Silberband 053 - Die Urmutter
jetzt, eine halbe Stunde nach unserer ersten Begegnung, empfand ich sogar eine gewisse Sympathie gegenüber den beiden Mutanten. Ihr Verhalten war trotz einiger Verschiedenheiten durchaus menschlich.
Poncruter und Lapender hatten darauf verzichtet, die Schrumpfleiche des feindlichen Agenten zu beseitigen. Der Geheimdienst der Pedolotsen, erklärten sie, konnte ruhig erfahren, daß kein Unbefugter ungestraft in die mit der Oberflächenregierung vereinbarte Sperrzone eindringen durfte. Die beiden Agenten hatten die Vereinbarung verletzt, denn der verfallene Bunker gehörte bereits zum Hoheitsgebiet der Farrogs.
Ich hielt an, als Lapender, der vor mir ging, stehenblieb und sich nach mir umdrehte. Der Kopf schwankte auf dem Rüsselhals wie ein Rohrkolben im Wind. Wir befanden uns auf den Stufen einer Wendeltreppe, die scheinbar bis in die Unendlichkeit führte.
»Achtung, wir kommen gleich in eine Zone von Fallen, die noch von den Urbewohnern errichtet wurden«, blubberte der Mutant. »Poncruter kennt sich hier aus. Er wird versuchen, die Fallen zu umgehen, aber es gibt Systeme, die laufend mobile Einheiten produzieren. Rechnen Sie mit Überraschungen.«
»Welcher Art sind diese Fallen?« fragte ich.
Lapender lachte glucksend und wandte sich ab.
»Hast du das gehört, Poncruter?« blubberte er.
»Ich bin doch nicht taub«, rief der Zwerg zischelnd zurück. »Der Terraner Rhodan ist sehr neugierig. Warten Sie es ab, Rhodan, Sie werden bestimmt einige Fallen kennenlernen!«
Ich schwieg verärgert. Die beiden Farrogs benahmen sich wie große Kinder. Sie schienen sich über Dinge zu amüsieren, die ich überhaupt nicht komisch finden konnte.
Wir setzten unseren anstrengenden Abstieg fort. Mir schmerzten bereits die Muskeln an der Rückseite der Oberschenkel sowie die großen Zwillingswadenmuskeln. Den Farrogs schien das Treppensteigen nichts auszumachen. Sie bewegten sich beide in dem gleichen lässigen Gang, der mir gleich zu Anfang aufgefallen war: Poncruter mit dem Watschelgang einer überfetten Ente, wobei er die langen Arme schlenkerte, und Lapender mit den affektiert wirkenden Schritten eines höfischen Tanzmeisters.
»Wenn das noch eine Stunde lang so weitergeht«, äußerte sich Atlan hinter mir stöhnend, »kann ich nicht mehr geradeaus gehen. Diese Wendeltreppe ist das reinste Folterinstrument.«
Das war mir aus der Seele gesprochen. Ich hatte das Empfinden, als wäre ich eine Stunde lang ununterbrochen Karussell gefahren. Die Treppe war so eng gewendelt wie ein Korkenzieher.
Als die Umgebung vor meinen Augen verschwamm, hielt ich das zuerst für eine Auswirkung des Linksdralls, aber ein überraschter Ausruf von Remotlas machte mir schnell klar, daß das Phänomen eine andere Ursache haben mußte.
Ich blieb stehen, schloß die Augen und öffnete sie wieder. Lapenders Gestalt sah aus, als betrachtete ich sie durch eine bewegte Wasserwand hindurch. Die Konturen des Riesen verzerrten sich unablässig.
»Lapender!«
Der Mutant antwortete nicht. Statt dessen verschwand er um die nächste Biegung. Ich drehte mich behutsam um, da ich das Gefühl hatte, mein Gleichgewicht bei einer schnellen Bewegung zu verlieren.
Atlan und Remotlas waren verschwunden – und nicht nur sie. Einen Meter über mir war die Wendeltreppe wie abgeschnitten. An ihrer Stelle sah ich eine pulsierende lange Röhre mit einem blinkenden Licht am oberen Ende.
Ich lehnte mich gegen die feuchte Wand. Unbekannte Strömungen drangen von außen auf meinen Geist ein und suchten ihn zu verwirren. Ich war in eine Falle geraten.
Doch warum wich ich nicht in den Gang aus, der sich rechts unter mir auftat?
Schwankend, mit ausgestreckten Händen tastete ich mich die verschwimmenden Stufen abwärts. Die Umgebung verzerrte sich stärker, es sah aus, als kreisten die Wände um mich herum. Schneller! Endlich fühlte ich mit den Fingern die Kanten der rechteckigen Öffnung. Meine Brustlampe leuchtete in den Gang und enthüllte glatte Plastikwände, die in beruhigendem Grün gehalten waren.
Hier war nichts verschwommen, hier war ich in Sicherheit. Ich schritt rasch aus, auf das metallisch glänzende Panzerschott zu, das ich am Ende des Ganges entdeckt hatte. Es öffnete sich, als ich noch zwei Schritte entfernt war. Der Raum dahinter war mir eigenartig vertraut, ein dicker weicher Bodenbelag dämpfte das Geräusch meiner Schritte und verlieh mir das Gefühl, nur noch die Hälfte meines Gewichts zu besitzen.
Vier glatte Wände aus grünem Glas, eine
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