Silberband 055 - Der Schwarm
verstimmt.
»Ebensowenig können wir hoffen, daß sie uns nicht bemerkt haben«, warf Kommandant Teerpa ein.
»Sie haben den besten und stärksten Sender, Leppa«, sagte Edmond. »Funken Sie auf der Flottenwelle. Das ist ein Test. Wenn sich jemand meldet, dann ist es mit Sicherheit ein terranisches Schiff, auf dem dieselben Zustände wie bei uns herrschen.«
Leppa stimmte zu und entgegnete leise: »Ich werde es versuchen.«
Edmond blickte den Schirm an, drückte auf einen Schalter und sah die neu ausgeworfenen Zahlen an. Das Schiff kam immer näher, und sie flogen genau darauf zu. Das verringerte die Entfernung drastisch. Trotzdem würde es noch mehr als eine Stunde dauern, wenn der Fremde dort, jenes riesige Raumschiff mit den starken Triebwerksemissionen, nicht in den Linearflug überging und sich plötzlich hier in ihren Kurs schob. Pontonac wartete einige Minuten, dann riß es ihn förmlich aus dem Sessel.
Mitten in das Murmeln von Leppa, der die Schiff-zu-Schiff-Verbindung auf geringere Leistung umgestellt hatte, kam eine klare, laute Stimme:
»Hier ist die Funkstation der INTERSOLAR unter Staatsmarschall Bull und Julian Tifflor. Wir rufen die Schiffskarawane …«
Eine Pause entstand, dann fuhr dieselbe Stimme fort:
»Jawohl, ich höre! Ich höre Ihren Funkspruch, PROTEUS!«
Leppa fing an zu schreien. Er war nahe davor, durchzudrehen.
»Bull! Es ist der Staatsmarschall!«
Teerpa schrie dazwischen: »Das kann eine Falle sein. Vorsicht! Ich glaube nicht, daß es die INTERSOLAR ist.«
Edmond Pontonac wartete. Er verfluchte dieses Warten, dem er ausgeliefert war; nichts konnte er tun. Jede Gegenwehr war zwecklos. Und auch er konnte es nicht fassen, daß es Reginald Bull war, der da dem Konvoi entgegenkam.
Wieder warteten sie.
Was sich in den Gedanken der Immunen abspielte, konnte nur vermutet werden. Die Reaktionen auf den Funkspruch schwankten zwischen äußerstem Mißtrauen und reiner Euphorie. Die eine Alternative hieß Tod und Vernichtung, die andere endgültige Rettung.
Dann meldete sich wieder Leppa.
Er sagte ruhig: »Freunde, es ist Reginald Bull. Ich habe ihn auf den Schirmen und schalte das Bild um.«
Sekunden später wechselte das Bild auf den großen Kommunikationsschirmen, und während sich die Schiffe einander weiterhin mit rasender Geschwindigkeit, aber immer noch viel zu langsam näherten, sah auch Edmond Pontonac auf seinem Bildschirm den Oberkörper des Staatsmarschalls Reginald Bull. Edmond hatte, so glaubte er jetzt, in seinem Leben noch keinen Menschen lieber gesehen als heute und hier Reginald Bull.
Er sagte in sein Mikrophon: »Leppa, übernehmen Sie die Konversation. Sie sind von uns allen der Höflichste!«
»Sie Scherzbold!«
Leppa holte Atem. In einigen Sätzen schilderte er die Situation, die hier innerhalb des Schiffsverbandes herrschte. Bull unterbrach ihn.
»Wir gehen in den Linearraum, Kommandant. In einigen Sekunden haben wir einen Kurs ausgerechnet. Wir fliegen neben Ihnen her! Das muß ich mir aus der Nähe ansehen!«
»In Ordnung, danke, Sir.«
Das Bild verschwand, und dann verschwand auch die INTERSOLAR von den Bildschirmen der Normalraumortung. Kurze Zeit später sah Edmond auf seinen Panoramaschirmen, wie das große Schiff aus dem Linearraum kam, ein Anpassungsmanöver ausführte und dann mit gleicher Geschwindigkeit neben dem Konvoi entlangflog.
Die Funkverbindung bestand weiterhin.
»Sir, wir brauchen Ihre Hilfe«, sagte Leppa.
Pontonac hörte aufmerksam zu.
»Sie bekommen die Hilfe, die Sie brauchen, aber versprechen Sie sich nicht zuviel davon. Wir haben viel zuwenig Menschen an Bord. Die INTERSOLAR ist nur sehr schwach bemannt.«
»Ich meinte es auch nur vorübergehend. Unsere Biopositroniken …«
Bull winkte ab. Er freute sich, daß er helfen konnte, das spürte Pontonac, aber gleichzeitig tobte in ihm die Wut über die geheimnisvolle Macht, die für diesen Zustand verantwortlich war.
»Wir wissen Bescheid. Diese Strahlung erstreckt sich auf alle Lebewesen ab einer gewissen Evolutionshöhe. Wir haben ein Verfahren ausgeknobelt, mit dem man die Positroniken zu einwandfreiem Arbeiten bringen kann. Wir eliminieren einen Großteil der Bio-Anteile.«
»Helfen Sie uns? Das heißt … wir haben am Schwanz der Kolonne ein Schiff, dessen Besatzung wir nicht kennen. Dort ist nicht ein einziger Immuner an Bord. Sie sollten ein Kommando dorthin schicken und …«
Bull sagte, während er sich umdrehte, zu einem unsichtbaren Gesprächspartner: »Ihr
Weitere Kostenlose Bücher