Silberband 049 - Welten in Angst
versuchte sich loszureißen, aber gegen Kasoms stahlharten Griff kam er nicht an. Bebend vor Zorn sagte er:
»Dieser Gucky hat mir meine Zeutschnecke kaputtgemacht. Er war vor zwei Stunden hier und hat sich meine Sammlung angesehen. Und jetzt ist das versteinerte Schneckenhaus zertrümmert.«
Während er sprach, legte sich seine Erregung etwas. Kasom ließ ihn los, und der Mathelogiker deutete zu dem Schrank.
»Sehen Sie sich das an, Oberst! Völlig zertrümmert. Das kann nur ein Telekinet gewesen sein.«
»Warum?« fragte Toronar und deutete auf die Lücke, die zwischen Panzertroplon und Schrankwand klaffte. »Steht der Schrank immer offen?«
Kase riß die Augen auf, kniete nieder und starrte fassungslos auf den handbreiten Spalt.
»Nein«, meinte er kleinlaut. »Ich verschließe die Wand immer. Man braucht einen speziellen Impulsgeber, um sie zu öffnen.«
Er schob die transparente Wand vollkommen zur Seite und nahm die Bruchstücke des Schneckenhauses in die Hand. Der Oberst erkannte, daß das Gehäuse sehr dickwandig war und ungefähr die Größe eines terranischen Suppentellers gehabt haben mußte. Die Wandung schimmerte in allen Farben und war von haarfeinen Rillen durchzogen. An der Innenseite des größten Bruchstückes war ein feuchter heller Fleck zu sehen.
Er deutete mit dem Finger darauf. »Was ist das, Professor?«
Tajiri Kase betrachtete die Stelle aufmerksam und roch daran. Dann fuhr er mit der Fingerkuppe darüber.
»Klebrig«, stellte er fest. »Wie Knochenleim. Ich verstehe das nicht. Sollte Gucky das Gehäuse versehentlich zerstört und danach versucht haben, es zu reparieren …?«
»Und ich verstehe nicht, warum Sie den Mausbiber so hartnäckig verdächtigen. Ich kenne Gucky erst seit kurzer Zeit, aber ich glaube nicht, daß er Ihnen das antun würde.«
»Außer ihm war niemand hier!« bestand Kase eigensinnig auf seiner Annahme. »Ich habe ihm meine Sammlung gezeigt, auch das Schneckenhaus von Zeut. Da war es noch ganz. Der Ilt hielt sich etwa fünfzehn Minuten allein hier auf, während ich ein wichtiges Visiphongespräch führte. Wenn er es nicht gewesen ist, war es wahrscheinlich ein Geist.«
Nach dieser ironischen Bemerkung stutzte er plötzlich.
»Bei allen meinen Vorfahren!« sagte er. »Jetzt fange ich schon an, Halluzinationen zu sehen.«
Oberst Toronar Kasom schaute ihn nachdenklich an.
»Die Aufregung, Professor«, sagte er begütigend. »Ich schlage vor, Sie setzen sich hin und trinken einen Schluck.«
Kase schüttelte den Kopf.
»Ich habe etwas durch mein Gesichtsfeld huschen sehen, Oberst Kasom. Es war ungefähr so groß …«, er zeigte mit den Händen eine Länge von etwa zehn Zentimetern an, »… und grau.«
Er überlegte.
»Terranische Mäuse sind grau und haben diese Größe. Offiziell leben Mäuse nur noch in Zoos, aber ich weiß, daß sie neulich dem Lordadmiral einen kostbaren Wandbehang aus Leder zerfressen haben.«
Er betrachtete die Bruchstücke in seinen Händen, dann legte er sie in den Schrank zurück.
»Aber das erklärt nicht dieses hier, Oberst Kasom. Obwohl die Tür geöffnet war …! Nein, eine Maus kann diesem steinharten Material nichts anhaben!«
Toronar streckte den Kopf in den Schrank und musterte nachdenklich den elektronischen Sperrknopf.
»Wenn man ihn berührt, müßte die Verriegelung eigentlich aufgehoben werden.«
Tajiri Kase lächelte.
»Seit wann kommen Einbrecher von innen, Oberst?«
Toronar blieb ernst.
»Und wenn es ein Ausbrecher war, Professor?« Er blickte vielsagend auf die Trümmer des Schneckenhauses.
Kase wurde bleich.
»Sie … Sie glauben, daß …?«
Toronar Kasom wehrte ab.
»Ich glaube überhaupt nichts. Aber es wäre doch möglich, daß das, was Sie für ein versteinertes Schneckenhaus hielten, etwas ganz anderes war.«
»Etwas anderes? Nein, mein lieber Oberst, ich verwechsle kein Ding dieses Universums mit einem Schneckenhaus. Bei meinen Erfahrungen wäre das unmöglich.«
»So!« meinte Kasom. »Wie ist es denn mit den seltsamen Lebensformen, die Ihnen auf Zeut beziehungsweise Taimon begegnet sind? Sie müssen schließlich nicht nur überwintern, sondern sich auch fortpflanzen, und wenn es sich um eierlegende Wesen handelt, dann müssen die Eier unter Umständen unter extremsten Verhältnissen den langen Winter überstehen. Die erwachsenen Lebewesen kommen bei etwa vierundzwanzig Grad Celsius ins Freie, die Jungen schlüpfen vielleicht erst bei viel höheren Temperaturen. Wie hoch haben Sie
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