Silberband 045 - Menschheit am Abgrund
»Außerdem hat Dabrifa jetzt andere Sorgen, als sich um seine weit über die Galaxis verstreuten Waffenlager zu kümmern. Wir werden unbehelligt auf Ursus landen und die wenigen dort stationierten Soldaten Dabrifas mit Paralysestrahlern ausschalten. Bis sie wieder zu sich kommen, können wir schon verschwunden sein.«
Tipa Riordan erhob sich und stützte sich auf ihren hydraulischen Stock. Dantroff wußte, daß seine Chefin in diesem Stock mehrere Waffen und Funkgeräte untergebracht hatte. Außerdem konnte Tipa mit Hilfe des hydraulischen Stockes sechs Meter hoch springen und auf diese Weise Hindernisse überwinden.
Auch der Knoten, zu dem Tipa Riordan ihre Haare gebunden hatte, diente als Versteck für mehrere Mikrowaffen und ein Ortungsgerät.
Nur Kawa Dantroff wußte genau, welches Arsenal an Waffen und Geräten die alte Frau mit sich herumzuschleppen pflegte.
»Hol die Karte!« befahl Tipa.
Dantroff ging zum Wandschrank und entnahm ihm einige Karten, von denen er eine auf Tipas Liege ausbreitete. Tipa sah, daß die Hände des Ersten Wesirs zitterten. Sie warf ihm einen Seitenblick zu.
»Was ist los, Kawa?« erkundigte sie sich. »Du bist doch nicht etwa nervös wegen des bevorstehenden Einsatzes?«
Verlegen senkte Dantroff den Kopf.
»Das ist es nicht.«
»Sondern?«
Dantroff schwieg. Tipa berührte ihn mit dem Stock, und der Elektroschock, den er erhielt, ließ ihn einen Satz zur Seite machen.
»Laß das, Tipa!« fauchte er.
»Ich will wissen, was los ist«, forderte die Piratin.
»Es ist die alte Geschichte«, sagte Dantroff widerwillig. »Ich habe dich schon wiederholt gebeten, mich nicht allein in diese Kabine zu rufen.«
Einen Augenblick war Tipa Riordan verblüfft, dann begann sie schallend zu lachen. Sie schlug sich vor Vergnügen mit der freien Hand auf ihre dürren Schenkel.
»Hat wieder jemand behauptet, wir hätten ein Verhältnis?«
»Ja«, sagte Dantroff errötend.
»Köstlich, köstlich«, sagte die Piratin. »Du glaubst doch nicht im Ernst, daß ich etwas gegen diese albernen Gerüchte unternehme? Ich bin hundertfünfundzwanzig und du achtzig. Abgesehen davon, daß ich bei meinem Aussehen noch manch jungen Burschen verwirren könnte, halte ich es für absurd, daß man ausgerechnet einen vertrockneten Zwerg wie dich für meinen Liebhaber hält.«
Dantroff starrte sie an.
»Du bist so hübsch wie eine tote Maus«, sagte er.
Die grünen Augen der Piratin schienen den Ersten Wesir durchbohren zu wollen.
»Wiederhole das noch einmal!«
Trotzig sagte Dantroff: »Du bist so hübsch wie eine tote Maus.«
»Du widerlicher, stinkender Pirat!« schrie sie. »Alles, was du besitzt, verdankst du mir. Trotzdem wagst du es, mir mit solchen Worten …« Ihre Stimme überschlug sich, und sie rang nach Atem.
»Schon gut, Tipa«, sagte Dantroff besänftigend. »Wir wollen uns nicht länger streiten. Sehen wir uns lieber die Karte an.«
Sie beugten sich über die Karte, die den größten Kontinent des Planeten Ursus im Gal-System zeigte. Den Ort der dabrifanischen Waffenlager hatte Tipa rot angekreuzt.
»Fast der gesamte Kontinent wird von dichtem Dschungel überzogen«, sagte Tipa. »Nur hier und hier, neben dem Fluß und an den Berghängen, haben wir freie Sicht. Die Lager sind in diesem Tal untergebracht.«
»Wir werden nicht im Tal landen können«, gab Dantroff zu bedenken.
»Nein«, stimmte Tipa zu. »Wir werden also zunächst mit Paralysatoren von der Luft aus angreifen. Sobald die Soldaten ausgeschaltet sind, landen wir neben dem Fluß und fliegen mit Beibooten ins Tal. Auf diese Weise wird es etwas länger dauern, bis wir die Magazine ausgeräumt haben, aber das ist nicht so tragisch.«
»Einverstanden«, sagte Dantroff. »Ich werde mir noch über die Einzelheiten Gedanken machen.«
Der Interkom summte und unterbrach ihr Gespräch. Aus der Funkzentrale der DREADFUL meldete sich Romon Moxon.
»Drei feste Faustschläge, Mylady.«
»In Ordnung, Moxon! Was gibt's?«
»Hilferufe von der ARPEGE, Mylady. Die ARPEGE wird von einem Kugelschiff angegriffen und ist schwer in Bedrängnis. Der Kommandant glaubt nicht, daß er durchkommen kann.«
Tipa und Dantroff blickten sich an. Die ARPEGE war mit einer Botschaft der Piratin ins Summalla-System unterwegs.
»Ich könnte wetten, daß die ARPEGE von einem USO-Kreuzer angegriffen wird!« stieß Tipa hervor. Ihre Augen verengten sich.
»Moxon, haben Sie von der ARPEGE alle Koordinaten erhalten?«
»Ja, Mylady.«
Tipa wandte sich an
Weitere Kostenlose Bücher