Silberband 034 - Die Kristallagenten
Geschöpfes versunken, daß er sich nur langsam
darüber klarwurde, daß die Handbewegung ihm galt.
Der Fremde, der stehengeblieben war, kam jetzt weiter auf das Diskusschiff zu. Overmile hob
warnend die Waffe. Er zitterte und hätte sich am liebsten umgedreht und die Schleuse
verschlossen.
Overmile gab einen Schuß ab. Er zielte absichtlich über den Kopf des Unbekannten hinweg. Der
Strahlenschuß zischte und erzeugte eine feurige Bahn in der Dämmerung.
Wieder hielt der Fremde an. Die starr blickenden Facettenaugen erschienen Overmile weniger
unheimlich als der pulsierende Gewebeklumpen in der Stirn des Wesens.
»Stehenbleiben!« rief Overmile. »Noch einen Schritt, und ich ziele genau.«
Er dachte kaum daran, daß man ihn nicht verstehen würde. Sein ganzes Denken und Handeln war
darauf ausgerichtet, niemand zu nahe an die Space-Jet heranzulassen. Der Ankömmling schien jedoch
den Klang von Overmiles Worten richtig gedeutet zu haben. Mit hängenden Armen stand er im Regen,
eine dürre Gestalt, die wie die Karikatur eines Menschen aussah.
»Verschwinde!« stieß Overmile hervor und wedelte mit der Waffe.
Der Fremde gab ein Geräusch von sich; einen seltsam hohen Ton, der weithin hörbar war.
Overmile zuckte zusammen. Er war erleichtert darüber, daß der andere keine Waffe trug, aber
gleichzeitig war er sich bewußt, daß sich hinter dem Fremden ein Flugkörper befand, der
wahrscheinlich gut bewaffnet war.
Wenn ich jetzt nachgebe, kommt er herein und überwältigt mich, dachte Overmile.
Der Konflikt auf Modula II beschränkte sich auf den Fremden und ihn; es war nach Overmiles
Ansicht die entscheidende Begegnung mit den Beherrschern der Hypnokristalle. Daran, daß dieses
Wesen zu den unbekannten Machthabern gehörte, zweifelte der Korporal nicht.
Obwohl es in Strömen regnete, schien die dünne Kleidung des Extraterrestriers nicht naß zu
sein, denn sie bewegte sich wie ein Schleier im Wind. Doch davon nahm Overmile kaum Notiz. Seine
Aufmerksamkeit beschränkte sich auf den vollkommen durchsichtigen Kopf.
Der Fremde hob jetzt beide Arme; eine beschwörende Geste, die ihre Wirkung nicht
verfehlte.
Korporal Wallen Overmile entschloß sich, darauf einzugehen. Er hob die freie Hand und winkte.
Sofort setzte sich das Wesen wieder in Bewegung.
»Halt!« schrie Overmile warnend.
Da schien der andere der einseitigen Unterhaltung überdrüssig zu sein. Er drehte sich um und
ging davon, während seine Gewänder wie eine Fahne hinter ihm nachflatterten.
Overmiles Mund war vor Erregung ausgetrocknet. Die Reaktion der Nerven setzte ein, und er
mußte sich gegen den Rand der Schleuse lehnen. Er brauchte eine Minute, bis er sich so weit
gefangen hatte, daß er ins Innere der Space-Jet gehen und die Schleuse schließen konnte.
Er warf sich in einen Sessel und atmete schwer. Er wußte nicht, was jetzt geschehen würde.
Erfolgte jetzt der Angriff, nachdem eine kampflose Eroberung der SJ-28 gescheitert war?
Overmile wurde sich der Verantwortung bewußt, die auf ihm lastete. Es war möglich, daß Hohle
und seine Begleiter bereits in die Gefangenschaft der Fremden geraten waren. Dann hing alles von
ihm ab.
Der Korporal erhob sich und näherte sich langsam dem Funkgerät. Unter den gegebenen Umständen
war es vielleicht besser, wenn er versuchte, eine Verbindung zu Major Hohle herzustellen.
Bevor er jedoch das Funkgerät einschaltete, fielen seine Blicke auf die Kuppel.
Rings um die Space-Jet hatten etwa fünfzig Generäle Aufstellung genommen. Sie verhielten sich
abwartend, aber ihre Waffen redeten eine deutliche Sprache.
Umzingelt! schoß es Overmile durch den Kopf.
Er wandte sich vom Funkgerät ab. Jetzt durfte er sich nicht zu einer Handlung verleiten
lassen, die von seiner Panik bestimmt war. Er mußte ruhig überlegen, bevor er irgend etwas
unternahm. Es fiel ihm jedoch schwer, seine Gedanken zu konzentrieren. Schließlich schaltete er
den HÜ-Schirm des Diskusschiffs ein. Dieser gewährte ihm einen gewissen Schutz, aber die vier
Besatzungsmitglieder der Jet, die sich im Freien befanden, konnten nicht an Bord zurückkehren,
solange der Schirm eingeschaltet war.
Overmile kannte die Generäle nur von Beschreibungen und Bildern. Sie trugen Glasbehälter auf
ihren Schultern. Auch davon hatte Overmile gehört. Es wurde angenommen, daß innerhalb dieser
Behälter Symbionten lebten.
Wehmütig dachte der Korporal an seine gefahrlose Arbeit an Bord der CREST IV. Gleichzeitig
spürte
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