Silberband 032 - Die letzte Bastion
kalt. Links und rechts von M'giih lagen auf Brettchen die
Fleischklößchen.
»Würden Sie uns bitte allein lassen, M'giih?« fragte Atlan.
M'giih blinzelte verwirrt, als könnte er nicht begreifen, daß es irgend etwas in diesem
Universum gab, was wichtiger als die Herstellung von Fleischklößchen war.
»Ich höre überhaupt nicht zu, Sir«, versicherte der Koch. »Ich bin sozusagen überhaupt nicht
vorhanden.«
Atlan warf seiner Begleiterin einen verzweifelten Blick zu. Köche waren besondere Menschen.
Sie hatten ihre eigene Auffassung von Disziplin.
»Vielleicht können Sie die Produktion der Klößchen in die Kombüse verlegen«, schlug Atlan
vor.
»In der Kombüse ist es zu warm«, erklärte M'giih widerwillig. »Die Klößchen fallen mir dort
zusammen.«
»Dann«, sagte Atlan verzweifelt, »unterbrechen Sie eben die Produktion für eine Weile und
kommen wieder, wenn wir fertig sind.«
M'giih dachte über den Vorschlag nach und schüttelte schließlich entschieden den Kopf.
»Das geht nicht, Sir«, sagte er bedauernd. »Der Teig muß ständig geknetet werden, sonst wird
er zu fest.«
Atlan holte tief Luft. »M'giih«, begann er erneut. »Ich möchte mich mit dieser Dame hier
ungestört unterhalten. Ich befehle Ihnen, die Kantine sofort zu räumen.«
M'giih räusperte sich unbeeindruckt und fuhr fort, den Teig zu kneten.
»Die Versorgung der Besatzung ist des Kochs höchste Pflicht«, zitierte er. »Handbuch für Köche
der Flotte. Seite achtzehn, Spalte drei, Sir.«
»Dann wird ein Teil der Besatzung eben auf Fleischklößchen verzichten«, sagte Atlan
wütend.
»Aus psychologischen Gründen hat der Koch auf eine gerechte Verteilung der zur Verfügung
stehenden Nahrungsmittel zu achten«, erwiderte M'giih. »Auch zwischen Offizieren und einfachen
Mannschaftsgraden darf kein Unterschied gemacht werden. Handbuch für Köche der Flotte. Seite
dreiundzwanzig, Spalte zwölf.«
»Ich weiß nicht, wer dieses widerliche Buch geschrieben hat«, seufzte der Arkonide. »Aber Sie
können diese Klößchen auch in der Kombüse machen. Es ist schließlich gleichgültig, ob sie
zusammenfallen oder nicht. Ich bin überzeugt, daß kein Besatzungsmitglied etwas davon merkt, wenn
sein Klößchen weniger schön ist als das des Nebenmannes.«
M'giih schüttelte den Kopf. »Es erhöht die Moral der Besatzung, wenn die Nahrungsmittel in
einer den Augen ansprechenden Aufmachung gereicht werden«, belehrte er Atlan. »Handbuch für
Kö…«
Atlan ergriff ein Fleischklößchen und warf es nach M'giih. Der Koch ergriff seine Utensilien
und flüchtete in die Kombüse.
Mirona Thetin lachte. »Ich freue mich, daß Sie Sinn für Humor haben, Admiral«, sagte sie.
M'giih klappte die Durchreiche zur Kombüse auf und wedelte mit einem Handbuch.
»Ich bitte um Genehmigung, die zurückgelassenen Klößchen abholen zu dürfen!« rief er.
Mirona Thetin brachte sie ihm. Als sie zurückkam, war ihr Gesicht hochrot. Einer ihrer Arme
war mit Syntho-Masse verschmiert.
»Der unverschämte Kerl hat versucht, mich zu umarmen«, sagte sie empört.
»Er ist von Darschong«, erklärte Atlan. »Dort gilt eine Umarmung als Zeichen der Dankbarkeit.
Er hat sich wahrscheinlich überhaupt nichts dabei gedacht.«
Sie blitzte ihn an. »Dem Ausdruck seiner Augen nach zu schließen, hat er sich eine ganze Menge
gedacht«, fauchte sie.
»Wenn Sie zornig sind, gefallen Sie mir noch besser«, sagte Atlan.
»Ich weiß, daß ich schön bin«, entgegnete sie selbstbewußt. »Ich habe es bereits von einigen
hundert Männern gehört, die alle dachten, sie könnten die Macht im Sulvy-System mit mir
teilen.«
»Ich habe keinerlei Ambitionen, was Ihre politische Macht betrifft«, versicherte Atlan. »Mein
Interesse gilt lediglich der Frau Mirona.«
Ihr Zorn verflog. Sie lächelte sanft.
»Fürchten Sie nicht, daß es umgekehrt sein könnte?« wollte sie wissen. »Nehmen Sie nicht an,
daß ich daran interessiert bin, von Ihrer Macht zu profitieren?«
»Es wäre mir gleichgültig«, sagte Atlan leise.
Sie kam mit raschen Bewegungen auf ihn zu.
»Sir!« brüllte M'giih in diesem Augenblick von der Kombüsentür aus. »Kommen Sie her und sehen
Sie sich die Katastrophe an.«
Es fiel Atlan schwer, seine Blicke von der Tefroderin zu lösen.
»Ich werde einmal nachsehen, was er will«, sagte er unsicher. »Dann unterhalten wir uns über
Ihre Pläne.«
Ihr Lächeln, das eben noch ein Versprechen auszudrücken schien, wurde
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