Silberband 054 - Finale für Pluto
Heimat tue, wovon ich lebe und woher ich die vielen Dinge habe, die ich
mitbringe.« Als sein Sohn nickte, neugierig und gespannt, fuhr er fort: »Eigentlich ist es nichts
Verbotenes, aber es ist auch nicht erlaubt. Ich weiß, das hört sich verwirrend an, aber es ist
die Wahrheit. Du weißt aus der Schule, daß wir Cappins die einzig wirkliche Intelligenzform
unserer Galaxis darstellen. Wir haben keine andere gefunden, obwohl Suchexpeditionen ständig
unterwegs sind und Kontakt zu Bewohnern noch unbekannter Welten aufnehmen. Wirkliche
Intelligenzen jedoch waren nie dabei. Halbintelligente Lebewesen, mit denen wir friedliche
Handelsbeziehungen pflegen – die gibt es allerdings. Und da eben liegt der Haken, wie du
bald sehen wirst.«
Er schwieg und sah hinüber zum Waldrand, wo sich etwas bewegt hatte. Wahrscheinlich ein
kleines Tier. Aber der Senior dachte jetzt nicht an Jagd. Er hatte sich vorgenommen, seinem
wahrscheinlichen Nachfolger reinen Wein einzuschenken und ihn aufzuklären. Zumindest wollte er
auch etwas über die Einstellung seines Sohnes erfahren.
»Du bist noch zu jung, um alle unsere Gesetze zu kennen, die sich mit dem Umgang mit fremden
Intelligenzen befassen. Es gibt da sogar sehr strenge Gesetze, die zum Beispiel verbieten, daß
man den auf einer primitiven Stufe stehenden Eingeborenen eines von uns nicht besiedelten
Planeten Waren verkauft, wobei man natürlich zwischen diesen Waren wieder einen Unterschied
macht. Du kannst dir vorstellen, mein Sohn, daß sich hier einem mutigen Geschäftsmann
unwahrscheinliche Möglichkeiten anbieten.«
Schoscholk junior nickte verständnisvoll.
»O ja, Vater, das kann ich mir vorstellen. Und von solchen Geschäften leben wir alle?«
Der Senior nickte verblüfft.
»Ich muß gestehen, du begreifst sehr schnell und nimmst außerdem die Tatsache, daß dein Vater
ein besserer Schmuggler ist, mit erstaunlicher Gelassenheit hin. Immerhin wirst du zugeben
müssen, daß es uns bisher immer recht gutgegangen ist.«
»Erzähle mir mehr über dein Leben – wir alle wissen fast nichts davon.«
Der Vater lächelte.
»Das ist der Hauptgrund, warum es uns gutgeht. Hätte ich darüber erzählt, wäre die Neuigkeit
vielleicht auf Umwegen der Überwachungsbehörde zu Ohren gekommen. Man hatte mich ohnehin schon
einmal in Verdacht, konnte mir aber nichts nachweisen. Ich gehöre einer weitverzweigten
Organisation an, die sich mit der Belieferung primitiver Völker mit Waren und Lebensmitteln
befaßt. Waffen werden von uns nur in beschränktem Umfang geliefert, und dann auch nur solche, die
der Jagd dienen. Doch selbst das ist verboten. Die Überwachungsbehörde, dem galaktischen
Kolonialministerium unterstellt, verlangt die ungestörte Selbstentwicklung sämtlicher
Eingeborenen. Niemand soll ihnen helfen, obwohl viele dieser Völker wissen, daß es eine Raumfahrt
und die Cappins gibt.«
»Warum gibt es dieses Gesetz eigentlich, Vater?«
»Sehr einfach: Man will nicht, daß es eines Tages in Gruelfin ein anderes Volk gibt, das den
Cappins ihren Machtanspruch streitig machen könnte. Es mag auch andere Gründe geben, die ich
nicht kenne, aber sie sind unwichtig für uns. Unsere Organisation treibt Handel, verbotenen
Handel meinetwegen, und wir tun nichts Schlechtes. Wir bringen den Bewohnern einer reinen
Pflanzenwelt Fleisch, wir bringen Wasser zu einer wasserarmen Welt, und wir beliefern die
menschenähnlichen Tripods mit kleinkalibrigen Gewehren, damit sie auf die Jagd gehen können. Das
sind nur einige Beispiele, und ich zähle sie nur auf, damit du verstehst, daß wir nur Bedürfnisse
befriedigen – und dabei gut verdienen. Denn auf diesen Welten gibt es immer wieder Dinge,
die es bei uns nicht gibt. Also tauschen wir. Und die eingetauschten Waren werden von der
Organisationszentrale aus wiederum weitergeleitet, und zwar derart, daß wir den besten Profit
davon haben.«
Schoscholk schüttelte den Kopf.
»Ich verstehe nicht, warum man euch bisher nicht erwischte.«
Der Senior lächelte verschmitzt.
»Das liegt in der Natur unserer Organisation, an ihrem Aufbau und an ihrer strengen
Geheimhaltung.«
»Und warum sprichst du mit mir darüber?«
»Weil ich weiß, daß ich dir vertrauen kann, und weil ich weiß, daß du bald mein Nachfolger
sein wirst.«
Sie besprachen damals im Wald noch Einzelheiten, ehe sie am Abend müde und mit geringer
Jagdbeute nach Hause zurückkehrten. Vater startete einige Wochen später wieder zu
Weitere Kostenlose Bücher