Silberband 028 - Lemuria
Sechsunddreißig
liegen mußte, doch er sah nichts als gelben Schaum, der in dichten Wolken aus den Spritzdüsen des
Roboters quoll. Er glaubte, einen erstickten Schrei zu hören, dann rollte der Roboter dem Ende
des Ganges entgegen und erblickte die Brandherde, die durch die herabfallenden Teile entstanden
waren.
Arrek watete durch den Schaum auf den Duplo zu. Er packte den Toten unter den Armen und
schleifte ihn zur Seite.
»Ein zweites Mal soll er nicht über dich hinwegrollen«, sagte er.
Der Roboter kam zurück. Er saugte alle Schmutzreste und verbrannten Teile in sich auf. In der
Nische angekommen, würde er sie in einen Schacht stoßen, der direkt an einen Konverter
führte.
Arrek bückte sich und lud den Duplo auf die Schultern. So schleppte er ihn zur nächsten
Schleuse. In der Schleusenkammer legte er einen Schutzanzug an. Dann öffnete er die äußere
Schleusenwand. Er stieß den Toten in den Weltraum hinaus.
Einen Augenblick später stand er wie betäubt da: Ein untersetzter Mann mit einem roten
Gesicht, der nur wenig Ähnlichkeit mit einem Tefroder hatte. Er schloß die Schleuse, zog den
Schutzanzug aus und kehrte in das Innere des Schiffes zurück. Als er den Antigravschacht
erreichte, verstummte plötzlich das Dröhnen der Normaltriebwerke.
Arrek blieb unvermittelt stehen.
Irgend etwas war geschehen. Ko-Antin Zweihunderteins oder die Haluter hatten einen Ausweg aus
dem Zeitdilemma gefunden, in das beide Schiffe verstrickt zu werden drohten.
Arrek rannte auf dem schnellsten Wege in die Zentrale. Er sah, daß Ko-Antin angespannt im
Kommandosessel kauerte und die Bildschirme beobachtete. Auch die anderen Offiziere beobachteten
wie gebannt die Ortungsgeräte.
Arrek atmete tief durch. Er mußte alles von sich abschütteln, was er in den letzten Minuten
erlebt hatte. Er mußte Sechsunddreißig vergessen und die schreckliche Maschine, die ihn
erschaffen hatte. Er durfte sich nur noch auf die Geschehnisse innerhalb der Intervallzone
konzentrieren, denn die Haltung des Kommandanten bedeutete Gefahr.
Als Arrek sich auf seinem Platz niederließ, fragte der Kommandant der SUSAMA: »Wo waren Sie,
Arrek?«
Er fragte es, ohne den Kopf zu heben, doch Arrek deutete die anschwellenden Adern an Ko-Antins
Hals richtig. Es wurde Zeit, daß er sich wieder an seine übliche Rolle gewöhnte.
»Sie sollten ein Adrenalin-Präparat zu sich nehmen, Kommandant«, sagte er gelassen. »Das wird
die mangelhafte Hormonproduktion Ihrer Nebenniere ausgleichen und Ihren Blutdruck
stabilisieren.«
Ko-Antins Lippen wurden schmal.
»Hören Sie mit diesem Blödsinn auf!« befahl er. »Die Haluter sind im Linearraum verschwunden.
Mir bleibt nichts anderes übrig, als genau das gleiche zu tun. Wenn wir Pech haben, kommen wir
direkt vor ihren Geschützen heraus.«
Arrek sah ihn von der Seite her an.
Geschwaderkommandant Joakin hatte recht. Ko-Antin war tatsächlich ein guter Kommandant.
Sie nannten den Riesenstern Big Blue.
Big, weil er den fünftausendfachen Durchmesser von Sol besaß, und Blue wegen seiner
leuchtenden Farbe.
Big Blue besaß einen einzigen Trabanten – einen ungefähr erdgroßen Planeten. Bisher
hatten die Terraner jedoch keine Gelegenheit erhalten, sich um diese Welt zu kümmern, denn ihre
Aufmerksamkeit galt ausschließlich dem Duplikatorschiff.
Es war eine Jagd, die für beide Parteien unangenehme Folgen bringen konnte. Zweimal hatte
Rhodan es trotz der hohen Geschwindigkeit riskiert, auf das flüchtende Schiff zu feuern. Dabei
wäre die CREST III fast von ihren eigenen Salven vernichtet worden, denn sie war so schnell, daß
sie die Feuerstöße ihrer Transformkanone fast einholte.
Danach hatte Rhodan an die Feuerleitzentrale den Befehl gegeben, das Feuer einzustellen. Die
Verfolgung des tefrodischen Schiffes wurde jedoch fortgesetzt. Der Einsatz von Mutanten schied
aus, da das Tefroderschiff in sein Halbraumfeld gehüllt war, das für Teleporter undurchdringbar
war.
Für einen bewegungslos im Weltraum stehenden Beobachter betrug die Zeit, die die beiden
Schiffe zur Erreichung der einzigen Welt, die Big Blue umkreiste, noch benötigen würden, ungefähr
zwanzig Stunden. An Bord der Raumschiffe galten jedoch völlig andere Bezugspunkte. Der Zeitablauf
der CREST III und der SUSAMA war durch die extreme Geschwindigkeit so verlangsamt worden, daß er,
immer relativ gesehen, fast zum Stillstand kam.
Der Zeitverschiebungseffekt beschränkte sich natürlich nicht allein
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