Silberband 049 - Welten in Angst
Ihren Regler eingestellt?«
»Auf vierundzwanzig Grad Celsius«, erklärte Professor Kase. »Ihre Argumente sind logisch fundiert, Oberst.« Er fuhr sich mit der Hand über die Augen. »Der Taimoner ist also aus dem vermeintlichen Schneckenhaus geschlüpft, hat die Tür von innen geöffnet und sich versteckt.«
»Und vorhin ist er vor Ihren Augen ins Wohnzimmer entwischt«, ergänzte Toronar Kasom.
Tajiri Kase lächelte grimmig, schloß den Schrank und eilte ins Wohnzimmer. Dort öffnete er eine schmale Tür des silberbeschlagenen Schrankes. Eine kleine Sammlung altertümlicher terranischer Waffen wurde sichtbar. Kase griff zwei doppelläufige Schrotflinten heraus, reichte eine davon dem Oberst und bückte sich, um eine Schachtel mit Munition vom Boden des Faches aufzuheben.
»Zerbrechen Sie mir dieses Spielzeug nicht«, mahnte er, während er die Schachtel öffnete und zwei Schrotpatronen herausnahm, die er seinem Besucher in die Hand drückte. »Die Flinten sind nicht für Ertruser gebaut worden. Immerhin könnte man sogar einen Ertruser damit umbringen. Für dieses kleine Ungeheuer von Zeut werden sie jedenfalls genügen.«
»Sie wollen es töten?« fragte Kasom. »Ein Baby, das nach Ihren eigenen Beobachtungen nicht größer als eine Maus ist …?«
Kase schob die Patronen in die Läufe und nickte.
»Wenn Sie miterlebt hätten, wozu die halbintelligenten Taimoner fähig sind, würden Sie nicht so naive Fragen stellen.«
Er blickte sich suchend um. Irgendwo im Zimmer raschelte etwas, dann war es wieder still. Tajiri Kase hielt die Flinte schußbereit in der Rechten, in seiner großen Hand verschwand sie zur Hälfte. Leise pirschte er an die Stelle heran, wo er das Wesen vermutete.
Kasom beobachtete den Mathelogiker, dann legte er die Flinte auf den quadratischen Tisch. Er verabscheute den Gedanken, ein eben erst aus dem Ei geschlüpftes Lebewesen mit einer Ladung Schrotkörner zu töten. Unbeweglich blieb er stehen. Er hoffte, den kleinen Taimoner mit dem Gehör ausmachen zu können, bevor Kase ihn entdeckte.
Der Professor schlich unterdessen um die Bartheke herum. Plötzlich blieb er stehen und fluchte gottserbärmlich. Er wartete, doch der Oberst rührte sich nicht vom Fleck.
»Es hat meine Cocktailkirschen gefressen«, flüsterte er. »Ein ganzes Glas voll. Es ist umgeworfen worden. Wahrscheinlich haben wir es gestört.«
Toronar mußte grinsen. Der Verlust Kases schmerzte ihn nicht. Im Gegenteil. Irgendwie freute er sich, daß dieser kleine Taimoner dem riesigen Kase einen Streich gespielt hatte.
Der Professor lachte unvermittelt.
»Es hat auch an meinem Rumtopf genascht!« teilte er triumphierend mit. »Der Alkohol wird es bewußtlos gemacht haben. Nun finden wir es bald.«
Ganz in Kasoms Nähe ertönte eine Lautfolge, die sich wie ›Quantwon‹ anhörte.
Die beiden Ertruser erstarrten, dann wandten sie die Köpfe.
Auf der Tischplatte, direkt neben der Schrotflinte, stand ein kleines Lebewesen auf zwei Entenfüßen. Im ersten Moment sah es tatsächlich wie ein Entenküken aus. Doch dann erkannte Toronar Kasom die Unterschiede. Zwar entsprach die Körperform weitgehend der eines Entenkükens, aber bis auf die gefiederten Flügelstummel war seine Haut glatt, grobporig und stumpfgrau. Es besaß keinen Schnabel, sondern eine langgezogene Saurierschnauze mit zwei großen Nasenlöchern. Zwei terkonitblau strahlende Augen sahen treuherzig in die Welt.
Langsam hob Tajiri Kase seine Flinte.
Der Taimoner öffnete das Maul, wobei offenbar wurde, daß er keine Zähne besaß, und sagte erneut:
»Quantwon!« Dann fügte er hinzu: »Wanwa Weio Boblan Mum!«
Die Flinte in Kases Hand wackelte bedenklich, als das Wesen sich watschelnd über die Tischplatte bewegte und noch einmal ›Quantwon‹ sagte. Dann murmelte der Professor etwas Unverständliches und knallte die Waffe auf die Bartheke.
Toronar hatte nichts anderes erwartet. Niemals würde Kase auf dieses unschuldige Wesen feuern. Es sah überhaupt nicht wie ein Ungeheuer aus, und die Tatsache, daß es Laute hervorbrachte, die sich wie ein unbeholfener Sprech versuch anhörten, machte es sofort sympathisch.
Der Oberst bückte sich und streckte vorsichtig seinen Zeigefinger aus. Der Taimoner gab eine neue Serie schnatternder und quakender Laute von sich, reckte den Hals und knabberte an Kasoms Finger. Toronar hob ihn behutsam hoch und setzte ihn auf seine Hand. Er zeigte nicht die geringste Scheu, sondern blickte mit schiefgehaltenem Kopf aus einem
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