun konnte nichts mehr passieren. Es war nur noch eine
Frage der Zeit, bis sich das von ihm kommandierte Schiff von der Eiswelt abheben und in Richtung
Gatas starten würde.
Zufrieden beobachtete Leclerc, wie drei weitere Feinde, die man mit den Lähmwaffen außer
Gefecht gesetzt hatte, aus einem Gang getragen und auf eine Scheibe gepackt wurden.
Der Gataser gab eine Nachricht an das Schiff, damit man sich dort zur Aufnahme der Gefangenen
vorbereiten konnte. Gleichzeitig beruhigte er die zurückgebliebenen Raumfahrer, die voller
Ungeduld auf seine Rückkehr warteten.
Leclerc ging zur anderen Seite der Höhle. Seit ihrem Eindringen hatte er die Waffe in seinen
Händen nicht mehr benutzt. Trotzdem war er bereit, jeden unverhofften Angriff abzuwehren. Dank
seiner vier Augen konnte er fast jeden Punkt der Höhle beobachten.
»Wir haben vier erwischt, Kommandant«, wurde ihm gemeldet. Befriedigt wartete Leclerc, bis die
Betreffenden aus einem Gang getragen wurden.
Einer der Unterführer trat neben ihn. »Es können nicht mehr viele hier unten sein,
Kommandant«, sagte der Gataser. »Ich schätze, daß wir sie alle gefangen haben.«
Leclerc fühlte Ärger in sich aufsteigen.
»Ich befehle, wann wir Schluß machen«, sagte er scharf.
Er schickte sie wieder auf die Suche.
Er durfte nicht den Fehler machen, die Fremden zu unterschätzen, nur weil sie keine Waffen zur
Vernichtung des Molkex besaßen. Das besagte überhaupt nichts. Während sie bereits ihren Sieg
feierten, konnte sich eine versprengte Gruppe des Gegners zusammenrotten und einen gewaltsamen
Ausbruch versuchen.
Leclerc beschloß, weiterhin große Vorsicht walten zu lassen.
Die ganze Zeit über wußte er nicht, daß zwei dunkelblaue Augen jede seiner Bewegungen
verfolgten.
Sergeant Wallaby spähte durch die Kanzel nach oben und versuchte festzustellen, ob
er sich noch allein in dieser Höhle aufhielt. Der Raumjäger, in den er sich verkrochen hatte, war
kein besonders gutes Versteck, aber in dieser Hinsicht waren die Möglichkeiten derart gering, daß
Wallaby keine andere geblieben war, als sich in das Kleinstraumschiff zurückzuziehen.
Seitdem er sich zu den Freiwilligen gemeldet hatte, war mit Sergeant Wallaby eine Veränderung
vor sich gegangen. Er hatte, das wußte er jetzt, in seinem Leben viele Fehler begangen. Der
größte jedoch war, daß er sich selbst etwas vorgemacht hatte. Jetzt gestand er sich ein, daß er
kein Mann von großer Intelligenz war. Er verfügte auch nicht über einen Bildungsgrad, der es ihm
erlaubt hätte, seine Untergebenen so zu behandeln, daß man es objektiv als richtig hätte
bezeichnen können.
Wallaby fühlte sich bereits als alter Mann, und er war immer noch Sergeant. Diese Tatsache
hätte ihm schon längst zeigen müssen, daß etwas mit ihm nicht stimmte. Doch er hatte immer den
anderen die Schuld zugeschoben, wenn etwas schiefgegangen war.
Der Sergeant nickte bekümmert. Wenn er jemals hier herauskam, dann hatte er eine Menge
nachzuholen. Er stellte sich vor, wie es sein könnte, wenn er an warmen Tagen auf der Veranda
seines Hauses saß, unter halbgeschlossenen Augen die Mädchen beobachtend, die auf der Straße
vorüberschritten.
Wallaby mußte grinsen. Ausgerechnet jetzt fiel ihm etwas so Verrücktes ein.
Aber er saß nicht auf der Veranda, keine Fliegen umschwärmten ihn, kein Hund aus den
benachbarten Zwingern kläffte seinen Ärger in die blaue Mittagsluft. Mrs. Morene hing im Garten
gegenüber keine Wäsche auf. Der alte Tesko Patton kam nicht die Straße heraufgeschlurft –
betrunken wie fast immer um diese Tageszeit.
Diese Bilder existierten nur in Wallabys Gedanken, sie waren die Erinnerungen an die kleine
Stadt auf Terra,
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