Silberband 021 - Strasse nach Andromeda
Berechnungen anstellen. Halten Sie das Schiff, solange es geht. Ich brauche alle
Informationen. Icho, halten Sie bitte die Leitung zum Rechenraum offen. Melbar – legen Sie
einen automatischen Rundspruch auf, daß jeder, der aus dem Tiefschlaf erwacht, sich sofort im
Kommandostand zu melden hat.«
Mit weiten Schritten eilte er quer durch die Halle auf das Schott des Positronikraums zu.
Dicht vor dem Schott blieb er noch einmal stehen und wandte sich um.
»Icho …«
Ohne den Körper zu bewegen, drehte der Haluter den kuppelförmigen Schädel und sah ihn aus
einem der Schläfenaugen an.
»Ich übersehe die Lage, mein Freund«, antwortete er gutmütig. »Ich werde tun, was in meinen
Kräften steht. Und zu Ihrem Projekt: Ich glaube, ich kann in Kürze eine wertvolle Information
liefern.«
Rhodan nickte ihm zu, dann öffnete er das Schott. Er war nicht erstaunt, daß der Haluter seine
Idee durchschaute. Es wäre verwunderlich gewesen, hätte sein Plangehirn die Zusammenhänge nicht
wenigstens ebenso schnell erkennen können wie der wesentlich unkompliziertere Denkmechanismus des
Terraners.
Im Schaltraum der großen Bordpositronik herrschte jene von feinem Singen und Summen erfüllte
Stille, wie sie für moderne Rechenautomaten charakteristisch ist. Die Anlage war aktionsbereit.
Das Summen war das der Wandler, die sie mit Energie versorgten. In wenigen Sekunden würde das
Zirpen der Relais den Raum mit einem wirren Konzert positronischer Musik erfüllen.
Rhodan ließ sich vor dem Hauptschaltpult nieder. Ohne zu zögern begann er, die vorhandenen
Daten dem Programmspeicher zuzuführen. In zielbewußter Eile huschten Finger und Hände über die
Speichertasten, und die Positronik erwachte zum Leben.
Rhodans Gedanken flogen. Die Schirmfeldanlage war unbesetzt. Zwar war Melbar Kasom ein in
jeder Hinsicht beweglicher Mann, der im Notfall zwei Posten auf einmal betreuen konnte. Trotzdem
mochte der Fall eintreten, daß sowohl Schirmfeldanlage als auch Kommandopult volle Aufmerksamkeit
erforderten, und an zwei Plätzen zur selben Zeit konnte auch Melbar Kasom nicht sein.
Zweifelnd sah Rhodan auf die Lichterwand der Positronik, über die in verwirrender Buntheit die
Blitze der Kontrollampen zuckten. Konnte er es verantworten, hier zu sitzen und ein Problem
nachzurechnen, von dem er nicht einmal wußte, ob die Lösung sich auf die augenblickliche Lage
überhaupt anwenden ließ? War es richtig, eine Hypothese allein auf der Analogie zweier Vorgänge
aufzubauen?
Vor ihm leuchtete die grüne Schalttaste der Hauptprogrammlinie. Die Maschine war bereit, das
Programm entgegenzunehmen.
Rhodan ballte die Hand und öffnete sie wieder. Dann drückte er entschlossen auf die Taste. Das
grüne Licht erlosch.
»Problem«, sagte Perry heiser. »Erstellung der Strukturformeln für zwei
Sechs-Komponenten-Kraftfelder. Analogie: die Anordnung von Kraftfeldern in einem
Synchrotron-Teilchenbeschleuniger …«
Sekunden darauf war die Maschine an der Arbeit.
Eine Minute später betrug die Geschwindigkeit der CREST II fünftausend Kilometer
pro Sekunde, und der Abstand vom Energiekern war auf zweitausend Kilometer angewachsen.
Zunächst war die Bahnbeschleunigung, die die Umlaufgeschwindigkeit des Schiffes stetig wachsen
ließ, von beiden Beschleunigungseffekten weitaus der bedeutendere gewesen. Vor wenigen Sekunden
jedoch war sie hinter der Radialbeschleunigung zurückgefallen, und der Antigrav verwandte nun den
größten Teil seiner Leistung darauf, die immer drückender werdende Zentrifugalkraft zu
absorbieren. Um die Lage noch zu verschlimmern, hatte die CREST II außerdem begonnen, sich um die
eigene Achse zu drehen. Allerdings handelte es sich dabei nur für kurze Zeit um einen
beschleunigten Vorgang. Nachdem die Schiffshülle eine gewisse Umlaufgeschwindigkeit erreicht
hatte, blieb die Eigendrehung konstant.
Melbar Kasoms Ruf hatte bisher keinen Erfolg gehabt. Noch keiner an Bord war aus dem
Tiefschlaf erwacht – wenigstens nicht so weit, daß er der Aufforderung folgen konnte.
Die Lage begann kritisch zu werden. In wenigen Minuten mußte der Zeitpunkt erreicht sein, in
dem der Antigrav den Andruck nicht mehr zu beseitigen vermochte. Kasom starrte auf die toten
Kontrollampen auf seinem Schaltpult. Noch arbeiteten die Triebwerke nicht. Waren sie in der Lage,
der feindlichen Kraft Widerstand zu leisten?
Wie Icho Tolot vorhergesagt hatte, erweiterte sich die Spirale langsam. Die CREST II
Weitere Kostenlose Bücher