Silberband 027 - Andromeda
Ische seinen Glauben an das Gute im Menschen nie verloren. Er lachte
gern und viel. Bei Einsatzübungen hatte er sich als wagemutiger Draufgänger hervorgetan.
Ganz anders war dagegen Hunhas linker Nebenmann. Leutnant Drav Hegmar war in der Raumakademie
Enzaly auf Goszul ausgebildet worden. Dort kamen die Töchter und Söhne der Terraner hin, die in
den Handelsniederlassungen, den Garnisonen und den wissenschaftlichen Instituten des Solaren
Imperiums auf dieser ehemaligen Kolonialwelt der Springer beschäftigt waren. Außerdem wurden ab
und zu Eingeborene aufgenommen.
Die auf der Enzaly-Akademie herrschende Atmosphäre hatte Drav Hegmar zu einem Mann mit
übersteigertem Ehrgeiz werden lassen. Der dunkle Kolonialterraner war schlank, sportlich und
überaus intelligent. Das, was an seinem Ehrgeiz unsinnig und schädlich für das Zusammenleben mit
den Kameraden war, würde sich mit der Zeit abschleifen – so hatten jedenfalls die Offiziere
der alten CREST gemeint, als sie Leutnant Hegmar zur Besatzung der neuen CREST einteilten.
Son Hunha hätte Hegmar lieber nicht ins Enterkommando aufgenommen. Doch Ische Moghu hatte sich
für ihn verwendet – und dem gutmütigen Riesen konnte Son keine Bitte abschlagen.
»Achtung!« krachte Rhodans Stimme aus dem Interkom-Lautsprecher. »Der Tefroder hat seinen
Widerstand eingestellt. Es ist anzunehmen, daß die Besatzung durch Beschuß mit den
Narkosestrahlern betäubt ist, Leutnant Hunha! Ihre Korvette wird in etwa zehn Minuten
ausgeschleust.«
»Jawohl, Sir!« Der Marsianer schrie vor Aufregung ins Mikrophon. »Hier ist alles bereit.«
Der Leutnant klappte den Helm so nach vorn, daß er nur lose auf dem Dichtungswulst auflag.
Danach schaltete er den Helmhyperkom ein. Nunmehr konnte seine Stimme überall in der KC-99 gehört
werden, denn zum Empfang brauchte man den Helm nicht herunterzuklappen.
»Achtung! Leutnant Hunha an Enterkommando!« Son befeuchtete die trocken gewordenen Lippen. Er
bemerkte, daß Drav Hegmar ihm einen ironischen Blick zuwarf und wurde nervös. Lauter als nötig
fuhr er fort: »Sobald das Startzeichen ertönt, haben sich alle, die keinen Sitzplatz bekamen,
flach auf den Boden zu legen. Gespräche über Helmfunk werden nicht geführt. Die Helme werden nach
dem Start selbstverständlich geschlossen. Sobald wir angelegt und uns Eingang in den tefrodischen
Kreuzer verschafft haben, gehen die einzelnen Gruppen wie eingeteilt vor. Leutnant Moghu
übernimmt die Gruppe Maschinenleitstand, Leutnant Hegmar die Gruppe Feuerleitzentrale und ich
selbst die Gruppe Kommandozentrale.«
»Wer besetzt die Lebensmittel-Kühlräume?« fragte eine helle Stimme.
Gelächter brandete in Sons Empfänger auf. Er errötete und spürte wieder Hegmars spöttischen
Blick auf sich geheftet.
»Wer war das?« fragte er schärfer, als er ursprünglich beabsichtigt hatte.
»Sergeant Drube, Sir«, kam es ein wenig zögernd.
»Da Sie so großes Interesse an den Versorgungseinrichtungen eines Raumschiffes zeigen,
Sergeant, melden Sie sich nach beendetem Einsatz bei Major Bernard. Der Hauptzahlmeister führt
demnächst eine Inventur durch, soviel ich weiß.«
Erneut toste Gelächter aus dem Helmempfänger. Doch diesmal war es nicht Schadenfreude, sondern
Beifall für ihn, Son Hunha.
Selbst in Drav Hegmars Gesicht spiegelte sich etwas wie Achtung wieder.
Ische Moghu grinste über das ganze Gesicht. Die angekündigten zehn Minuten waren noch nicht
ganz vorüber, da meldete sich Perry Rhodan erneut über Interkom.
»Achtung, Leutnant Hunha! Der feindliche Kreuzer liegt treibend neunzigtausend Kilometer
voraus. Starten Sie – und Hals- und Beinbruch!«
»Danke, Sir«, erwiderte Hunha. »Wir starten!«
Er nickte dem Piloten zu.
Die Maschinen des 60-Meter-Beibootes begannen zu rumoren. Noch arbeiteten sie nur im Leerlauf.
Das würde sich ändern, sobald das Abstoßfeld sie in den Raum geschossen hatte.
Er nahm auf einem Notsitz Platz. Die Anschnallgurte zuckten aus den Schlitzen und schlangen
sich fest um seinen Körper.
»Achtung …!« erklang die Stimme des Offiziers, der den Ausschleusvorgang leitete.
»Start …!«
Ruckartig öffnete sich das gewaltige Außenschott. Die Außenbordmikrophone übertrugen das
Brüllen stoßartig entweichender Luft. Dann schoß die KC-99 mit gewaltigem Ruck auf den finsteren
Ausschnitt des Schleusentores zu. Das Brüllen erlosch.
Im Frontschirm tauchte ein matt schimmernder Kugelkörper auf.
Perry Rhodan
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