Silberband 054 - Finale für Pluto
Pentschypon-Kala 896. wäre eine
schöne Frau verlorengegangen.
Doch der Anführer des Murra-Clans und Befehlshaber über die Flotte der Clans ließ sich von
solchen Bemerkungen nicht irritieren. Keiner seiner 895 Vorgänger hatte die Clans so fest und
sicher regiert wie er. Unter keinem anderen Anführer hatte die Flotte der Clans so viele Kriege
siegreich beendet. In den beiden letzten Jahren hatten die Raumfahrer reiche Beute gemacht,
obwohl es immer wieder hieß, daß in den Außenbezirken von Gruelfin nichts mehr zu holen wäre.
Pentschypon-Kala 896. lag in seinem Spezialsessel und hörte der gedämpften Musik zu. Um die
technische Führung des Schiffes hatte er sich noch niemals gekümmert, dafür waren schließlich die
Ingenieure und Techniker da.
Hinter Pentschypon-Kala 896. standen zwei Sklaven und warteten auf seine Befehle. Der
Befehlshaber der Clanflotte behandelte seine Sklaven gut, obwohl sie ihm gleichgültig waren. Er
hatte sogar das Gesetz aufgehoben, daß keiner der Sklaven älter werden durfte als sein Herr. Die
Sklaven stammten von den verschiedensten Völkern. Einige von ihnen wurden über hundert Jahre alt.
Das war unglaublich, und Pentschypon-Kala 896. hätte daran gezweifelt, hätte er nicht gewußt,
daß auch sein Volk vor der Katastrophe eine solche Altersgrenze erreicht hatte.
Pentschypon-Kala nippte an seinem Becher. Der Teil der Zentrale, in dem er sich aufhielt,
glich eher einem Schlafgemach als einer technischen Station. Die Wände waren mit Pelzen aller Art
behängt. Da er den größten Teil seines Lebens an Bord eines Jucla-Schiffes zubringen mußte,
wollte Pentschypon-Kala 896. sowenig wie möglich an seine technische Umwelt erinnert werden.
Ein Luftzug berührte das Gesicht des Befehlshabers. Im Hintergrund des Raumes war ein Pelz zur
Seite geschlagen worden. Im hellen Licht des Korridors sah Pentschypon-Kala 896. die Silhouette
einer Frau.
»Karmin!« rief er. »Kommst du von meiner Mutter?«
Die Frau, sie trug die Kleidung der Sieben- und Achtjährigen, schritt über die auf dem Boden
ausgebreiteten Pelze auf Pentschypon-Kala 896. zu.
»Ich kann das nicht mehr lange tun«, sagte sie leise. »Sie wird von Tag zu Tag häßlicher und
widerlicher. Sie muß in den Konverter.«
Pentschypon-Kala 896. lächelte. Er selbst hatte seine Mutter seit nunmehr eineinhalb Jahren
nicht mehr besucht. Er konnte ihren Anblick, ihren Geruch und ihr seniles Gerede nicht
ertragen.
»Du wirst weiterhin zu ihr gehen und für sie sorgen, Karmin«, bestimmte Pentschypon-Kala 896.
»Du wirst mich für sentimental halten, aber ich übergebe meine Mutter nicht dem Henker. Sie wird
sowieso in ein paar Wochen oder Monaten sterben.«
»Sei unbesorgt«, sagte Karmin. »Ich halte dich für alles andere als für sentimental.«
Er beobachtete sie. Das Licht warf Reflexe auf ihr Gesicht. Viele hielten Karmin für die
schönste Frau an Bord des Schiffes. Deshalb gehörte sie zu den Frauen des Befehlshabers. Er
setzte sie jedoch für Arbeiten ein, die er seinen Lieblingsfrauen nicht zumuten wollte.
Pentschypon-Kala 896. deutete auf einen leeren Becher.
»Du kannst etwas trinken.«
Ihre Augen leuchteten. »Ich schlafe auch so.«
Der Befehlshaber lächelte erneut. Selbstbewußtsein und der Wille zum Widerspruch zeichneten
diese Frau aus. Er wünschte, er hätte eine innere Bindung zu ihr finden können. Vielleicht hatte
sie ihm nie verziehen, daß er sie aus Repräsentationsgründen ausgewählt hatte.
Nachdenklich schaute er in seinen Becher. In der dunklen Flüssigkeit spiegelten sich die
Deckenlampen und sahen aus wie Augen, die aus der Tiefe des Bechers heraufblickten.
»Es gibt Neuigkeiten«, sagte Pentschypon-Kala 896.
Im Nebenraum dröhnte eine Maschine auf. Der Befehlshaber nahm dies ungehalten zur Kenntnis. Er
liebte solche Störungen nicht, aber sie ließen sich nicht ganz vermeiden. Vielleicht hätte er in
eines der modernen Schiffe umziehen sollen. Doch er zog es vor, an Bord dieses
traditionsbeladenen Raumers zu bleiben.
Karmin blickte ihn an. Er wußte, daß sie eine sehr neugierige Frau war.
»Unglaubliche Neuigkeiten«, sagte er.
Er hielt den geleerten Becher seitwärts und ließ ihn füllen.
Karmin beherrschte sich. Sie stellte keine Fragen, aber ihre gespannte Körperhaltung drückte
alles aus, was sie empfand. Sie wollte in ihrem kurzen Leben möglichst viel Abwechslung erleben.
Neuigkeiten – gleich welcher Art – versprachen diese
Weitere Kostenlose Bücher