Silberband 040 - Dolan-Alarm
Raum-Zeit-Kontinuums. Der Hyperraum begann erst jenseits der Paratronblase. Es
war ein Stück importierten heimischen Universums, auf dem wir lagen. Selbst das Vakuum gehörte
dazu. Ohne diese vierdimensionale Insel im fünfdimensionalen Kontinuum wären wir nicht
materialisiert, sondern in unser eigenes Universum zurückgeschleudert worden.
»Mein Gott!« flüsterte es im Helmempfänger.
Es war Cuen Cornyns Stimme. Der Major der Raumpioniere und Sprengmeister der Flotte schien
erschüttert zu sein.
Ich wußte, wodurch.
Zwischen den hyperenergetischen Entladungen konnten wir seltsame leuchtende Gebilde sehen, die
sich unter und über uns majestätisch langsam drehten. Sie sahen aus wie Riesenmoleküle, die man
mit radioaktiven Stoffen markiert hatte und durch ein Elektronenmikroskop beobachtete.
»Es handelt sich um Galaxien unseres eigenen Kontinuums«, erklärte Hisso Rillos. »Vom
Hyperraum aus sehen sie so aus – jedenfalls, wenn man sich innerhalb eines Paratronschirmfeldes
befindet.«
Ich merkte, daß ich auf dem besten Wege dazu war, die Nerven zu verlieren. Über mich selbst
verblüfft, zwang ich mich gewaltsam zur Ruhe.
»Können Sie mir sagen, welches unsere Heimatgalaxis ist?« fragte ich den Haluter.
»Nein«, antwortete Rillos schlicht.
»Ich vermute«, warf Pinar Alto ein, »daß sich die Galaxien gar nicht dort befinden, wo wir sie
zu sehen glauben. Es handelt sich wahrscheinlich um immaterielle Erscheinungen, die …« Er
stockte und fuhr dann unsicher fort: »Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll.«
»Na schön«, murmelte ich. »Wenden wir uns unserer Aufgabe zu!«
Ich riß mich zusammen und beobachtete die nähere Umgebung genauer. Bis jetzt hatte sich noch
keine feindselige Reaktion auf unser Eindringen in die Paratronblase gezeigt.
Die Plattform im Hyperraum schien eine Art fliegende Stadt darzustellen. Zahlreiche
Vertiefungen, Abstufungen und unterschiedlich große, fensterlose Kuppelbauten unterbrachen die
Monotonie der stählernen Oberfläche.
»Das kann unmöglich ein Waffenarsenal der Zweitkonditionierten sein!« stieß Fellmer Lloyd
hervor. »Nach Oleks Beschreibungen müßte es ganz anders aussehen.«
Er sagte damit etwas, was mir ebenfalls klargeworden war. Wir hatten nicht das gefunden, was
wir suchten. Aber noch wußten wir nicht, in welchem Zusammenhang die Plattform mit den
Zweitkonditionierten stand. Irgendeine Bedeutung mußte sie jedenfalls haben, sonst hätte man sie
nicht im Hyperraum verborgen.
»Ich orte etwas!« murmelte Lloyd.
Unwillkürlich hielt ich den Atem an.
Fellmer Lloyd war nicht nur ein sehr guter Telepath, sondern auch ein Impulsorter, das heißt,
er konnte undefinierbare gedankliche oder gefühlsmäßige Ausstrahlungen wahrnehmen und ihren
Standort einpeilen.
Wir warteten geduldig. Es hätte nicht nur keinen Sinn gehabt, den Mutanten zu drängen, sondern
es wäre auch unserer Aufgabe abträglich gewesen.
»Es sind Individualschwingungen«, erklärte Lloyd nach einiger Zeit, »die nur von biologisch
lebenden Organismen ausgehen können. Aber ich kann sie nicht näher identifizieren. Gedanken im
Sinne des Wortes sind es jedenfalls nicht.«
Ich reckte meinen Kopf ein wenig höher, um das Gelände besser überschauen zu können. Auf der
weiten Fläche der Plattform gab es keinerlei Bewegung, jedenfalls nicht dort, wohin wir direkt
sehen konnten. Ohne Fellmer wären wir wahrscheinlich zu dem Schluß gekommen, einen verlassenen
Stützpunkt vor uns zu haben.
Plötzlich stand einer der Haluter auf.
An den Zeichen, die wir allen drei Halutern auf Brust und Rücken befestigt hatten, um sie
während des Einsatzes voneinander unterscheiden zu können, erkannte ich Pinar Alto.
»Ich bin dafür, daß wir uns einige der Gebäude von innen ansehen«, sagte er ungeduldig.
Ich sprang ebenfalls auf. Mit gezogener Waffe stellte ich mich neben den Haluter. Alto trug
unter seinem Kampfanzug das Aktivierungsgerät für die Rückkehr in den Einsteinraum. Es war
unverantwortlich von ihm, sich und damit das unersetzliche Gerät deckungslos jedem Gegner
anzubieten.
Doch noch immer rührte und regte sich nichts auf dieser stählernen Welt. Die blanke
Metallfläche wurde lediglich vom zuckenden Schein der hyperenergetischen Entladungen übergossen.
Als Lloyd von rechts auf mich zustapfte, sah es aus, als wate er durch ein Meer von Blut.
Ich sah, wie sich hinter der Sichtscheibe des Helms sein Mund öffnete. Aber bevor er dazu
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