Silberband 029 - Der Zeitagent
getan haben sollte, so war es unwissentlich
oder durch Unbedachtsamkeit geschehen.
Diesmal aber lachte ich! Ich lachte über den Tobsuchtsanfall eines Mannes, der sich für
unüberwindbar und grenzenlos überlegen gehalten hatte.
Sein Name war Frasbur, Zeitagent der Meister der Insel.
Nach dem Feuerschlag auf die Festung hatte er seine Schauspielerei aufgegeben und damit
begonnen, unsere Mutanten unflätig zu beschimpfen. Jetzt raste er immer noch.
Er hatte erkannt, wie elegant wir ihn genasführt und die Spitze des Schwertes gegen seine
eigene Brust gerichtet hatten. Er beschimpfte mich ebenfalls, stieß zwecklose Drohungen aus und
machte schließlich Angebote über Angebote, auf die niemand einging.
Die Ärzte hatten Frasbur zu seinem Schutz auf dem Speziallager festgeschnallt. Ein Assistent
stand mit einer Beruhigungsspritze bereit. Rhodan war nicht erschienen. Es genügte, wenn ich mich
den Grobheiten aussetzte.
Als Frasbur luftschnappend verstummte, kam ich endlich dazu, ein paar Worte zu sagen.
»Man soll seinen Gegner nie unterschätzen, Frasbur. Sie gelten nach terranischem Recht als
Kriegsgefangener, obwohl man Sie eigentlich als Verbrecher aburteilen müßte. Dies maßen wir uns
jedoch aus dem Grund nicht an, weil wir uns in der Vergangenheit befinden. Die Lebewesen, die Sie
hier schädigen, sind im Grunde genommen seit fünfzigtausend Jahren tot. Trotzdem ist und bleibt
es ein Verbrechen, die fähigsten Männer der Lemurer zu entführen und nach ihrem Schablonenmuster
zahllose Duplos herzustellen. Wir werden ihre Zeitstation angreifen und das Wissen verwenden, das
Sie uns in so reichlichem Maße übermittelt haben. Wenn Sie vernünftig sind, werden Sie jetzt noch
einige Zusatzfragen beantworten.«
Er fluchte. Ich ließ mich nicht stören. Vielleicht gelang es mir, noch einige interessante
Fakten aus ihm herauszuholen.
»Sie sind also nicht vernünftig. Sie sollten als logisch denkender, wissenschaftlich
geschulter Offizier wissen, daß Sie von Ihren Auftraggebern bereits abgeschrieben sind. Wenn Sie
wie die Duplos einen Reizempfänger im Gehirn trügen, wären sie bereits tot; gestorben durch die
Explosion des Mikrogerätes.«
Wieder ein Fluch. Sein abgezehrtes Gesicht zuckte.
»Wir werden den Zwischenzeit-Transmitter erobern und ihn auch in Betrieb nehmen. Wollen Sie
uns dabei behilflich sein?«
Er kniff die Augen zusammen und beruhigte sich übergangslos. Ich ahnte, daß ich einen
schwachen Punkt berührt hatte. Wahrscheinlich dachte er jetzt daran, daß wir niemals dazu kommen
würden, das Gerät für unsere Zwecke einzusetzen. Ich wollte dagegen nur von ihm bestätigt haben,
ob eine Zeitversetzung des gesamten Schiffes so wahrscheinlich war, wie wir es uns ausgerechnet
hatten. Wenn das so war, mußte Frasbur nun in seine alte Taktik zurückfallen und versuchen, uns
in die Nähe der Station zu locken. Seine letzte Hoffnung mußte darin bestehen, uns durch eine
plötzliche Verschiebung kampfunfähig zu machen. Wie würde er reagieren?
Er hatte nicht viel dazugelernt. Seine Schauspielkünste waren erschöpft und nicht mehr
variierbar. Ich wußte sofort, was er im Sinne hatte. Ein Mann, der sich Augenblicke zuvor noch
mit allen Kräften gegen die Gefangenschaft auflehnt und wegen eines Versagens vor Haß derart
ausfällig wird, verwandelt sich nicht innerhalb von Sekunden in einen ehrlichen Freund.
Frasbur bemerkte es auch, aber er war nicht imstande, seine Beschönigungen einigermaßen
glaubhaft vorzubringen.
»Sie meinen, man hätte mich abgeschrieben? Ist das Ihre tatsächliche Überzeugung?«
»Das sollten Sie doch besser wissen als ich. Die Meister der Insel sind erbarmungslos. Sie bedeuten ihnen nichts mehr, zumal sich diese Logiker wohl vorstellen können, daß wir
Sie durch unsere Mutanten überlistet haben. Reden Sie also. Wenn Sie uns bei der Bedienung der
Zeitstation helfen, erhalten Sie eine weitgehende Hafterleichterung. Was würde es Ihnen nützen,
weiterhin aufsässig zu sein? Damit verschafft man sich kein Wohlwollen.«
Er markierte den Unschlüssigen und überlegte. Seine nächste Reaktion würde für uns
entscheidend sein.
»Besetzen Sie erst einmal die Station. Danach werde ich mich entscheiden.«
»Sind Sie über die Zeitschaltungen informiert?«
»Ja.«
Ich mußte mich mit aller Willenskraft beherrschen. Frasbur verriet mehr, als er dachte. Er
konnte nicht auf die Idee kommen, daß es uns gleichgültig war, ob er die
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