Silberband 046 - Der Todessatellit
sank. Zwei Raumfahrer aus Corellos Leitschiff stellten eine Treppenleiter vor dem Schrein auf.
Als erster stieg Balto Linsner-Kiess hinauf. Seine Augen wirkten glasig; wahrscheinlich sah er den Mutanten nicht wirklich. Die Hände streckten das Samtkissen vor.
»Erweisen Sie uns die Gnade«, murmelte der Hohepriester, »Tapur, von mir den General-Kodegeber für die Tempelstadt Garsinath entgegenzunehmen. Garsinath gehört Ihnen, Tapur, und wir sind Ihre Diener. Der ganze Planet Galaner steht Ihnen zur Verfügung. Befehlen Sie, wir werden gehorchen.«
»Das will ich hoffen«, erwiderte Corello, ohne es jedoch für notwendig zu halten, die Außenlautsprecher zu aktivieren.
Er konzentrierte sich auf den flachen General-Kodegeber und transportierte ihn auf telepsimatischem Wege auf seinen Schalttisch. Wieder einmal hatte er eine Welt unterworfen, ohne daß ein einziger Schuß gefallen wäre. Kein galaktisches Gericht, kein Völkerrat würde ihm nachweisen können, daß er Galaner – oder andere Welten – gewaltsam unter seinen Einfluß gebracht hatte. Die Unterworfenen würden das Gegenteil behaupten.
Dazu war nur noch eine Kleinigkeit notwendig.
Ribald Corello löschte aus dem Gedächtnis der Báalol-Priester die Erinnerung an den Kampf um die Tempelstadt. Dafür suggerierte er ihnen, sie hätten ihn aus freien Stücken als ihren Oberherrn anerkannt.
Balto Linsner-Kiess zog sich unter zahlreichen Verbeugungen zurück. Die anderen Priester stiegen einer nach dem anderen die Treppenleiter hinauf, verneigten sich stumm vor dem Mutanten und verschwanden wieder. Die Zeremonie war Ribald Corello widerwärtig, dennoch wußte er, daß sie sich nicht vermeiden ließ, wollte er seine Macht tief genug verankern. Jedes Volk besaß ganz bestimmte Riten, mit denen es seinen höchsten Vertreter weihte, ob es sich um die Vereidigungszeremonie eines parlamentarisch gewählten Regierungschefs handelte oder um den Häuptling einer Barbarensippe. Ohne die Einhaltung der spezifischen Riten würde dem jeweiligen Herrscher das ganz spezifische Fluidum fehlen, das ihn über die Masse hinaushob und ihm einen Sonderstatus verlieh. Brutale Gewalt allein tat es nicht, das bewiesen die zahllosen Diktaturen, die es im Verlauf der galaktischen Geschichte gegeben hatte und noch immer gab.
Endlich war die ermüdende Prozedur vorüber. Ribald Corello zog sich mit seinem Schrein in die Kabine seines Leitschiffes zurück. Dort, in der Einsamkeit, wo kein anderes Wesen ihm zusehen konnte, aktivierte er durch Gedankenimpulse die Fütterungsanlage. Greifarme fuhren aus, stopften ihm Nährbrei in den Mund. Danach trat der Sauger in Aktion. Viel benötigte das Monstrum nicht an Nahrung oder Flüssigkeit; es kam vor allem darauf an, daß darin genügend Vitamine, Mineralstoffe und Proteine enthalten waren. Den größten Teil dieser Nahrung beanspruchte sein riesiges Gehirn.
Als die Mahlzeit beendet war und ein weiterer Greifarm ihm den Mund gesäubert hatte, legte Corello sich zur Ruhe. Die Klammern seiner Kopfstütze zogen sich zurück. Mit zufriedenem Kleinkindergesicht lag das Monstrum auf seinem weichen Polster. Er lutschte noch einige Minuten an seinem Daumen, dann fiel der Kopf zur Seite.
Ribald Corello schlief tief und fest wie ein satter Säugling. Doch die Träume, die die miteinander korrespondierenden Hirnrindenteile erzeugten, waren alles andere als die Träume eines Kindes …
22.
»Das muß Drofronta sein«, murmelte Perricone Heublein und musterte die Sektorvergrößerung des Panoramaschirms, die eine große rote Sonne zeigte. »Ludov, vergleichen Sie mit den Unterlagen, die wir im Schiff des Antis fanden!«
Der Erste Offizier des Städtekreuzers sprach bereits mit der Ortungszentrale und ließ vergleichende Messungen anstellen. Das aus dem Antischiff geborgene Kontrollaufzeichnungsgerät leistete dabei hervorragende Dienste. Es gab kaum zwei Sonnensysteme mit gleichen Fluchtgeschwindigkeiten, und jede Raumschiffsnavigation mußte Rücksicht auf die spezifische Fluchtgeschwindigkeit nehmen, die zum Verlassen des Systems auf gradlinigem Kurs erforderlich war.
»In Ordnung, Sir«, erklärte er nach einigen Minuten. »Das ist Drofronta. Aber von hier aus, fürchte ich, werden wir nicht feststellen können, was sich auf dem zweiten Planeten abspielt.«
Major Heublein lachte. Die dunklen Augen in seinem schmalen Gesicht leuchteten in verzehrender Glut. »Hier werden wir auch nicht bleiben, Ludov!« rief er aus. »Wir steuern eine
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