Silberband 054 - Finale für Pluto
Halle. Dann öffnete Rpola die Tür zum
Konverterraum.
Der Konverterraum ähnelte einer riesigen Schale. In der Mitte befand sich eine kuppelförmige
Erhöhung: die Schleuse des Konverters. Rundum waren ein paar Sitze aufgestellt. Vor einem dieser
Sitze befand sich die Schalttafel des Henkers.
Innerhalb dieses Raumes herrschte Stille. Die Musik und der Lärm der Raumfahrer drangen nicht
bis hierher.
Rpola wartete, bis alle eingetreten waren, dann schloß er die Tür hinter sich.
»Jantir vom Murra-Clan!« rief er mit lauter Stimme. »Er lebte, so schnell er konnte.«
In seine kurze Pause hinein klang Jantirs keuchender Atem.
»Jantir vom Murra-Clan!« rief Rpola erneut. »Angetreten, um zu sterben.«
Sie ließen sich alle auf den Sitzen nieder.
In der Decke entstand eine Öffnung. In eine leuchtende Energieblase eingehüllt, sank der
Henker zu ihnen herab. Es waren immer große breitschultrige Männer, deren Muskeln sich unter dem
Kapuzenumhang wölbten.
Oder, fragte Rpola sich schaudernd, war es seit Anbeginn der Katastrophe noch immer derselbe
Mann, der die Hinrichtungen durchführte?
Der Henker setzte neben seinem Platz auf. Er schwankte ein bißchen, weil er vergessen hatte,
seinen Antigravprojektor abzuschalten. Dann jedoch, nachdem er das Versäumnis nachgeholt hatte,
stand er breitbeinig vor den Polizisten und dem alten Paar.
»Jantir vom Murra-Clan!« rief Rpola. »Angetreten, um zu sterben.«
Der Henker entfaltete eine Rolle und las darin. Den Bewegungen seiner Kapuze konnte man
entnehmen, daß er zustimmend nickte. Sein ausgestreckter Arm deutete in Richtung der
Konverterschleuse.
»Vergessen Sie mich nicht!« rief Inas Thurba. »Vergessen Sie mich nicht!«
Der Arm des Henkers sank herab. Rpola wurde den Eindruck nicht los, daß die unsichtbaren Augen
des Mannes auf ihn gerichtet waren, streng und fragend.
Rpola strich sich nervös über die Lippen. Es war nicht zum erstenmal, daß jemand freiwillig in
den Konverter gehen wollte. Aber niemals zuvor war dies auf so spektakuläre Weise geschehen.
Rpola spürte, daß auch seine beiden Begleiter unruhig waren – wie er befürchteten sie
Konsequenzen.
»Inas Thurba vom Murra-Clan!« rief Rpola. »Angetreten, um zu sterben.«
Der Henker entfaltete eine Rolle und las lange darin.
»Ich tue es freiwillig!« schrie die alte Frau. »Ich gehe mit Jantir in den Konverter.«
Rpola beobachtete den Henker und überlegte, was dieser Mann tun würde. Sollte er gezwungen
sein, sein Schweigen zum erstenmal zu brechen?
Die Stille wurde fast unerträglich.
Dann deutete der Henker auf Jantir und Inas Thurba. Danach streckte er beide Arme aus und
deutete in Richtung des Konverters.
Rpola atmete auf. Die Entscheidung war gefallen. Inas Thurba würde zusammen mit Jantir in den
Konverter gehen.
Der Chef der Alterspolizei fragte sich, ob auch er jemand haben würde, wenn er in fünf Jahren
diesen Weg gehen würde. Vielleicht war es besser, wenn er vorher eines gewaltsamen Todes starb
oder Selbstmord beging.
Rpola und der Henker führten die beiden Alten bis zum Konverter. Der Henker öffnete die
Konverterschleuse. Er brauchte nicht nachzuhelfen. Jantir und Inas Thurba gingen freiwillig in
die Schleuse.
Der Henker warf schwungvoll seine Kapuze zurück. Seine kräftigen Arme wurden sichtbar und ein
Teil der Kleidung.
Die Kleidung eines Vierjährigen, stellte Rpola irritiert fest. Aber das war eigentlich
unmöglich …
Der Henker schloß die Schleusentür. Er nickte.
Rpola winkte seinen beiden Begleitern zu und führte sie hinaus. In diesem Augenblick waren
Jantir und Inas Thurba schon nicht mehr am Leben.
Rpola holte seine Liste aus der Tasche. Er sah seine Helfer bedeutsam an.
»Rskoras vom Murra-Clan«, sagte er. »In der siebzehnten Stunde des Schiffes.«
Das bedeutete, daß sie vier Stunden Ruhe haben würden, bevor sie den nächsten holen mußten,
der dann zwanzig sein würde.
In der letzten Stunde des Schiffes, der zwanzigsten, pflegte Pentschypon-Kala 896.
sich zu betrinken. Er trank nicht so viel, daß er sinnlos berauscht war, aber er hörte auch nicht
auf, bevor die Trägheit des Körpers und die Schwerfälligkeit der Gedanken signalisierten, daß er
nun einen vier- bis fünfstündigen ungestörten Schlaf haben würde. Pentschypon-Kala 896. war zehn
Jahre alt, ein schmaler Mann mit großen Augen und einem blassen Gesicht. Seine Feinde
verspotteten ihn heimlich wegen seines Aussehens und meinten, an
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